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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Herzenskenner. Er beobachtete mit Vergnügen, wie sie sich bei ihm festsetzte. Gerade die Linie kannte er; die Weiber habens im Beginn immer mit Unterhosen und zerrissene Strümpfe zu tun. Daß sie ihm aber auch morgens immer die Stiefel putzte und gerade die von Reinhold, ergab jeden Morgen bei ihm ein Lachkonzert. Er sagte, wie sie ihn fragte, warum er lachte: »Weil sie so groß sind, die sind ja zu groß für ein. Da passen wir ja beide rin.« Sie versuchtens auch mal, zusammen in einen Schuh reinzukommen, aber das war Übertreibung, das ging nicht.
    Nun hatte der Stotterer Reinhold, Franzens wirklicher Freund, schon wieder eine Freundin, die Cilly hieß oder jedenfalls behauptete, so zu heißen. Franz Biberkopf war das durchaus gleichgültig, er sah auch die Cilly manchmal in der Prenzlauer Straße. Nur stieg ihm ein dunkler Verdacht auf, als der Stotterer sich nach etwa vier Wochen nach der Fränze erkundigte und ob Franz sie schon abgeschoben hätte. Franz meinte, es sei eine putzige Kruke, und verstand zuerst nicht. Dann behauptete Reinhold: Franz hätte doch versprochen, die bald abzustoßen. Was Franz aber verneinte, es sei doch zu früh. Er wollte sich erst im Frühjahr eine neue Braut zulegen. Sommersachen, das hätte er schon gesehen, hätte die Fränze nicht, und er könnte ihr keine kaufen; dann wird sie eben im Sommer gehen. Reinhold meinte mäklig, die Fränze sehe eigentlich auch jetzt schon ziemlich abgerissen aus, und es seien auch gar keene richtigen Wintersachen, die sie trug, mehr Übergangssachen, jetzt eigentlich gar nicht für die Temperatur. Darauf gab es eine lange Unterhaltung über die Temperatur und das Barometer und die Wetteraussichten, sie sahen in den Zeitungen nach. Franz blieb dabei, die Witterung kann man nie richtig wissen, wies wird, Reinhold aber sah ganz scharfen Frost voraus. Da merkte Franz erst, daß Reinhold auch die Cilly loswerden wollte, die ein falsches Hasenfell trug. Er redete nämlich immerzu von dem schönen falschen Hasenfell. »Was soll ich mit Kaninchenbraten«, dachte Franz, »setzt der Mann einem zu.« »Mensch, du bist wohl dußlig, ich kann mir doch nicht zwee aufladen, wo ich schon die eine zu sitzen habe, und das Geschäft blüht ooch nich wie Flieder. Woher nehmen und nich stehlen.« »Haste doch gar nicht nötig, zwee. Wo hab ich gesagt, zwee. Werde ich einem Menschen zumuten, sich zwee Weiber aufzuladen. Bist doch kein Türke.« »Hab ich dir doch gesagt.« »Na ja, sag ich doch ooch gar nicht. Wo sag ich dir denn, daß du dir zwee aufladen sollst. Warum nich drei. Nee, schmeiß doch die raus – oder haste nich eenen?« »Was für eenen?« Was meint der schon wieder, was der Junge immer für Raupen im Kopp hat. »Kann dir ja auch ein anderer die abnehmen, die Fränze.« War unser Franzeken überglücklich, haut dem auf den Arm: »Junge, du bist ein geriebener Mensch, du hast aber die hohe Schule besucht, Donnerwetter, da steh ich stramm. Da machen wir Kettenhandel, was, wie in der Inflation?« »Na, warum nicht, Weiber gibst sowieso zu viele.« »Viel zu viel. Donnerwetter, Reinhold. Du bist ne Marke, ich krieg noch immer keine Luft.« »Na, was ist nun?« »Machen wir, das Geschäft ist richtig. Ich such eenen. Ich finde schon eenen. Da komm ich mich ganz dof vor vor dir! Ich schnapp ordentlich nach Luft.«
    Reinhold sah den an. Der hatte einen kleenen Webefehler. Das ist eigentlich ein kolossaler Dussel, dieser Franz Biberkopf. Hat der Mann wirklich gedacht, sich zwee Weiber auf einmal aufzuhalsen.
    Und Franz war so begeistert von dem Geschäft, daß er sich gleich aufmachte und den kleinen verwachsenen Ede in seinem Bau aufsuchte: ob der von ihm ein Mädel haben wolle, er hätte ne andere, und die möcht er los sein.
    Dem kam das gerade zu paß, der wollte mal aussetzen bei seine Arbeit, dann hatte er Krankengeld und konnte sich ein bißchen pflegen, die kann dann für ihn einholen und zur Kasse gehen. Aber festsetzen bei mir, das sagte er gleich, das gibts bei mir nicht.
    Sofort am nächsten Mittag, bevor er wieder auf die Straße ging, machte Franz der Kutschersfrau wegen nichts und wieder nichts einen Höllenkrach. Die ging in die Höhe. Er schrie sich freudig ein. Nach einer Stunde war alles im Lot: der Bucklige half ihr, ihre Sachen packen, Franz war in Wut weggerannt, die Kutschersfrau bezog bei dem Buckligen Quartier, weil sie nicht wußte wohin. Und schon ging der Bucklige zu seinem Arzt, meldete sich krank, und abends schimpften die beiden

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