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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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hätten mich lieber ganz überfahren sollen. Jetzt bin ich ein halber Mensch. Meine Schulter, meine Schulter, ick kanns nich mehr aushalten. Die verfluchten Aasstücker, die Aasstücker, mir haben sie ruiniert, wat soll ick machen, wo is bloß Mieze, hier lassen sie mir liegen. Au, au weih, au, auh, auh.

    Die Fliege krabbelt und krabbelt, sie sitzt im Blumentopf, der Sand rieselt von ihr ab, der macht ihr nichts aus, sie schüttelt ihn weg, sie steckt den schwarzen Kopf vor, sie kriecht heraus.

    Da sitzt am Wasser die große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden. Wie sie sitzt auf einem scharlachroten Tier und sieben Häupter hat und zehn Hörner, das ist zu sehen, das mußt du sehen. Jeder Schritt von dir freut sie. Trunken ist sie vom Blut der Heiligen, die sie zerfleischt. Das sind die Hörner, mit denen sie stößt, sie kommt aus dem Abgrund und führt in die Verdammnis, da sieh sie an, die Perlen, den Scharlach, den Purpur, die Zähne, wie sie sie fletscht, die dikken prallen Lippen, über die ist das Blut geflossen, damit hat sie getrunken. Hure Babylon! Goldgelbe giftige Augen, wampiger Hals! Wie sie dich anlacht.

Vorwärts, Schritt gefaßt, Trommelgerassel
und Bataillone
    Achtung, Mensch, wenn Granaten kommen, gibts Dreck, vorwärts, Beene hoch, schlankweg durch, ick muß raus, vorwärts, mehr als die Knochen können mir nicht zerschlagen werden, dummdrummdumm, Schritt gefaßt, eins zwei, eins zwei, links rechts, links rechts, links rechts.
    Da marschiert Franz Biberkopf durch die Straßen, mit festem Schritt, links rechts, links rechts, keine Müdigkeit vorschützen, keine Kneipe, nichts saufen, wir wollen sehen, eine Kugel kam geflogen, das wollen wir sehen, krieg ich sie, liege ich, links rechts, links rechts. Trommelgerassel und Bataillone. Endlich atmet er auf.
    Es geht durch Berlin. Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren, eiwarum, eidarum, ei bloß wegen dem Tschingdarada bumdara, ei bloß wegen dem Tschingdarada, dada.
    Die Häuser stehen still, der Wind weht wo er will. Eiwarum, eidarum, ei bloß wegen dem Tschingdaradada.

    In seinem dreckigen dumpfen Bau – dreckiger Bau, ei warum, ei darum, dumpfer Bau, ei darum, ei bloß wegen dem Tschingdarada – sitzt Reinhold, der Kunde von der Kolonne Pums, wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren, schauen die Mädchen aus Fenstern und Türen, liest Zeitung, links rechts, links rechts, gilt sie mir oder gilt sie dir, liest von den Olympischen Spielen, eins zwei, und daß Kürbiskerne ein Bandwurmmittel sind. Das liest er sehr langsam, laut gegen sein Stottern. Wenn er alleine ist, geht es auch gut. Er schneidet sich das aus mit dem Kürbis, wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren, denn er hat mal einen Bandwurm gehabt, wahrscheinlich hat er noch immer einen, vielleicht ist es derselbe, vielleicht ist es ein neuer, der alte hat gejungt, man muß mal das versuchen mit den Kürbiskernen, die Haut also muß man mitessen, nicht schaben. Die Häuser stehen still, der Wind weht wo er will. Skatkongreß in Altenburg, spiel ich nich. Eine Weltreise, sämtliche Unkosten nur 30 Pfennig pro Woche, nu wieder son aufgelegter Schwindel. Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren, schauen die Mädchen aus Fenstern und Türen, ei warum ei darum, ei bloß wegen dem Tschingdarada bumdarada bum. Es klopft, herein.
    Spring auf, marsch, marsch. Reinhold im Moment in die Tasche, Revolver. Eine Kugel kam geflogen, gilt sie mir oder gilt sie dir. Sie hat ihn weggerissen, er liegt mir zu den Füßen, als wärs ein Stück von mir, als wärs ein Stück von mir. Da steht er: Franz Biberkopf, Arm hat er ab, Kriegsinvalide, der Kerl ist besoffen, oder nicht. Macht er eine Bewegung, knall ich ihn nieder.
    »Wer hat dir hier ringelassen?« »Deine Wirtin«, Offensive, Offensive. »Die, det Aas, ist die verrückt?« Reinhold an die Tür. »Frau Tietsch! Frau Tietsch! Wat is det? Bin ick zu Hause oder bin ick nich zu Hause? Wenn ick sage, ick bin nicht zu Hause, bin ich eben nich zu Hause.« »Schuldigen Sie, Herr Reinhold, mir hat keener wat gesagt.« »Dann bin ick nich zu Haus, Donnerwetter. Dann können Sie mir ja ick wees nich wen ins Haus lassen.« »Dann haben Sies woll zu meiner Tochter gesagt; die looft runter und sagt nichts.«
    Er zieht die Tür zu, Revolver fest. Die Soldaten. »Wat willste bei mir? Wat haben wir beieinander ververloren.« Er stottert. Welcher Franz ist das? Wirst es bald wissen. Dem Mann ist vor einiger Zeit der Arm

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