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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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verknackt und, weil er sich damals Krachtowil nannte, nachher nach Polen abgeschoben. Alsdann scheint sich in Berlin die besonders mieße und undurchsichtige Geschichte mit der Pussi Uhl entwickelt zu haben. Die Pussi Uhl hat ihn hier unter besonderen Zeremonien, von denen wir lieber nicht sprechen wollen, getauft »von Arnim«, und was er noch ausgefressen hat, hat er ausgefressen als von Arnim. Am Dienstag, den 14.August 1928, hat so von Arnim der Pussi Uhl eine Kugel in den Leib praktiziert, warum und wie, darüber hält das Gelichter dicht, die plaudern nicht aus der Schule und wenn sie vorm Henker stehen. Denn warum sollen sies den Bullen erzählen, die ihre Feinde sind? Man weiß nur, bei der Geschichte spielt der Boxer Hein eine Rolle, und wer ein Menschenkenner sein will, der vermütelt irrtümlicherweise: das war ein Eifersuchtsdrama. Ich persönlich nehme Gift darauf, daß da keine Eifersucht bei ist. Oder wenn Eifersucht, Eifersucht unterbaut mit Geld, Geld aber die Hauptsache. Beese, sagt die Kriminalpolizei, ist völlig zusammengebrochen; wers glaubt, wird selig. Der Junge, können Sie mir glauben, ist, wenn überhaupt, so höchstens zusammengebrochen, weil die Bullen ihm jetzt nachforschen werden, und besonders, weil er sich ärgert, daß er die olle Uhl abgeknallt hat. Denn wovon soll er jetzt leben; er denkt: wenn mir das Luder bloß nich wegstirbt. Damit wissen wir genug von der Schicksalstragödie des Fliegers Beese-Arnim, und 1700 Meter abgeschossen, um sein Erbe betrogen, unter falschem Namen ins Zuchthaus.
    Die Hochflut der Berlin besuchenden Amerikaner hält an. Unter den vielen Tausenden, die die deutsche Metropole besuchen, befinden sich auch zahlreiche prominente Persönlichkeiten, die aus dienstlichen oder privaten Gründen Berlin aufgesucht haben. So hält sich der Chefsekretär der amerikanischen Delegation der interparlamentarischen Union, Dr.Call aus Washington, hier auf (Hotel Esplanade), dem in einer Woche noch eine Anzahl amerikanischer Senatoren folgen werden. Ferner trifft in den nächsten Tagen der Chef des New Yorker Feuerwehrwesens, John Keylon, in Berlin ein, wo er, wie der frühere Staatssekretär des Arbeitsamtes Davis, im Hotel Adlon Wohnung nehmen wird.
    Aus London ist der Präsident des Weltverbandes für religiöses, liberales Judentum, dessen Tagung in Berlin vom 18.–21.August stattfindet, Claude G. Montefiore, eingetroffen; er wohnt mit seiner ihn begleitenden Mitarbeiterin Lady Lilly H. Montague im Hotel Esplanade.

    Da das Wetter so überaus schlecht ist, empfiehlt es sich, wir gehen lieber in ein Haus, die Zentralmarkthalle, aber da ist großer Lärm, man wird von den Handwagen beinahe umgerissen und die Kerls rufen nicht mal. Da fahren wir lieber auf das Arbeitsgericht in der Zimmerstraße und frühstücken da. Wer sich viel mit den kleinen Existenzen befaßt hat – und schließlich ist ja auch Franz Biberkopf kein berühmter Mann –, fährt auch gern mal nach dem Westen und sieht, was es da gibt.
    Zimmer Nr. 60 Arbeitsgericht, Erfrischungsraum; eine ziemlich kleine Stube mit Ausschank, Expreßkaffeekocher; an der Tafel steht »Mittagstisch: legierte Reissuppe, Rindsrouladen (lauter r) 1 Mark.« Ein junger, dicker Herr mit einer Hornbrille sitzt auf einem Stuhl und verzehrt den Mittagstisch. Man sieht ihn an und stellt fest: er hat einen dampfenden Teller mit Roulade, Soße und Kartoffel vor sich zu stehen und ist dabei, alles hintereinander zu verschlingen. Seine Augen wandern hin und her über den Teller, dabei nimmt ihm keiner was weg, sitzt keiner in der Nähe, er sitzt ganz allein an seinem Tisch, aber doch in Sorge, zerschneidet, drückt an seinem Futter und schiebt es sich in den Mund, rasch, eins, eins, eins, eins, und während er arbeitet, eins rin, eins raus, eins rin, eins raus, während er schneidet, quetscht und schlingt, schnüffelt, schmeckt und schluckt, betrachten seine Augen, beobachten seine Augen den immer kleineren Rest auf dem Teller, bewachen ihn rundherum wie zwei bissige Hunde und taxieren seinen Umfang. Noch eins rin, eins raus. Punkt, jetzt ist fertig, jetzt steht er auf, schlapp und dick, der Kerl hat alles glatt aufgefressen, jetzt kann er auch zahlen. Er faßt in die Brusttasche und schmatzt: »Fräulein, was machts?« Dann geht der dicke Kerl raus, schnauft, macht sich hinten den Hosenbund locker, damit der Bauch gut Platz hat. Dem liegen gut drei Pfund im Magen, lauter Eßwaren. Jetzt gehts damit los in seinem Bauch, die Arbeit,

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