Bergisch Samba
liegende Lärchenreihe wurde mehrmals von anderen Reihen gekreuzt - und zwar in immer gleichem Abstand. Es sah fast aus wie Straßenfluchten. »Vielleicht können wir noch ein Stück da raufgehen. Die Steigung scheint nicht sehr stark zu sein und …«
»Pst«, machte Jutta plötzlich.
»Was ist?«
»Da sind welche hinten auf dem Weg«, flüsterte sie.
»Na und?«, sagte ich. »Es wird noch mehr Spaziergänger geben, die den Herbstwald genießen wollen.«
Plötzlich duckte sich Jutta und riss mich am Arm. Ich ging in die Hocke. »Was ist denn?«, sagte ich leise.
»Da ist der eine von den Dückraths«, flüsterte sie.
»Das gibt's nicht.«
»Ist aber so. Ich bin ganz sicher.«
Ich erhob mich vorsichtig und starrte in Richtung des Weges, der keine fünfzig Meter entfernt war. Dort hinten war es noch recht hell - zumindest hell genug, um zu erkennen, dass ein langer Lulatsch mit einem Parka auf dem Weg unterwegs war. Die Figur wanderte langsam, aber stetig in Richtung der Abzweigung, von der aus wir den Lärchenwald erkundet hatten.
»Was macht der denn da?«, flüsterte Jutta.
»Bleib du hier. Ich schau mir an, wo er hingeht.«
»Ich habe ein komisches Gefühl…«
»Keine Sorge, ich bin gleich wieder da.«
Ich schlich mich so weit heran wie möglich. Ich beeilte mich, denn ich musste am Weg sein, bevor Dückrath um die Kurve war. Im Unterholz ging das nicht ohne Geräusch ab. Ich blieb stehen, als sich der Lulatsch plötzlich zu mir herumdrehte. Ich erkannte sein Gesicht, und er schien mich zu sehen - obwohl ich gedacht hatte, im dichten Wald für ihn unsichtbar zu sein. Er hob die Hand und gab einen Pfiff durch die Zähne ab. Schnell näherte sich eine zweite Gestalt. Klein und dick. Dückrath senior. Neben ihm lief ein großer schwarzer Hund. Sie trafen sich, und der Junior deutete in meine Richtung. Der Alte wandte den Kopf und starrte herüber. Ich duckte mich, sah aber zu, dass ich die beiden im Blickfeld behielt. Sie sprachen kurz miteinander; jetzt schüttelte Dückrath senior ungläubig den Kopf. Sein Sohn redete auf ihn ein, ich konnte seine Stimme bis hierher hören, verstand aber nicht, was gesprochen wurde.
Ich war nicht besonders daran interessiert, wann der Junge den Alten davon überzeugt haben würde, dass er uns gesehen hatte, und trat den Rückzug an. So schnell und so leise ich konnte, lief ich zu Jutta zurück. Es war dunkler geworden. Beinahe wäre ich an ihr vorbeigelaufen »Hier bin ich«, zischte sie. »Was ist da vorn los?«
»Es sind die Dückraths«, sagte ich. »Sie haben einen Hund dabei.«
Jutta blickte in die Richtung, aus der ich gekommen war. Sie sah besorgt aus. »Meinst du, die sind hinter uns her?«
»Der junge Dückrath hat mich wohl bemerkt oder irgendwas gehört. Jedenfalls hat er mit seinem Vater geredet und zu mir gezeigt.«
»Machen wir, dass wir wegkommen.«
»Aber wohin? Zum Weg zurück können wir nicht. Da laufen wir ihnen genau in die Arme.«
»Weiter in den Wald rein. Wir halten uns einfach an der Baumreihe, die nach Osten führt.«
»Wenn es nur irgendein Versteck gäbe. Eine Hütte oder so was.«
Jutta wies in die Richtung, in der sich die Bäume im Dunkel des Waldes verloren.
»Komm, schnell jetzt.«
Jutta lief los, und ich folgte ihr. Bei dem Gedanken an den Hund wurden meine Knie ganz weich.
»Was ist denn?«, zischte Jutta. »Weiter!«
»Glaubst du, dieser Hund kann uns finden?«
»Klar. Jetzt komm schon.«
Wir rannten, so schnell wir konnten. »Ich dachte …«, ächzte ich.
»Was denn?« Jutta war mal wieder supersportlich drauf. Kein Wunder. Sie joggte regelmäßig.
»Ich dachte, so ein Hund … muss irgendwas von seinem Opfer haben, um den Geruch zu erkennen …« Ich war plötzlich völlig fertig und musste mich an einen Baumstamm lehnen und tief durchatmen.
»Darüber sollten wir uns jetzt keine Gedanken machen«, sagte Jutta. »Los!«
Ich riss mich zusammen. »Alles klar. Es geht schon wieder.«
»Hast du eigentlich deine Pistole dabei?«
Ich griff an die Stelle, wo ich gestern noch das Holster mit meiner Beretta getragen hatte. Meine Hand ging ins Leere.
Ich schüttelte den Kopf.
»Scheiße«, zischte Jutta.
»Und was hast du mit der Pistole von Dückrath gemacht?«
»Die liegt noch bei mir im Auto. Im Handschuhfach.«
Plötzlich sah ich etwas, was wirklich selten war. Jutta stoppte, und über ihr Gesicht huschte ein Ausdruck von Angst. Im selben Moment hörten wir weiter hinten, wo der Weg lag, ein
Weitere Kostenlose Bücher