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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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zieh mich nicht aus, Sie tun mir nicht weh.«

Franz Biberkopf geht auf die Suche,
man muß Geld verdienen,
ohne Geld kann der Mensch nicht leben.
Vom Frankfurter Topfmarkt
    Franz Biberkopf setzte sich mit seinem Freund Meck an einen Tisch, an dem schon mehrere laute Männer saßen, und wartete den Beginn der Versammlung ab. Meck erklärte: »Du gehst nicht stempeln, Franz, und gehst auch nicht in die Fabrik, und zu Erdarbeiten ists zu kalt. Der Handel, das ist das beste. In Berlin oder aufm Land. Du kannst wählen. Aber es ernährt seinen Mann.« Der Kellner rief: »Vorsicht, Köpfe weg.« Sie tranken ihr Bier. In dem Augenblick tönten Schritte oben über ihnen, Herr Wünschel, der Verwalter im ersten Stock, lief zur Rettungswache, seine Frau hatte eine Ohnmacht. Da erklärte Meck wiederum: »So wahr ich Gottlieb heiße, sieh dir die Leute hier an. Wie die aussehn. Ob sie verhungert sind. Ob es nicht anständige Leute sind.« »Gottlieb, du weißt, über Anstand lass ich nicht mit mir spaßen. Hand aufs Herz, ist es ein anständiger Beruf oder nicht?« »Sieh dir die Leute an, ich sage gar nichts. Tipptopp, sieh se dir doch an.« »Ne solide Existenz, darauf kommt es an, ne solide.« »Ist das Solideste, wo man hat. Hosenträger, Strümpfe, Socken, Schürzen, eventuell Kopftücher. Der Gewinn liegt im Einkauf.«
    Auf dem Podium sprach ein Mann mit Buckel von der Frankfurter Messe. Vor der auswärtigen Beschickung der Messe kann nicht eindringlich genug gewarnt werden. Die Messe liegt auf einem schlechten Platz. Besonders der Topfmarkt. »Meine Damen und Herren, werte Kollegen, wer den Frankfurter Topfmarkt vergangenen Sonntag mitgemacht hat, wird mit mir befürworten können, das kann dem Publikum nicht zugemutet werden.« Gottlieb stieß Franz an: »Er redt vom Frankfurter Topfmarkt. Da gehst du doch nicht hin.« »Schad nicht, istn guter Mann, er weiß, was er will.« »Wer den Magazinplatz in Frankfurt kennt, geht nicht nochmal hin. Das ist so sicher wie Amen in der Kirche. Es war ein Dreck, es war ein Morast. Ich möchte weiter befürworten, daß der Magistrat von Frankfurt sich Zeit gelassen hat bis drei Tage vorm Termin. Dann hat er gesagt: Magazinplatz für uns, nicht Marktplatz wie immer. Warum, das möcht ich die Kollegen zu beriechen geben: weil Wochenmarkt auf dem Marktplatz abgehalten wird, und wenn wir da noch kommen, so wird es eine Verkehrsstörung abgeben. Das ist unerhört von dem Frankfurter Magistrat, das ist ein Schlag ins Gesicht. So was als Grund anzugeben. Vier halbe Wochentage ist schon Wochenmarkt, und dann solln wir gehen? Warum grade wir? Warum nicht der Gemüsemann und die Butterfrau? Warum baut Frankfurt nicht eine Markthalle? Die Obst-, Gemüse- und Lebensmittelhändler werden ebenso schlecht vom Magistrat behandelt wie wir. Wir haben alle zu leiden unter den Mißgriffen des Magistrats. Aber nun heißt es Schluß. Die Einnahmen auf dem Magazinplatz sind gering gewesen, es war gar nichts, es hat sich nicht gelohnt. Es ist keiner gekommen in dem Dreck und dem Regen. Die Kollegen, die da waren, haben größtenteils nicht so viel Pinke gemacht, um mit ihren Wagen vom Platz zu kommen. Bahnspesen, Budengelder, Wartegelder, Anrollen, Abrollen. Auch läßt, das möchte ich vor der ganzen Öffentlichkeit aufs deutlichste befürworten und unterbreiten, in Frankfurt sind die Toilettezustände nicht zu beschreiben. Wer da war, kann ein Lied davon singen. Solche hygienischen Verhältnisse sind einer großen Stadt unwürdig, und die Öffentlichkeit muß das brandmarken, wo sie nur kann. Solche Zustände können keinen Besucher nach Frankfurt locken und schädigen die Händler. Dann die engen Budenstände, wie Flundern einer neben dem andern.«
    Nach der Diskussion, in der auch der Vorstand wegen seiner bisherigen Untätigkeit angegriffen wurde, wurde einstimmig folgende Entschließung angenommen:
    »Die Messehändler haben die Verlegung der Messe nach dem Magazinplatz wie einen Schlag ins Gesicht empfunden. Das geschäftliche Ergebnis für die Händler ist ganz bedeutend hinter dem der früheren Messen zurückgeblieben. Der Magazinplatz ist als Messeplatz absolut ungeeignet, da er bei weitem die Messebesucherzahl nicht fassen kann, und in sanitärer Hinsicht gradezu beschämend für die Stadt Frankfurt an der Oder, abgesehen davon, daß bei eintretender Feuersgefahr die Händler samt ihrer Habe verloren wären. Die Versammelten erwarten vom Magistrat der Stadt die Zurückverlegung der Messe nach

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