Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
einer kleinen Treppe gehts hinten hoch auf einen großen, langen Korridor, die Frauen kommen in ein Zimmer für sich, und wer entlassen ist und seine Papiere haben gestimmt, der muß durch die Sperre raus zwischen den Bullen, die untersuchen noch jeden an der Brust, an den Hosen bis runter zu den Stiebeln, die Männer lachen, das ist ein Schimpfen und Drängen in dem Korridor, der junge Kommissar und die Beamten gehen hin und her und beruhigen, und sie sollen Geduld haben. Die Schupos halten die Türen besetzt, auf die Toilette geht keiner ohne Begleitung.
Drin an den Tischen sitzen Beamte in Zivil, fragen die Leute aus, sehen die Papiere durch, wenn einer welche hat, schreiben auf großen Bogen: Tatort, Amtsgerichtsbezirk, Ergreifungsort, Polizeiamt, 4 K pv. Also wie heißen Sie, Einlieferungsanzeige, zuletzt verhaftet gewesen wann, nehmen Sie mir doch erst, ich muß uff Arbeit, der Polizeipräsident, Abteilung 4, eingeliefert vormittags, nachmittags, abends, Vor- und Zuname, Stand oder Beruf, Geburtstag, Monat, Jahr, Geburtsort, wohnungslos, war nicht imstande, eine Wohnung anzugeben, die Wohnungsangabe erwies sich durch Lokalrecherche als unzutreffend. Sie müssen eben warten, bis Ihr Revier geantwortet hat, so rasch geht das nicht, die haben da auch bloß zwei Hände, und außerdem da haben sie schon Leute gehabt, die haben eine Adresse angegeben, die hat auch gestimmt und da wohnt auch einer, der heißt wie sie – bloß wenn einer hingeht, dann ist ein anderer da und der hat bloß seine Papiere gehabt, hat sie ihm geklaut, oder war sein Freund oder sonst eine Schiebung. Anfrage beim Steckbriefregister, Entnahme der Graukarte, Graukarte ist nicht vorhanden. Beweisstücke, die bei den Akten verbleiben, und Gegenstände, die mit der vorliegenden oder einer andern Straftat in Zusammenhang stehen, Gegenstände, mit denen der Festgenommene sich oder andern ein Leid antun könnte, zur Person gehörige Gegenstände, Stock, Schirm, Messer, Revolver, Schlagring.
Sie bringen Franz Biberkopf an. Es ist vorbei mit Franz Biberkopf. Sie haben ihn gefaßt. Sie führen ihn an einer Fessel. Er hat den Kopf auf der Brust hängen. Sie wollen ihn unten vernehmen, parterre, im Zimmer vom diensthabenden Kommissar. Aber der Mann spricht nicht, er ist starr, er faßt öfter nach seinem Gesicht, ihm ist das rechte Auge von einem Schlag mit dem Gummiknüppel zugeschwollen. Er läßt den Arm auch rasch fallen, da hat er auch ein paar Hiebe weg.
Unten über den finstern Hof nach der Straße zu wandern Entlassene, das gondelt Arm in Arm mit den Mädchen über den Lichthof. Wenn du einmal eine Braut hast, der von Herzen du vertraut hast, und so ziehn wir, ziehn wir, ziehn wir mit Gesang von das eine in das andere Restaurant. Ich erkenne die Richtigkeit obiger Verzeichnisse an, Unterschrift ist festgenommen, Namen und Dienstnummer des Beamten, der die Sache verpackt hat. Zum Amtsgericht Berlin Mitte, Abteilung 151, dem Herrn Vernehmungsrichter IA.
Zuletzt wird Franz Biberkopf vorgestellt und festgehalten. Dieser Mann hat bei der Aushebung in der Alexander-Quelle geschossen, er hat aber auch sonst gegen das Strafgesetzbuch verstoßen. Man fand den Mann in der Alexander-Quelle hingestreckt und hat in einer halben Stunde aufgedeckt, daß der Polizei neben acht anderen steckbrieflich gesuchten und den unvermeidlichen Fürsorgezöglingen ein besonders guter Fang gelungen war. Denn der Mann, der da nach dem Schießen hingesunken war, hatte einen künstlichen rechten Arm und trug eine graue Perücke. Und daran und an seiner Photographie, die man besaß, hat man rasch entdeckt, daß sich dahinter ein Mann versteckt, der in die Mordsache mit der Prostituierten Emilie Parsunke in Freienwalde verwickelt war und als Mittäter in Betracht kam, der wegen Totschlag und Zuhälterei vorbestrafte Franz Biberkopf.
Er hatte sich schon längere Zeit der Meldepflicht entzogen, nun haben wir den einen, den anderen werden wir dann auch bald kriegen.
NEUNTES BUCH
Und jetzt ist Franz Biberkopfs irdischer Weg zu Ende. Es ist nun Zeit, daß er zerbrochen wird. Er fällt der dunklen Macht in die Hände, die Tod heißt und die ihm als Aufenthaltsort passend erscheint. Aber er erfährt, was sie über ihn meint, auf eine Weise, die er nicht erwartet hat und die alles übersteigt, was ihn bisher betroffen hat.
Sie redet Fraktur mit ihm. Sie klärt ihn über seine Irrtümer, seinen Hochmut und seine Unwissenheit auf. Und damit stürzt zusammen der alte Franz Biberkopf,
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