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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Lebe, wie du, wenn du sterbst, wünsche wohl gespeist zu haben.
    »Nu haben Sie wohl ausgelesen, Herr?« »Wieso?« »Soll ich Ihnen die Zeitung vielleicht von de Klammer geben? Es hat mal einen Herrn gegeben, der hat sich von mir einen Stuhl geben lassen, damit daß er bequem lesen kann.« »Sie hängen wohl Ihre Bilder raus, bloß damit sie –« »Wat ich mit meine Bildern will, lassen Sie man meine Sache sein. Sie bezahlen mir meinen Stand nicht. Was aber bloß Nassauer sind, kann ich an meinem Stand nicht brauchen, verscheuchen einem bloß die Kunden.«
    Zieht ab, soll sich lieber die Stiefel putzen lassen, pennt wohl in der Palme in der Fröbelstraße, steigt in die Elektrische. Der fährt sicher mit einem falschen Fahrschein oder hat einen aufgehoben, der versuchts. Wenn sie ihn erwischen, hat er den richtigen verloren. Immer diese Nassauer, schon wieder zwei. Nächstens mach ich ein Gitter vor. Muß mal frühstücken.
    Franze Biberkopf im steifen Hut kommt anmarschiert, die mollige polnische Lina am Arm. »Lina, Augen rechts, rin in den Hausflur. Das Wetter ist nicht für Arbeitslose. Wir sehen uns Bilder an. Schöne Bilder, aber zugig hier. Kollege, sag mal, wie ists mit deim Geschäft. Hier friert man sich ja tot.« »Ist auch keine Wärmehalle.« »Lina, möchtest du in so einem Ding stehen?« »Komm doch, der Kerl grient so dreckig.« »Fräulein, ich meine bloß, das könnte manch einem gefallen, wenn Sie so im Hausflur stehen und Zeitungen verkaufen. Bedienung von zarter Hand.«
    Windstöße, die Zeitungen heben sich unter den Klammern. »Kollege, du mußt einen Schirm hier draußen anmachen.« »Damit keiner was sieht.« »Dann machst du dir ne Glasscheibe vor.« »Komm doch, Franz.« »Na wart doch einen Momang. Ein Augenblickchen. Der Mann steht hier stundenlang und wird auch nicht umgeblasen. Man muß nicht so pimplig sein, Lina.« »Nee, weil er so grient.« »Das ist so mein Gesichtsausdruck, meine Gesichtszüge, Fräulein. Da kann ich nichts für.« »Der grient immer, hörst du doch, Lina, der arme Kerl.«
    Franz schob sich den Hut zurück, sah dem Zeitungsmann ins Gesicht, platzte los, lachte, Linas Hand in seiner. »Der kann ja nichts dafür, Lina. Der hat das noch von der Mutterbrust. Weißt du, Kollege, was du fürn Gesicht machst, wenn du grienst? Nee, nich so, wenn du grienst wie vorhin? Weißt du, Lina. Als wenn er bei seiner Mutter an ihrer Brust liegt, und die Milch ist sauer geworden.« »Ist bei mir nicht zu machen. Mir haben sie mit der Flasche gepäppelt.« »Olle Faxen.« »Kollege, sag mal, was verdient man bei das Geschäft?« »Rote Fahne, danke. Laß mal den Mann durch, Kollege. Kopf weg, Kiste.« »Du stehst aber hier schön im Gedränge.«
    Lina zog ihn, sie gondelten die Chausseestraße runter zum Oranienburger Tor. »Das ist was für mich. Ich verkühl mich so leicht nicht. Bloß das olle Warten im Flur.«

    Nach zwei Tagen ist es wärmer, Franz hat seinen Mantel verkauft, trägt dicke Unterwäsche, die Lina noch von irgendwoher hat, steht am Rosenthaler Platz vor Fabisch und Co., feine Herrenschneiderei nach Maß, gediegene Verarbeitung und niedrige Preise sind die Merkmale unserer Erzeugnisse. Franze schreit Schlipshalter aus:
    »Warum aber im Westen der feine Mann Schleifen trägt und der Prolet trägt keine? Herrschaften, treten Sie nur näher, Frollein, Sie auch, mit dem Herrn Gemahl, Jugendlichen ist der Eintritt erlaubt, für Jugendliche kostet es hier nicht mehr. Warum trägt der Prolet keine Schleifen? Weil er sie nicht binden kann. Da muß er sich einen Schlipshalter zu kaufen, und wenn er ihn gekauft hat, ist er schlecht und er kann den Schlips nicht mit binden. Das ist Betrug, das verbittert das Volk, das stößt Deutschland noch tiefer ins Elend, als es schon drin sitzt. Warum zum Beispiel hat man diese großen Schlipshalter nicht getragen? Weil man sich keine Müllschippen um den Hals binden will. Das will weder Mann noch Frau, das will nicht mal der Säugling, wenn der antworten könnte. Man soll darüber nicht lachen, Herrschaften, lachen Sie nicht, wir wissen nicht, was in dem lieben kleinen Kindergehirn vorgeht. Ach Gottchen, das liebe Köpfchen, son kleines Köpfchen und die Härchen, nicht, ist schön, aber Alimente zahlen, da gibts nichts zu lachen, das treibt in Not. Kaufen Sie sich solchen Schlips bei Tietz oder Wertheim oder, wenn Sie bei Juden nicht kaufen wollen, woanders. Ich bin ein arischer Mann.« Den Hut hebt er hoch, blondes Haar, rote

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