Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
nich! Erst brüllt ihr, ich kann nischt, und dann heißt es uff eenmal: der Karl muß kommen.« »Muß ooch kommen, wir haben keenen, dann gib das Geld raus, wo du früher mitgemacht hast. Gelegenheitsarbeiter brauchen wir nich.« »Det Geld mußt dir schon von mir holen, Reinhold, det hab ick nich mehr.« »Dann haste eben mitzumachen.« »Det tu ick nich, und det hab ick dir schon gesagt.« »Karl, du weeßt doch, wir schlagen dir jeden einzelnen Knochen kaputt, wir lassen dir bei lebendigem Leib verhungern.« »Gelacht. Hast woll einen sitzen. Hältst mir woll für sone gewisse kleine Sau, mit der du machen kannst, wat du willst.« »So so, Mensch. Jetzt zieh mal ab. Ob du ne Sau bist oder nich, ist mir egal. Überleg dir die Sache. Wollen mal wieder vorsprechen.« »Schöneken.« Es ist ein Schnitter.
Reinhold überlegt sich mit den andern, was zu machen ist. Sie sind ohne Schlosser kaltgestellt, dabei ist die Saison günstig, Reinhold hat Aufträge von zwei Hehlern, die hat er glücklich dem Pums abgetrieben. Sie sind einer Meinung, den Klempnerkarl muß man inn Schwitzkasten nehmen, det is ein Betrüger, der fliegt eventuell ausm Verein.
Der Klempner merkt, es ist was gegen ihn in Gang. Er sucht Franzen auf, der sitzt viel auf seiner Bude, Franz soll ihm was verraten oder ihm beistehen. Franz sagt: »Erst haste uns ringelegt da oben in der Stralauer Straße, und dann läßte uns sitzen, nu hör man uff.« »Weil ick mit Reinhold nischt zu tun haben will. Det is ein Hund, det weeßtu nich.« »Der ist gut.« »Du bist ein Ochse, du weeßt ja gar nischt von der Welt, du hast ja keene Oogen.« »Quatsch mir nich den Kopp voll, Karl, ich hab schon so genug, wir wollen arbeiten, und du läßt uns sitzen. Und sieh dir vor, sag ich dir, et geht schief mit dir.« »Von Reinholden? Kuck mal, wie ick da lache! So weit reiß ick det Maul uff. Da wackelt mein Bauch. So stark wie der bin ick ooch. Der hält mir wohl für ne kleine Sau, na, ick sag mal gar nischt. Der soll kommen.« »Zopp ab, aber ick sag dir, seh dir vor.«
Und da will es der Zufall, daß der Klempner mit seinen beiden Kollegen zwei Tage drauf in der Friedenstraße ein Ding dreht und dabei verschütt geht. Der Stellmacher wird auch gefaßt, nur der dritte, der Schmiere steht, ist in Sicherheit. Sie haben auf dem Präsidium auch bald raus, daß Karl bei dem Einbruch in der Elsasser Straße bei war, Fingerabdrücke sind an den Kaffeetassen genug.
Warum bin ick aber verschütt gegangen, denkt Karl, wie haben die Bullen denn das rausgekriegt? Das war bloß der Hund, der Reinhold, der hats ihnen gestoßen! Aus Wut! Weil ick nicht mit ihm gemacht habe. Der Hund will mir kaltstellen, so ein Strolch, der hat uns in die Falle gelockt. So ein riesengroßer Strolch, det is noch nich dagewesen. Dem Stellmacher schickt er einen Kassiber zu, Reinhold ist schuld, hat gezinkt, ich sage, er ist bei gewesen. Der Stellmacher nickt ihm im Gang zu. Läßt sich Karl beim Vernehmungsrichter melden, und noch im Präsidium sagt er: »Reinhold war dabei, ist vorher ausgekniffen.«
Den Reinhold haben sie prompt am Nachmittag. Er leugnet alles, er kann sein Alibi nachweisen. Er ist wutblaß, wie er beim Vernehmungsrichter die beiden andern sieht und ihnen gegenübersteht, und die Hunde sagen aus, er war auch bei dem Konfektionseinbruch. Der Richter hört sich das an, sieht die Gesichter, die Sache ist nicht sauber, die haben eine Wut aufeinander. Richtig, nach zwei Tagen kommt raus, Reinholds Alibi stimmt, er ist Lude, aber mit der Sache hat er nichts zu tun.
Es ist Anfang Oktober.
Da wird Reinhold wieder entlassen, die Bullen wissen, er ist nicht sauber, sie werden ihn doppelt beobachten. Die beiden, den Stellmacher und Karl, fährt der Vernehmungsrichter an, sie sollen hier keine Flausen aufbringen, der Reinhold hat sein Alibi nachgewiesen. Darauf schweigen sie alle beide.
Karl sitzt in seiner Zelle und kocht. Sein Schwager, der Bruder seiner geschiedenen Frau, mit dem er gut steht, besucht ihn. Durch den bekommt er einen Anwalt, er besteht darauf, einen Anwalt zu haben, einen tüchtigen in Strafsachen. Den fragt er, wie er ihn ein bißchen ausgehorcht hat, ob er was versteht, fragt ihn, wie es ist, wenn man einen Toten begraben hilft. »Wieso, warum?« »Wenn man einen findet, der ist tot, und man gräbt ihn ein?« »Vielleicht einen, den ihr verstecken wollt, von der Polizei erschossen oder wie?« »Na ja, jedenfalls, wenn man ihn nicht selbst umgebracht hat und man
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