Bergrichters Erdenwallen
Mönches, ein vorsichtiges Tasten beginnt, Cajetan befühlt den Behälter unter dem Habit, das heißbegehrte Gefäß ist vorhanden. Schon zieht er das Messer, der Habit muß auf der Brust aufgeschnitten werden.
Jäh schreckt der Priester zusammen, erwachend ruft er: „Was soll es? Wer ischt da? Was willst du?“ und richtete sich auf.
Blitzschnell ist Cajetan aufgesprungen, das offene Messer hinter dem Rücken verbergend, suchte er den Geistlichen zu beruhigen. „Nichts, Hochwürden! Nichts! Ich hab' nur geschaut, ob Ihr noch schlaft! Es ischt Tag worden draußen!“
Den Mönch befällt eine jähe Ahnung. Mit einem Handgriff an seine Brust überzeugt er sich, daß die Bursa unter dem Habit noch vorhanden ist. Pater Ambros erhebt sich, er erkennt die Betroffenheit des Wilderers, er ahnt dessen Absicht, den Frevel, und in heiliger Entrüstung, mit flammenden Worten, züchtigt er den schweren Frevel, den geplanten Raub einer heiligen Hostie. „Das ischt verruchter Gottesraub! Du bischt dem Teufel verfallen, verdammt und verworfen! Ausgestoßen sollst du sein und bleiben aus der Gemeinschaft der Christen!“
„Na, na, Pater! Nur das nicht! Nicht exkommunizieren, ich bin eh (ohnehin) schon elend genug! Schau, Herr! Ich hab' ein Leben, schlechter wie ein Hund, elendiger wie 's Wild im Wald. Ich hab' weiter nichts Schlechtes wollen, gleich nur ein wengl kugelfest möcht' ich sein!“
„Frevel, strafwürdiger Frevel ischt das! Mag alles übrige begreiflich erscheinen, solcher Frevel nie und nimmer! Was du gewollt, bleibt ohn' Verzeihen! Das kann dir nie und nimmer verziehen werden! Ich exkommuniziere dich! Verflucht bischt du, ausgestoßen aus der Gemeinschaft der Christen!“
Cajetan griff nach dem Schießzeug, mit einem Satz sprang er aus der Hütte.
Nicht länger will Pater Ambros in dieser Hütte bleiben; er weckte den Buben und trat in die Schneewüste hinaus. Klar ist das Firmament geworden, ein kalter Wintertag ist angebrochen, der Schnee haftig geworden.
An einzelnen Felsformationen des Gebirges ringsum vermag sich der Pater zu orientieren, der Bub erkennt auch die Richtung zum Joch, und so treten beide den Marsch an. Stundenlang heißt es waten im Schnee, dann endlich ist die Jochlhöhe erklommen, von welcher auf der anderen Seite abwärts nur noch ein Viertelstündchen bis zum Zachenhofe ist.
Müde und matt wird das Gehöft erreicht. Die weinende Bäuerin schließt ihr glücklich wiedererhaltenes, schon aufgegebenes Kind in die Arme, und dann geleitet sie den Mönch zum toten Zacher. Zu spät gekommen. All' die furchtbare Mühe war vergebens.
Pater Ambros segnete die Leiche ein und betete für den Heimgegangenen. Nach eingenommener Stärkung trat der Einödpater den Rückweg an, diesmal von zwei Knechten begleitet, die ihm den Weg voraus treten.
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Sonnenwiederkehr ist heute; bei klarem Himmel sendet die Sonne erstmalig im neuen Jahr wieder ihr Licht auf das Klösterl in Latschwies. Ein frostiger Tag, dieser 22. Februar, doch er brachte die Sonne wieder, die der einsam in seiner Zelle sitzende Pater Ambros stillfreudig begrüßte. Die 87 sonnenlosen Tage sind vorüber, langsam geht es dem Lenz entgegen. Im Klösterl hat es in dieser Zwischenzeit eine Veränderung gegeben. Frater Marian ist auf die Bitte des Einödpaters nach dem Süden versetzt worden, in die sonnige, warme Heimat. Für ihn ist ein anderer Klosterbruder heraufgekommen in die Bergwildnis, ein kräftiger, junger Mann, wetterfest, von dem die Latschwieser gleich beim ersten Anblick sagten: „Der ischt der richtige, der vertragt was!“
Pater Ambros hüstelt in seiner Zelle. Jene Schreckensnacht durch die Schneewüste im furchtbaren Sturm, die kalte Nacht in der Hütte, all' dies hat ihm doch böse zugesetzt. Er ist ja kein Junger mehr, der Einödpater. Aber der „Auswärts“ (Frühling) wird es schon bessern.
Der neue Frater Willibald läutet das Ave; es ist Abend geworden in der Bergeinsamkeit. Unverschlossen ist in dieser kurzen Zwischenzeit die Klosterpforte. Wer wird auch eindringen wollen in diese Stätte der Armut und Entbehrung!
Und doch! Eine Gestalt huscht hinein und verbirgt sich.
Zur Matutin erhebt sich Pater Ambros vom Lager, entzündet eine Kerze und will eben seine Zelle verlassen, da wirft sich eine Männergestalt dem Pater zu Füßen und fleht um Barmherzigkeit. Ambros ist erschrocken zurückgewichen, doch der flehende Ton beruhigt ihn sogleich. „Wer bischt du und was willst du?“ fragte der Franziskaner und
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