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Bergrichters Erdenwallen

Bergrichters Erdenwallen

Titel: Bergrichters Erdenwallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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schon selm allein sterben lassen, den Zacher!“
    Eine Müdigkeit überfällt den Pater, taumelnd wankt er und ist dankbar, daß der Wilderer ihm das eigene Heulager in der Ecke anbietet. Kaum liegt Pater Ambros, schlummert er auch schon ein. Die Anstrengung war zu groß.
    Ruhig schläft auch der Bub auf einem Haufen Daxen.
    Wie der Wilderer den schlummernden alten Priester betrachtet, durchkreuzen seltsame Gedanken seinen Kopf. Gewiß will der einsame Mensch nichts Schlimmes beginnen, als Gebirgler empfindet er Achtung vor dem Priesterkleid des Mönches, aber ein Gedanke will den Ausgestoßenen nimmer verlassen. Wie hat doch der alte Holzer Christl einst gesagt: Das beste Mittel für einen Büchsler bleibe immer die geweihte Hostie, die man in eine selbst geschnittene Handwunde einlegen und einwachsen lassen soll, auf daß die besondere Kraft der Hostie sich auf den Büchsler übertrage, der dann schußfest wird. [4] Schußfest werden, so daß alle Jägerkugeln abprallen am gefeiten Leibe, das wäre das Richtige für den armen Cajetan heroben. Schußfest gegen seine Feinde, welche nach ihm fahnden und ihn hetzen. Der Cajetan hat es nimmer ausgehalten in der fremden Kaserne, das Heimweh hat ihn gepackt, und eines Tages ist er durch und seitdem lebt er heroben in der Wildnis kümmerlich genug. Sommers über geht es ja noch gut, da helfen die Almerinnen und sorgen für ihn in jeder Weise; aber im Winter ist es hart leben. Freilich, so lange es so tüchtig schneit, können die Verfolger nicht herauf und der Cajetan hat Ruhe vor ihnen. Ist ein Wunder, daß der Franziskaner durch den Wehschnee heraufgekommen ist. Ein Wunder wahrhaftig! Und ob der Cajetan nicht von solchem Wunder profitieren soll? Er braucht ja bloß eine einzige Hostie für seinen Zweck, der Einödpater will den Zacher „versehen“, also hat der Geistliche sicherlich mehrere oder doch zwei Hostien bei sich. Der Zacher langt, wenn er morgen noch am Leben ist, gewiß mit einer Hostie, und ist er gestorben, braucht er gar keine mehr. Dem Cajetan aber wäre mit einer Hostie geholfen. Wenn er daher dem Franziskaner eine Hostie wegnimmt, könnte Cajetan morgen schon schußfest sein, gefeit gegen die Kugeln seiner Todfeinde. Aufmerksam betrachtete der Flüchtling den schlafenden Pater. Wo dieser wohl die Hostien verborgen haben mag? Das Fehlen einer einzigen wird er vielleicht gar nicht merken. „Und mir wäre geholfen!“ flüsterte Cajetan, dem ganz heiß wurde bei diesem Gedanken. Unwillkürlich ließ Cajetan sich auf den Boden nieder, zog die Schneestrümpfe und Schuhe aus, und kroch geräuschlos zum Lager des Paters hin.
    Quält diesen ein beängstigender Traum, er wird unruhig, stöhnt und legt sich auf die linke Körperseite.
    Cajetan liegt einer Schlange gleich vor dem schlafenden Priester, die Augen fest auf dessen Oberkörper gerichtet, spähend nach dem Behältnis der Hostien.
    Nichts zu sehen, es ist noch zu finster in der Hütte.
    Cajetan erhebt sich leise, um für die etwa nötig werdende Flucht sein Schießzeug gleich bei der Hand zu haben, und richtet dasselbe bereit. Dann kriecht er wieder zum Heulager und betrachtet den Franziskaner.
    So vergeht Stunde um Stunde, und immer gieriger wird der Ausgestoßene nach dem Mittel zur Erzielung der Schußfestigkeit. Jetzt oder nie! So lange der Pater ruhig bleibt, soll ihm auch nichts geschehen. Wenn er sich aber wehrt? Soll er ihn wegen der Hostie umbringen?
    Cajetan fröstelt bei diesem Gedanken. Nein, nein, das will er nicht thun. Aber freilich, wenn der Pater die Hostie nicht gutwillig hergiebt, so muß er dazu gezwungen werden.
    Es wird mählich lichter in der Hütte. Cajetan hockt am Lager des Priesters und zieht leise seine Schuhe wieder an. Könnte ja sein, daß er flüchten muß, und dazu muß er die Schuhe haben.
    Der Schlaf des Einödpaters wird leichter gegen Morgen, die Atemzüge ruhiger.
    Wieder betrachtete ihn der Wilderer, und diesmal ist's ihm, als zeige die Brust eine Erhöhung, als sei unter dem Habit ein Gefäß geborgen.
    Soll Cajetan etwa dort den Habit aufschneiden? Mit einem Schnitt des scharfen Knickers wäre das gethan, und dann könnte er das Gefäß mit den Hostien in alter Stille herausnehmen. Wenn sich aber der Pater in diesem Augenblick rührt, wenn er gar in die Höhe fahren will, so rennt er die Brust direkt in das Messer.
    Cajetan erschauert. Seine Hände zucken, er weiß nicht wie ihm geschieht, wie von geheimnisvoller Macht geleitet, sind die Hände auf der Brust des

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