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Bergrichters Erdenwallen

Bergrichters Erdenwallen

Titel: Bergrichters Erdenwallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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in Bezug auf epische Breite, und seufzend winkt er.
    Mit entsetzlicher Weitschweifigkeit schilderte Grillhofer die Situation daheim, die von ihm und einem Nachbar gemeinsam zu benutzende Brücke, die Hecheleien gegenseitig &c. Zweimal habe der Nachbar nun schon die Brücke dadurch unfahrbar gemacht, daß er Bäume aus derselben herausgezogen und in den Bach geworfen habe.
    Grillhofer machte eine Schnaufpause, die der Richter geschickt benutzte zur Frage: „Mit welcher Klage willst du den Gegner belangen?“
    „Sell müßt Ihr schon wissen, Ihr seid ja der kaiserliche Richter!“
    „Na, wenn es dir recht ischt, werde ich den Gegner wegen Besitzstörung vorladen zum nächsten Amtstag!“
    „Das ischt mir schon recht!“
    Nun füllte Ehrenstraßer flink einen Vorladezettel zum nächsten Amtstag aus und wollte denselben Grillhofer einhändigen behufs Übergabe an den Nachbar.
    „Ich dank'! Aber wie ischt es mit dem Wiederkemmen (kommen)?“
    „Wenn die Sache zum Austrag kommen soll, ischt beiderseitiges Erscheinen zweckfördernd!“
    „Also müßt' ich in acht Tagen wiederkemmen?“
    „Freilich!“
    „Na, so ischt es nicht gemeint! Ich wollt' Enk (Ihnen) nur sagen, was für ein boshafter Mensch mein Nachbar ischt! Helfen thu' ich mir schon selm (selber)! Grüß Gott, Herr!“ Und weg war der Bauer.
    Ehrenstraßer atmete auf und ließ die nächste Partei vor, einen Salinenarbeiter, der in einer wahren Zerknirschung hereinschlich und leise zu sprechen begann, daß der Richter rief: „Red' er lauter, ich versteh' kein Wort!“ Der Mann zuckte zusammen und blickte hilflos um sich.
    „Will Er klagen?“
    Der Arbeiter schüttelte den Kopf.
    „Braucht Er einen Ratschlag?“
    „Ja!“
    „In welcher Angelegenheit?“
    Leise sprach der Salinenarbeiter: „Das — Wählen — ischt — so — viel — schwer!“
    „Das Wählen? Ja so, wir stehen ja vor der Wahl zum Reichsrat! Da soll ich, der Richter, dir wohl gar sagen, wen du wählen sollst?“
    „Sein thuet's a Elend mit 'm Wählen!“
    „Mensch! Die Wahl ischt ja geheim! Es erfährt ja niemand, wen du gewählt hascht!“
    „Schun! Aber ich hab' halt decht Ängsten!“
    „Unbegreiflich! Der Wahlzettel wird ja zugebogen in die Urne gegeben. Kein Mensch kann wissen, welcher Name darauf steht!“
    „Kann sein, kann aber auch nicht sein! Die Sach' ischt elend gefährlich!“
    „Wieso denn?“
    „Ja, schauen S', Herr Tagrichter! Gieb' ich meine Stimm' einem Liberalen, so verlier' ich meine Pension als Salinenarbeiter! “
    „Heiliger Gott, welche Einfalt!“ schrie Ehrenstraßer.
    „Sehen S', Herr kaiserlicher Gerichtshof, Sie sagen jetzt selber, die Sach' ischt gefährlich!“
    „O sancta simplicitas!“
    „Ich bitt', reden S' um Gotteswillen nicht in einer fremden Sprach', mich thät's gleich umbringen.“
    „Bischt du denn ein Liberaler?“
    „Was ischt dös?“
    „Mein Lieber, für dich ischt das Beschte, du legst dich am Wahltag ins Bett und sagst, du bischt marod! Auf diese Weis' behaltest wenigstens ganz gewiß deine — Pension!“
    „Bin ich aber jetzt froh! Ich hab' mir's gleich gedenkt, es ischt a Elend mit 'm Liberalismus! Ich dank' halt recht schön, Herr Richter! Und wählen thu' i' nimmer! Es ischt viel zu gefährlich! Grüß Gott!“
    Ehrenstraßer mußte sich setzen, die Beine versagten den Dienst und herzlich klang das Lachen über solche Naivität, die man nicht für möglich halten sollte.
    Eine Partei zum Amtstag war nicht mehr vorhanden, das Vorzimmer leer. Schon wollte sich der ausatmende Richter daranmachen, einen Akt in Angriff zu nehmen, da wurden draußen Stimmen laut und deutlich konnte Ehrenstraßer den Amtsdiener schimpfen hören, daß die Vorladung auf den morgigen Tag laute und man sich daher zu entfernen habe.
    Das gute Herz, das Mitleid des Richters für Leute, die vielleicht einen vielstündigen Weg zurückgelegt haben, siegte, Ehrenstraßer öffnete die Thüre und fragte, was denn los sei.
    „Ich bitt', Herr Bezirksrichter!“ erwiderte der Amtsdiener. „Der Maroner ischt erst auf morgen in Grundbuchsachen vorgeladen!“
    Scheu und verlegen stand genannter Einschichtbauer mit einem großen, in der Mitte abgebundenen Sack an der Thüre.
    Ehrenstraßer stieg eine Ahnung auf, daß dieser Bauer wahrscheinlich nicht lesen könnte, auf gut Glück zu Gericht kam und weiß Gott welche Schriften mitbringe zufolge der ergangenen Aufforderung an alle Grundbesitzer, ihre Urkunden, Schirmbriefe, Kaufverträge,

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