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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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dieser Gesetze überhaupt nicht verständlich. Man wird folgende Formeln zu Hilfe nehmen:
    Das erste Newtonsche (njutensche) Gesetz, welches lautet: Ein jeder Körper verharrt im Zustande der Ruhe, solange keine Kraftwirkung ihn veranlaßt, seinen Zustand zu ändern (bezieht sich auf Idas Rippen). Das zweite Bewegungsgesetz Njutens: Die Bewegungsänderung ist proportional der wirkenden Kraft und hat mit ihr die gleiche Richtung (die wirkende Kraft ist Franz, beziehungsweise sein Arm und seine Faust mit Inhalt). Die Größe der Kraft wird mit folgender Formel ausgedrückt:

    Die durch die Kraft bewirkte Beschleunigung, also den Grad der erzeugten Ruhestörung, spricht die Formel aus:

    Danach ist zu erwarten und tritt tatsächlich ein: Die Spirale des Schaumschlägers wird zusammengepreßt, das Holz selbst trifft auf. Auf der andern Seite, Trägheits-, Widerstandsseite: Rippenbruch 7.– 8. Rippe, linke hintere Achsellinie.
    Bei solcher zeitgemäßen Betrachtung kommt man gänzlich ohne Erinnyen aus. Man kann Stück für Stück verfolgen, was Franz tat und Ida erlitt. Es gibt nichts Unbekanntes in der Gleichung. Bleibt nur aufzuzählen der Fortgang des Prozesses, der so eingeleitet war: Also Verlust der Vertikalen bei Ida, Übergang in die Horizontale, dies als grobe Stoßwirkung, zugleich Atembehinderung, heftiger Schmerz, Schreck und physiologische Gleichgewichtsstörung. Franz hätte die lädierte Person, die ihm so wohlbekannt war, trotzdem wie ein brüllender Löwe erschlagen, wenn nicht die Schwester angetanzt wäre aus dem Nebenzimmer. Vor dem Keifen dieses Weibes ist er abgezogen, und abends haben sie ihn in der Nähe seiner Wohnung bei einer Polizeistreife geschnappt.
    »Hoi ho hatz«, schreien die alten Erinnyen. O Greuel, Greuel, anzuschauen, ein gottverfluchter Mann am Altar, die Hände von Blut triefend. Wie sie schnarchen: Schläfst du? Stoßt euren Schlummer weg. Auf, auf. Agamemnon, sein Vater, war vor langen Jahren von Troja aufgebrochen. Troja war gefallen, dann gab es Meldungsfeuer von da, vom Ida über den Athos, immer brennende Kienfackeln zum Kithäronwald.
    Wie herrlich, nebenbei bemerkt, diese glühende Meldung von Troja nach Griechenland. Ist das groß, dieser Zug des Feuers über das Meer, das ist Licht, Herz, Seele, Glück, Aufschrei!
    Das dunkelrote Feuer, glührot über dem Gorgopissee, und dann von einem Wächter gesehen, und der schreit und hat Freude, und das ist ein Leben, und angezündet und weitergegeben, die Nachricht und die Aufregung und die Freude, alles zusammen, und im Sprung über einen Meerbusen, in einem Sturmlauf zu der Arachneonshöhe, immer nur das Geschrei und die Raserei, die du siehst, glührot: Agamemnon kommt! Mit dieser Aufmachung können wir uns nicht vergleichen. Da stehen wir wieder zurück.
    Wir bedienen uns für Meldungen einiger Resultate aus den Versuchen von Heinrich Hertz, der in Karlsruhe lebte, früh starb und, wenigstens auf der Photographie der Graphischen Sammlung München, einen Vollbart trug. Wir telegraphieren drahtlos. Wir erzeugen durch Maschinensender in großen Stationen hochfrequente Wechselströme. Wir bringen durch Oszillationen eines Schwingungskreises elektrische Wellen hervor. Die Schwingungen breiten sich kugelschalenartig aus. Und dann ist noch eine Elektronenröhre da aus Glas und ein Mikrophon, dessen Scheibe bald mehr, bald weniger schwingt, und so kommt der Ton hervor, genau wie er vorher in die Maschine hineingegangen war, und das ist erstaunlich, raffiniert, schikanös. Begeistern daran kann man sich schwer; es funktioniert, und damit fertig.
    Ganz anders die meldende Kienfackel bei der Rückkehr Agamemnons!
    Sie brennt, sie lodert, in jedem Augenblick, an jedem Ort sagt sie, fühlt sie, und alles jauchzt darunter: Agamemnon kommt! Tausend Menschen glühen an jedem Ort auf: Agamemnon kommt, und jetzt sind es zehntausend, über dem Meerbusen hunderttausend.
    Und dann, um zur Sache zu gelangen, ist er zu Hause. Es wird anders. Es wird ganz anders. Die Scheibe dreht sich. Wie ihn das Weib zu Haus hat, steckt sie ihn ins Bad. Sie zeigt im Augenblick, daß sie ein beispielloses Luder ist. Sie schmeißt im Wasser ein Fischnetz über ihn, daß er nichts machen kann, und dann hat sie schon ein Beil mitgebracht wie zum Holzhacken. Er ächzt: »Weh mir, getroffen!« Draußen fragen sie: »Wer schreit da über sich?« »Weh mir und wieder!« Die antike Bestie murkst ihn ab, zuckt nicht mit der Wimper, sie reißt noch draußen das Maul auf:

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