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Bergrichters Erdenwallen

Bergrichters Erdenwallen

Titel: Bergrichters Erdenwallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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Mehlspeise) grad nobel und auf a Tupfele Schnaps kommt's mir au' nit an!“
    Diese Haltung der Urschi veranlaßte Ehrenstraßer, unverweilt aufzubrechen, doch übte er die Vorsicht, vorzugeben, daß er noch einen Spaziergang über den Almgrund machen und zum Essen zurückkehren wolle.
    Damit durfte der Richter hoffen, Ursula auf ihre Alm zu bannen und einer rechtzeitigen Warnung des Sennen vorzubeugen.
    Eine Schwierigkeit bot freilich die Unkenntnis des zur Kreuzalp führenden Steiges, doch wird hoffentlich die mitgeführte Generalstabskarte Aufschluß erteilen.
    „Kimm fein g'wiß wieder in einer Stund'!“ rief Urschi dem fortgehenden vermeintlichen Schullehrer nach. Ehrenstraßer stapfte gelassen dem Walde zu und studierte scharf das anzeigende Terrain. Ein steiniger Kuhweg verliert sich oben am Rhododendrongestrüpp. Auf der Karte ist dieser Weg eingezeichnet, der Richter findet auch die Höhendifferenz mit etwa 120 m angegeben, also kann die Kreuzalm in spätestens einer Stunde erreicht werden. Es gilt nun, den Wald schräg zu durchqueren und unterhalb der eingesprengten Felswandeln an den Steig zu gelangen, der aufwärts führt. Das ist nun leichter gesagt als gethan, zumal in der Mittagshitze, und Ehrenstraßer ist kein Junger mehr. Aber ein Sohn der Berge bewahrt sich eine gewisse Steigfähigkeit bis in späte Tage. Mag der Schweiß von der Stirne rinnen, der Atem pfeifen, der Steiger ist im Dienst, es muß sein.
    Der Wald will kein Ende nehmen; sollte sich Ehrenstraßer vergangen, im Kreise bewegt haben? Der Zeit nach scheint dem so zu sein, die Uhr zeigt den Umfluß von bald zwei Stunden. Eine Orientierung im Bergwald ist nicht möglich, die Fichten verwehren jeden Ausblick. Ein Glück, daß der allzeit vorsichtige Beamte den kleinen Kompaß in der Westentasche stecken hat, mit dessen Hilfe und der Karte die Richtung einigermaßen festgestellt werden kann. Richtig war es ein Abweichen nach links, statt streng nach rechts. Schon nach weiterem halbstündigen Steigen versperrten die Wandeln das Aufwärtsstreben, Ehrenstraßer bog daher nach rechts vollends aus und kam an die Waldlisiere, bald darauf waren Spuren eines verfallenen Steiges zu entdecken. Noch eine Viertelstunde scharfen Ansteigens, da erwartete den keuchenden Richter eine Überraschung. Der Aktuar und der Wachtmeister hielten im Schatten einer Felsnase Rast und bei ihnen saß schimpfend — — Ursula.
    Ehrenstraßer guckte, reden konnte er nicht, er mußte erst seine Lunge in Ordnung bringen.
    Die Situation wurde von den aufspringenden Kommissionsmitgliedern sogleich aufgeklärt; der Wachtmeister glaubte die in größter Eile heraufspringende Sennerin bis zur Ankunft des Richters unter allen Umständen festhalten zu müssen.
    „Brav gemacht, Wachtmeister! Die wackere Ursula ischt verhaftet!“
    Im selben Augenblicke hatte ihr der Gendarm auch schon die Kettenfessel um die Handgelenke gebunden. Auf die Flut von Schimpfworten achteten die Herren weiter nicht.
    Ehrenstraßer wiederholte nun die Ordre, daß die Kommission samt der verhafteten Sennerin sehr langsam so weit vordringen sollte, bis das optische Signal mit dem Taschentuch gesehen werden könne, und stapfte sodann zur Kreuzalpe hinauf.
    Das Herannahen eines Herrn hatte der Senn alsbald bemerkt und sein Mißtrauen wachgerufen, doch ergriff er keineswegs die Flucht. Ehrenstraßer that, als bewundere er die Fernsicht, er blieb absichtlich an einer Stelle, welche einen prächtigen Fernblick gestattete, stehen. Erst nach einer Weile trat er zur Hütte und rief hinein.
    Mürrisch fragte der stämmige Bursche, was der Herr wolle, erklärte aber rundweg, nichts verabreichen zu können, weil er nichts besitze.
    Auf ein Gespräch ließ sich der verschlossene Senn nicht ein, so blieb dem Richter nichts weiter übrig, als auf das Nahen des Gendarmen zu warten. Die Situation war nicht eben erfreulich; will der Verdächtige fliehen, so kann ihm die Flucht nicht verwehrt werden, es giebt noch andere Pfade als den von der Kommission besetzten. Die Ankündigung einer Verhaftung ist zwecklos, vielleicht verfrüht, wenn nicht gefährlich.
    Auf der Bank vor der Hütte ausruhend, blickte Ehrenstraßer mit gewisser Sehnsucht den Steig hinunter und hielt das Taschentuch zum Signalisieren bereit. Doch ehe von seinen Leuten noch etwas zu sehen war, ertönte ein schriller Käuzchenruf [11] aus der Tiefe herauf, der den Sennen augenblicklich veranlaßte, herauszuspringen und Umschau zu halten.
    Ehrenstraßer

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