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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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und grollt, weil man hat den Käse zum Bahnhof gerollt.
    Der Wagen fährt ab, alles winkt: Wer hat bloß den Käse zum Bahnhof gerollt.
    Na, das ging wie geschmiert. Wir gehen zu Fuß. Ein eleganter Herr über den Damm, grüßt, Hauptmann vom Revier, der Herr Kommissar? Sie gehen in einen Hausflur, die übrigen verteilen sich, Treffpunkt Prenzlauer, Ecke Münz.
    Die Alexanderquelle ist dickvoll, es ist Freitag, wer Lohn hat, geht mal einen heben, Musik, Radio, am Ausschank vorbei schieben sich die Bullen, der junge Kommissar spricht mit einem Herrn, die Kapelle hört auf: Aushebung, Kriminalpolizei, alles kommt mit zum Präsidium. Sie sitzen um die Tische, lachen, und lassen sich nicht stören, sie schwatzen weiter, der Kellner bedient weiter. Ein Mädel schreit und weint zwischen zwei andern im Gang: Ick bin doch da abgemeldet, und die hat mir noch nich gemeldet, na dann bleibste eben ne Nacht da, was ist denn dabei, ich geh nicht mit, ich laß mir von kein Grünen anfassen, bloß kein Blaukoller, Sie, davon ist noch keiner gesund geworden. Lassen Sie mir doch raus, wat heißt hier raus, wenn Sie dran sind, können Sie raus, der Wagen ist eben erst weg, dann könnt ihr mehr Wagen einstellen, zerbrechen Sie sich bloß nicht unsern Kopf. Ober, eine Pulle Sekt zum Beenewaschen. Sie, ick muß zur Arbeit, ick hab hier zu tun bei Lau, wer bezahlt mich die Stunde, na, jetzt müssen Sie jedenfalls mit, ick muß uff meine Baustelle, det is Freiheitsberaubung, hier müssen alle mit, du gehst mit, Mensch, reg dir doch nicht uff, die Leute müssen eben ne Aushebe machen, sonst wissen sie doch nich, wozu sie da sind.
    Es geht in Schüben raus, die Wagen fahren immer zum Präsidium hin und her, die Bullen gehen hin und her, auf der Damentoilette ist Geschrei, eine Jungfrau liegt am Boden, ihr Kavalier steht dabei, was macht denn bloß der Kavalier in der Damentoilette. Das Mädel hat Krämpfe, sehen Sie doch; die Bullen lächeln, haben Sie Papiere, na, stimmt, dann bleiben Sie man bei ihr da. Da schreit die noch weiter, passen Sie uff, wenn alles leer ist, steht sie uff und die beiden tanzen Tango. Ick sage, wer mir anfaßt, kriegt ein Kinnhaken, der zweite wäre Leichenschändung. Das Lokal ist fast leer. An der Tür steht ein Mann, den haben zwei Schupo gefaßt, er brüllt: ich war in Manchester, in London, in New York, so was passiert nicht in keine Großstadt, so was gibst nicht in Manchester, in London. Sie bringen ihn auf den Trab. Immer weg uffn Damm, wie befinden Sie sich, danke, grüßen Sie Ihren verstorbenen Ziehhund.

    Um einviertel elf, als die Ausräumung schon weit gediehen ist und nur noch hinten, wo die Stufen raufführen, und seitlich in der Ecke ein paar Tische besetzt sind, kommt einer rein, obwohl eigentlich schon lange keiner mehr rein soll. Die Schupos sind energisch und lassen keinen durch, aber ab und zu kuckt doch ein Mädel durch das Schaufenster: Ich hab mir doch verabredet, nee Frollein, da müssen Sie um zwölf wiederkommen, solange wird Ihr Schatz wohl uffm Präsidium sein. Der alte Herr aber hat draußen den letzten Schub mitangesehn, zuletzt haben noch im Türeingang die Schupos mit dem Knüppel dreingeschlagen, weil mehr rauswollten als in den Wagen gingen, jetzt ist der Wagen ab, es hat sich etwas gelichtet. Und ruhig geht der Mann durch die Tür an den beiden Bullen vorbei, die jeder nach der andern Seite sehen, weil da schon wieder welche ins Lokal wollen, und sie schimpfen sich mit den Schupos. Von der Kaserne kommt grade auch unter großem Hallo der andern Straßenseite ein Zug von Schupos, die Leute ziehen sich im Marschieren die Koppel fester. Da geht der graue Mann durchs Lokal, verlangt Bier am Ausschank und geht damit die Stufen rauf, wo noch immer die Frau in der Damentoilette schreit, und die andern, die paar, die lachen und quasseln und tun, als wenn sie die ganze Geschichte nichts angeht.
    Der Mann sitzt auf einem Stuhl, allein an einem Tisch, schluckt sein Bier, sieht ins Lokal runter. Da stößt sein Fuß an etwas, was neben der Wand auf dem Boden liegt; kuck einer an, er greift runter, ein Revolver, hat einer beiseitegelegt, ist nicht schlecht, jetzt hab ich zwei. An jedem Finger einen, und wenn der liebe Gott fragt, warum, dann sagst du: ich komm mit ner großen Equipage, wat man unten nich gehabt hat, kann man oben haben. Die heben hier aus, das ist so richtig, was die machen. Weil einer mal stark gefrühstückt hat im Präsidium, sagt er, wir müssen mal eine große Aushebe

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