Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
Vöglein, ach, die Vöglein, die sangen all so wunderschön, wunderschön. Es zittert in ihm. Das war ein merkwürdiger stiller Weg. Er hat helle Augen. Er geht friedlich neben ihr. Der Klempner wartet einsam auf der Terrasse. »Hast die Zimmer?« Reinhold sieht sich nach Mieze um; sie ist weg. »Wo ist die Dame?« »Auf ihr Zimmer.« Er klopft. »Die Dame hat bestellt, sie ist schlafen gegangen.«
Es zittert in ihm. War das schön. Der dunkle Wald, die Vögel. Was will ick eigentlich von dem Mädel. Was hat der Franz für ein feines Mädel; ich möchte sie haben. Reinhold sitzt mit Karl auf der Terrasse; sie rauchen dicke Zigarren. Sie lächeln sich an: Eigentlich, wat solln wir hier? Können eigentlich ooch zu Hause schlafen. – Reinhold atmet noch immer tief und langsam, zieht langsam an seinem Glimmstengel, der dunkle Wald, wir gehen im Kreise, sie führt mich wieder zurück: »Wenn du willst, Karl. Ick bleib die Nacht hier.«
Und dann marschieren sie beide noch an den Waldrand und sitzen da und kucken den Autos nach. In diesem Wald sind viele Bäume, man geht auf weichem Boden, viele Menschen gehen da Arm in Arm, wat bin ick für ein Schweinehund.
Sonnabend, den 1.September
Das ist Mittwoch, der 29.August 1928.
Nach drei Tagen wiederholt sich alles. Der Klempner fährt mit einem Auto an, Mieze – Mieze hat gleich ja gesagt, als er fragte, ob sie wieder nach Freienwalde wolle und der Reinhold möchte auch mit. Ich werde stärker sein diesmal, denkt sie, wie sie sich ins Auto setzt, ich gehe nicht mit ihm in den Wald. Sie hat gleich ja gesagt, denn Franz war so betrübt den letzten Tag, und er sagt nicht warum und ich muß es wissen und ich muß dahinter kommen. Er hat Geld von mir, er hat alles, ihm fehlt nichts, was dem Mann bloß Kummer macht.
Reinhold sitzt im Auto neben ihr, hat gleich den Arm um ihre Hüfte. Ist schon alles vorbedacht: heute fährst du zum letztenmal von deinem geliebten Franz weg, heute bleibste bei mir, solange wie ich will. Bist die fünfhundertste oder tausendste Frau, die ick habe, ging alles gut und in Ordnung bisher, wird auch jetzt in Ordnung gehen. Sie sitzt da und weiß nicht wies weiter geht, ich weiß es und das ist gut.
Das Auto lassen sie in Freienwalde vor dem Gasthof stehen, Karl Matter geht allein mit Mieze durch Freienwalde spazieren, es ist Sonnabend der 1.September und 4 Uhr. Reinhold möchte noch eine Stunde im Gasthof schlafen. Nach sechs kriecht Reinhold raus, pusselt am Auto, dann gießt er einen hinter die Binde, zieht ab.
Im Wald, Mieze ist glücklich. Karle ist so nett und wovon der alles erzählen kann, der hat ein Patent und das hat ihm die Firma, wo er gearbeitet hat, abgeknöppt, so werden nur die Angestellten betrogen, das müssen sie schon vorher schriftlich geben und die Firma ist Millionär drauf geworden, und er macht bloß bei Pums so mit, weil er jetzt ein neues Modell baut, das macht alles hinfällig und nichts, was die Firma zusammengestohlen hat. Son Modell kost viel Geld, er kanns der Mieze nicht verraten, ist ein ganz großes Geheimnis, wird alles in der Welt anders, wenn das glückt, die ganzen Straßenbahnen, Feuerwehr, Müllabfuhr, alles, eignet sich für alles, überhaupt alles. Sie erzählen sich von ihrer Autofahrt am Maskenball, auf der Allee schießen die Eichen vorbei, 128 Tage vom Jahr schenk ich dir, jeden mit einem Morgen, einem Mittag, einem Abend.
»Juhu, juhu«, schreit der Reinhold durch den Wald. Das ist Reinhold, sie antworten: »Juhu, juhu.« Karl versteckt sich woanders, aber Mieze wird ernster, wie Reinhold ankommt.
Da standen die beiden blauen Schupo vom Steine auf. Und sagten, die Beobachtung wäre ergebnislos verlaufen und verkrümelten sich, wir können nichts tun, hier ereignen sich ja doch nur belanglose Sachen, wir können nur schriftliche Meldung an die Behörde machen. Und wenn sich etwas ereignen sollte, dann wird mans schon sehn, dann wirds an der Litfaßsäule stehn.
Im Walde aber gingen da allein Mieze und Reinhold, ein paar Vöglein zirpten und piepten leise. Oben die Bäume fingen zu singen an.
Es sang ein Baum, dann sang ein anderer Baum, dann sangen sie zusammen, dann hörten sie wieder auf, dann sangen sie über den Köpfen der beiden.
Es ist ein Schnitter, der heißt Tod, hat Gewalt vom großen Gott. Nun wetzt er das Messer, jetzt schneidt es schon besser.
»Ach, wie ich mir freue, wirklich, daß ich nu wieder in Freienwalde bin, Reinhold. Wissen Sie noch vorgestern, war doch hübsch, war det
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