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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Wirt hat den Langen zurückgedrängelt, der andere Neue spuckt: »Weil du ein Faschiste bist, du hast die Binde in der Tasche, Hakenkreuzler bist du.«
    »Bin ich. Hab ich Orge Dreske erklärt. Und warum. Das versteht ihr nicht, und darum brüllt ihr.« »Nee, du hast gebrüllt, die Wacht am Rhein!« »Wenn ihr Radau macht, so wie jetzt, und setzt sich einer auf meinen Tisch, auf die Weise wird überhaupt keine Ruhe in der Welt. Auf die Weise nicht. Und es muß Ruhe werden, damit man arbeiten und leben kann. Fabrikarbeiter und Händler und alle, und damit Ordnung ist, sonst kann man eben nicht arbeiten. Und wovon wollt ihr denn leben, ihr Großschnauzen? Ihr macht euch ja mit Redensarten besoffen! Ihr könnt ja nichts als Radau und andere Leute tückisch machen, bis sie auch tückisch werden und euch eins überziehen. Wird sich einer von euch auf die Zehen treten lassen?«
    Plötzlich brüllt er auch, was ist in ihm aufgegangen, und sprudelt nur so, es hat ihn losgelassen, ein Blutstrom flinkert durch seine Augen: »Verbrecher ihr, Kerle, ihr wißt ja nicht, was ihr tut, euch muß man die Raupen aus dem Kopf hauen, ihr ruiniert die ganze Welt, paßt auf, daß ihr nicht was erlebt, Blutvergießer, Schufte.«
    Es sprudelt in ihm, er hat in Tegel gesessen, das Leben ist schrecklich, was ist das für ein Leben, der im Lied weiß es, wie ist es mir gegangen, Ida, nicht dran denken.
    Und er brüllt weiter in einem Grausen, was tut sich da auf, er wehrt es ab, er tritt es runter, es muß gebrüllt werden, niederbrüllen. Das Lokal dröhnt, Henschke steht vor ihm am Tisch, wagt sich nicht ran an ihn, so steht der da, so brüllt das dem aus dem Hals, durcheinander, und schäumt: »Da habt ihr gar nichts zu sagen zu mir, da kann keiner kommen und mir was sagen, nicht ein einziger, das wissen wir alle besser, dafür sind wir nicht draußen gewesen und haben im Graben gelegen, daß ihr hetzt, ihr Hetzer, Ruhe muß sein, Ruhe sag ich, könnt es euch hinter die Ohren schreiben, Ruhe und weiter nichts (ja, das ist es, da sind wir angelangt, das stimmt aufs Tipfelchen), und wer jetzt kommt und Revolution macht und keine Ruhe gibt, aufgehängt gehören die eine ganze Allee lang (schwarze Stangen, Telegraphenstangen, eine ganze Reihe an der Tegeler Chaussee, ich weiß Bescheid), dann werden die dran glauben, wenn sie baumeln, dann. Dann könnt ihr es euch merken und was ihr leistet, ihr Verbrecher. (Ja, so kommt Ruhe, dann sind sie still, das ist das einzig Wahre, werden wir erleben.)»
    Eine Tobsucht, Starre ist Franz Biberkopf. Er kräht blind aus seiner Kehle heraus, sein Blick ist gläsern, sein Gesicht blau, gedunsen, er spuckt, seine Hände glühen, der Mann ist nicht bei sich. Dabei krallen seine Finger in den Stuhl, aber er hält sich nur am Stuhl fest. Jetzt wird er gleich den Stuhl nehmen und losschlagen.
    Achtung, Gefahr im Verzug, Straße frei, Laden, Feuer, Feuer, Feuer.
    Dabei hört der Mann, der dasteht und brüllt, hört sich selbst, von weitem, sieht sich an. Die Häuser, die Häuser wollen wieder einstürzen, die Dächer wollen über ihn her, das gibt es nicht, damit sollen die mir nicht kommen, es wird den Verbrechern nicht gelingen, wir brauchen Ruhe.
    Und es irrt durch ihn: es wird bald losgehen, ich werde etwas tun, eine Kehle fassen, nein, nein, ich werde bald umkippen, hinschlagen, einen Moment noch, einen Moment. Und da hab ich gedacht, die Welt ist ruhig, es ist Ordnung da. In seiner Dämmerung graut er sich: es ist etwas nicht in Ordnung in der Welt, die stehen da drüben so schrecklich, er erlebt es hellseherisch.
    Es lebten aber einmal im Paradiese zwei Menschen, Adam und Eva. Und das Paradies war der herrliche Garten Eden. Vögel und Tiere spielten herum.
    Na, wenn der nicht verrückt ist. Die halten still, auch der Lange schnauft hinten bloß durch die Nase und zwinkert Dreske an; da wollen wir uns lieber hinsetzen an den Tisch, da wollen wir uns mal was anderes erzählen. Dreske stottert in der Ruhe: »So, nun gehst du wohl, Franz, jetzt kannst du den Stuhl loslassen, jetzt hast du genug geredet.« In dem läßt es nach, die Wolke zieht vorbei. Zieht vorbei. Gott sei Dank, zieht vorbei. Sein Gesicht blaßt ab, fällt ab.
    Die stehn an ihrem Tisch, der Lange sitzt und trinkt. Die Holzindustriellen pochen auf ihren Schein, Krupp läßt seine Pensionäre verhungern, anderthalb Millionen Arbeitslose, in 15 Tagen Zunahme um 226 000.
    Der Stuhl ist aus Franzens Hand gefallen, seine Hand ist weich geworden,

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