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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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richtig, sind Sträflinge, sind wohl ausgerückt, quatschen in einer Tour, quatschen kariert.
    Ich also hab Durst und sage mir, warum so weit gehen, ist da ein Keller, wohn Polacken drin, zeig ihnen meine Wurst und die Zigaretten, die fragen ooch gar nicht, woher ick die habe, koofen, geben mir Schnaps, ick laß alles da. Und morgens paß ick uff, wie sie weggehen, ick rin in den Keller, Haken hab ich bei mir, ist noch alles da, meine Wurst und Zigaretten, und ick los damit. Feines Geschäft, wat?
    Polizeihunde, wat die schon können. Fünf Mann sind bei uns durch die Mauer abgezogen. Wie, det kann ick dir genau sagen. Beide Seiten sind die Wände mit Blech beschlagen, Eisenblech, gut acht Millimeter. Die gehen aber durch den Boden durch, nanu, Zementboden, graben ein Loch, immer abends und von da unter die Mauern. Dann kommen die Polizeischiens und sagen: wir hätten das hören müssen. Na, wir haben geschlafen. Werden wir sowat hören, warum grade wir?
    Lachen, Heiterkeit, o du fröhliche, o du selige, es geht ein Rundgesang an unserm Tisch herum, widebum.
    Und dann kommt natürlich nachher wer an, Herr Polizeiwachtmeister, Oberwachtmeister Schwab, will sich wichtig tun und sagt: er hat das schon alles vorgestern gehört, aber er war auf einer Dienstreise. Dühnstreise. Wenn wat los ist, waren sie immer uff Dühnstreise. Ne Molle, mir ooch, drei Zigaretten.
    Ein junges Mädchen kämmt einem langen blonden Mann die Haare am Tisch, er singt: »O Sonnenburg, o Sonnenburg.« Und wie eine Pause ist, legt er los, er muß von der Sonne was singen:
    »O Sonnenburg, o Sonnenburg, wie grün sind deine Blätter. War im Sommer achtundzwanzig, saß nicht in Berlin und Danzig, saß auch nicht in Königsberg, wo saß ich denn? Mensch, weeßtet nich: in Sonnenburg, in Sonnenburg.
    O Sonnenburg, wie grün sind deine Blätter. Du bist ein Zuchthaus durch und durch, da herrscht vor allem früh und spät Humanität. Da schlägt man nicht, kujoniert man nicht, malträtiert man nicht, schikaniert man nicht, da hat man, was der Mensch gebraucht, wenn er trinkt, wenn er ißt, wenn er raucht.
    Schöne Federn in den Betten, Branntwein, Bier und Zigaretten, Mensch, bei uns da läßt sich leben, unsere Aufsicht hat sich uns ergeben mit Herz und mit Hand, wir wollen den Beamten Militärstiefel geben, ihr sollt uns Zigaretten geben, mit Herz und mit Hand. Ihr sollt uns saufen lassen, mit Herz und mit Hand, wir wollen euch verkaufen lassen Militärstiefel, Uniformen noch aus dem Krieg, die werden wir nicht umarbeiten, die könnt Ihr gleich verkaufen, das Geld davon können wir brauchen, weil wir arme Gefangene sind.
    Es gibt ein paar stolze Kollegen, die wollen uns denunzieren, die wollen wir die Knochen zerbrechen, die solln sichs überlegen, entweder sollen sie sich mit uns amüsieren oder wir wollen sie polieren und sie sollen mal von uns was probieren, was nicht von Pappe ist.
    Von Pappe ist alleen der Herr Direktor, warum, der merkt noch lange nischt. Neulich ist einer angekommen, der wollte revidieren durch und durch die freie Strafanstalt Sonnenburg, es ist ihm schlecht bekommen. Wie ist es ihm bekommen, wie ist es ihm bekommen, das sollt Ihr jetzt vernehmen. Wir sind in der Kneipe zusammen, zwei Beamte saßen bei uns bei, und wie wir waren mitten in der Kneiperei, wer kommt, ja wer kommt denn da, ja wer kommt denn da.
    Das ist, bum bum, das ist bum bum, das ist der Herr Revisor, was sagt ihr denn nu da? Prost sagen wir, hoch sollste leben, Revisorchen soll leben, an die Decke sollste kleben, einen Kognak sollste nehmen, setz dir zu mir daneben.
    Was sagt denn der Revisor? Ich bin der Herr Revisor, bum bum steht er da, ich bin der Herr Revisor, bum bum steht er da, ich lasse euch alle einsperren, Sträflinge und Beamte, ihr habt jetzt nichts zu lachen, ihr habt euch auf was gefaßt machen, bum steht er da, bum bum steht er da, bum bum.
    O Sonnenburg, o Sonnenburg, wie grün sind deine Blätter, wir haben ihn geärgert grün und blau, da ist er gegangen zu seiner Frau und hat sich ausgewütet; bum bum steht er da, bum bum steht er da, bum bum der Herr Revisor. Ach Mensch, jetzt biste Neese, ach sei uns man bloß nich beese.«
    Braune Hose und schwarze Tuchjacke! Einer zieht aus einem Paket eine braune Zuchthausjacke raus. Meistbietend zu versteigern, rücksichtslos herabgesetzte Preise, braune Woche, eine Jacke, billig zu haben, kost ein Kognak. Wer braucht sie grade? Heiterkeit, Freude, o du fröhliche, o du selige, Bruder, deine Liebste

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