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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Hauptmann, Herr General, Herr Jockey? Machen Sie sich nichts vor.

Biberkopf in Narkose, Franz verkriecht sich,
Franz will nichts sehen
    Franz Biberkopf, sieh dich vor, was soll bei dem Sumpfen herauskommen! Immer rumliegen auf der Bude, und nichts als trinken und dösen und dösen! –
    Wen geht das was an, was ich mache. Wenn ich dösen will, döse ich bis übermorgen auf einem Fleck. – Er knabbert an seinen Nägeln, stöhnt, wälzt den Kopf auf dem schweißigen Kissen, bläst durch die Nase. – Ich liege so bis übermorgen, wenns mir paßt. Wenn das Weib bloß heizen würde. Die ist faul, denkt bloß an sich.
    Sein Kopf dreht sich von der Wand weg, auf dem Boden liegt ein Brei, eine Lache. – Gekotzt. Muß ich gewesen sein. Was ein Mensch in seinem Magen mit sich rumträgt. Puh. Spinnweben an der grauen Ecke, die können keine Mäuse fangen. Ich möchte Wasser trinken. Wen geht das was an. Das Kreuz tut auch weh. Kommen Sie nur rein, Frau Schmidt. Zwischen den Spinnweben oben (schwarzes Kleid, lange Zähne). Das ist ne Hexe (kommt aus der Decke). Puh! Ein Idiot hat mir gesagt, warum ich mich zu Hause aufhalte. Erstens sag ich, Sie Idiot, was haben Sie mich zu fragen, zweitens wenn ich mich von 8 –12 hier aufhalte. Und dann in der Stinkbude. Er sagt, er hat Spaß gemacht. Nee, das ist kein Spaß. Kaufmann hat auch gesagt, dann soll er sich an den wenden. Ich werd es vielleicht so machen, daß ich im Februar, im Februar oder März, März ist richtig –.

    – Verlorst du dein Herz in der Natur? Ich verlor mein Herz dort nicht. Zwar war es mir, als ob das Wesen des Urgeists mich mit fortreißen wollte, als ich gegenüber den Alpenriesen stand oder am Strand des brausenden Meeres lag. Da, es wallte und wogte auch in meinem Gebein. Mein Herz war erschüttert, doch verloren hab ichs weder dort, wo der Adler horstet, noch wo der Bergmann in der Tiefe den verborgenen Erzadern nachgräbt. –
    – Wo dann?
    Verlorst du dein Herz im Sport? Im rauschenden Strom der Jugendbewegung? Im Kampfgewühl der Politik? –
    – Ich verlor es dort nicht. –
    – Hast du es nirgends verloren?
    Gehörst du zu denen, die ihr Herz nirgends verlieren, sondern es für sich behalten, es sauber konservieren und mumifizieren? –
    Der Weg in die übersinnliche Welt, öffentliche Vorträge. Totensonntag: Ist denn mit dem Tode alles aus? Montag, den
    21.November, abends 8 Uhr: Kann man heut noch glauben? Dienstag, 22.November: Kann der Mensch sich ändern? Mittwoch, 23.November: Wer ist vor Gott gerecht? Besonders aufmerksam machen wir auf die Bearbeitung des Deklamatoriums »Paulus«.
    Sonntag, siebendreiviertel Uhr.

    n Abend, Herr Pastor. Ich bin nämlich der Arbeiter Franz Biberkopf, Gelegenheitsarbeiter. Früher war ich Möbeltransportör, jetzt bin ich arbeitslos. Ich wollte Sie nämlich was fragen. Was man nämlich gegen die Magenschmerzen machen kann. Es kommt einem sauer hoch. Autsch, jetzt wieder. Puh! Die giftige Galle. Ist natürlich von das viele Trinken. Erlauben Sie, verzeihen Sie, daß ich Sie hier so auf offener Straße anquatsche. Es ist Dienstbehinderung. Aber was mache ich bloß gegen die giftige Galle. Ein Christenmensch muß einem andern helfen. Sie sind ein guter Mann. Ich komm nicht in den Himmel. Warum? Fragen Sie bloß Frau Schmidt, die da oben immer aus der Decke kommt. Sie kommt und geht, und ich soll immer aufstehen. Aber mir hat keiner was zu sagen. Wenn es aber Verbrecher gibt, so bin ich es, der darüber reden kann. In Ehren treu. Dem Karl Liebknecht haben wirs geschworen, der Rosa Luxemburg reichen wir die Hand. Ich werde ins Paradies gehen, wenn ich tot bin, und sie werden sich vor mir verbeugen und sagen: das ist Franz Biberkopf, in Ehren treu, ein deutscher Mann, ein Gelegenheitsarbeiter, in Ehren treu, hoch weht die Flagge schwarz-weiß-rot, aber er hat es für sich behalten, er ist kein Verbrecher geworden wie andere Männer, die Deutsche sein wollen und ihre Mitbürger betrügen. Wenn ich ein Messer hätte, rennt ich es dem inn Leib. Ja, das tu ich. (Franz wühlt im Bett, schlägt um sich.) Jetzt bist du dran, zum Pfarrer zu laufen, Jungeken. Jungejungejungeken! Wenns dir Spaß macht, wenn du noch krächzen kannst, du. In Ehren treu, ich laß meine Hand von dem, Herr Pfarrer, ist mir zu gut dazu, Schufte gehören nicht mal ins Gefängnis; ich war im Gefängnis, ich kenne das aus dem ff., prima Angelegenheit, erstklassige Ware, da ist nicht dran zu tippen, da gehören keine Schufte hin, besonders wie

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