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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Erwarte umgehend Nachricht, am liebsten Ende dieser oder Anfang nächster Woche. Frau Tollmann (Mutter von Eugenie Groß). – Rechtsanwalt Löwenhund steht auf, hat die Zigarre im Mund, sieht durch die Vorhangspalte auf die helle Linienstraße und denkt, soll ich bei ihr anrufen, oder soll ich nicht bei ihr anrufen. Geschlechtskrankheiten als verschuldetes Unglück, Oberlandgericht Frankfurt 1, C 5. Man mag über die sittliche Zulässigkeit des Geschlechtsverkehrs bei unverheirateten Männern weniger streng denken und muß doch zugeben, daß in rechtlicher Beziehung ein Verschulden vorliegt, daß der außereheliche Geschlechtsverkehr, wie Staub sagt, eine Extravaganz ist, die mit Gefahren verbunden ist, und daß die Gefahren derjenige tragen muß, der sich diese Extravaganz leistet. Wie denn auch Planck im Sinne dieser Bestimmung eine durch außerehelichen Geschlechtsverkehr des Dienstpflichtigen verursachte Erkrankung sogar als eine durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführte Erkrankung ansieht. – Er nimmt den Hörer ab, bitte Amt Neukölln, die Nummer hat jetzt Bärwald.
    Zweiter Stock: Der Verwalter und zwei dicke Ehepaare, der Bruder mit seiner Frau, die Schwester mit ihrem Mann, haben noch n krankes Mädchen.
    Dritter Stock ein 64jähriger Mann, Möbelpolier mit Glatze. Seine Tochter ist eine geschiedene Frau, besorgt ihm den Haushalt. Der kracht jeden Morgen die Treppe runter, das Herz ist schlecht, wird sich bald krankschreiben lassen (Coronarsclerose, Myodegeneratio cordis). Früher hat er gerudert, was kann er jetzt? Abends Zeitung lesen, sich die Pfeife anstekken, die Tochter muß natürlich inzwischen auf dem Flur rumklatschen. Die Frau ist nicht da, mit 45 Jahren gestorben, war forsch und hitzig, konnte nie genug kriegen, Sie wissen schon, und dann ist sie mal verfallen, hat aber nichts gesagt, nächstes Jahr hätt sie vielleicht die Wechseljahre gehabt, da geht sie zu soner Frau und dann ins Krankenhaus und nicht wieder raus.
    Nebenan ein Dreher, um die Dreißig, hat einen kleinen Jungen, Stube und Küche, die Frau ist auch tot, Schwindsucht, er hustet auch, der Junge ist bei Tag im Hort, abends holt ihn der Mann. Wenn der Junge schlafen gegangen ist, kocht sich der Mann seinen Naturtee, bastelt bis in die Nacht Radio, ist Obmann im Funkverein, kann nicht einschlafen, wenn die Schaltung nicht fertig geworden ist.
    Dann ein Kellner mit einer Frau, Stube und Küche, proper eingerichtet, Gaskrone mit Glasbehang. Der Kellner ist vormittags bis zwei zu Haus, solange schläft er und spielt Zither, zur selben Zeit, wo der Rechtsanwalt Löwenhund auf Landgericht 1, 2, 3 mit schwarzem Talar herumrast über die Korridore, aus dem Anwaltszimmer, in das Anwaltszimmer, in den Gerichtssaal, aus dem Gerichtssaal, wir vertagen, ich beantrage gegen den Beklagten Versäumnisurteil. Die Braut von dem Kellner ist Aufsicht in einem Warenhaus. Sagt sie. Diesen Kellner hatte, wie er verheiratet war, seine Frau fürchterlich betrogen. Aber sie hat ihn immer wieder trösten können, bis er weglief. Er hat als Schlafbursche existiert, ist immer wieder zur Frau gelaufen, und zuletzt ist er im Prozeß doch für schuldig erklärt worden, weil er nichts beweisen konnte und seine Frau böswillig verlassen hatte. Dann lernte er in Hoppegarten die jetzige kennen, wie sie auf Männer jagte. Dasselbe Kaliber Weib natürlich wie seine erste, nur ein Stück schlauer. Der merkt nichts, wenn seine Braut alle paar Tage verreist für ihr p. p. Geschäft, seit wann verreist eine Aufsicht, na, istn Vertrauensposten. Jetzt aber sitzt er auf seinem Sofa, hat ein nasses Kopftuch um, weint, und sie muß ihn bedienen. Er ist auf der Straße lang ausgerutscht und liegen geblieben. Sagt er. Dem Mann hat einer was gestoßen. Sie geht nicht ins p. p. Geschäft. Ob er was gemerkt hat, wär schade, ist doch son lieber Dussel. Den werden wir schon wieder einrenken.
    Ganz oben ein Darmhändler, was natürlich schlecht riecht und wo es viel Kindergeschrei und Alkohol gibt. Daneben zuletzt ein Bäckergeselle mit seiner Frau, die Anlegerin ist in einer Druckerei und eine Eierstockentzündung hat. Was die beiden vom Leben haben? Na erstens einer den andern, dann letzten Sonntag Bühnenschau und Film, dann mal die und mal die Vereinssitzung und Besuch bei seinen Eltern. Weiter nichts? Na, treten Sie sich nicht aufn Frack, Herr. Kommt noch hinzu schönes Wetter, schlechtes Wetter, Landpartie, am Ofen stehen, frühstücken und so weiter. Was haben Sie denn, Herr

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