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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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zusammen auf Franz Biberkopf.
    Bei Franz meldete sich aber die Cilly. Was willste denn, mein Kind? Haste ein Wehweh, wo piekts denn, ach Jottedoch. »Ich sollte bloß einen Pelzkragen for Sie abgeben.« Franz hält den Pelzkragen anerkennend in der Hand. Schnieke Sache. Wo der Junge bloß die schönen Sachen auftreibt. Das letztemal warens bloß Stiefel. Cilly, die ahnungslose, meckerte treuherzig: »Sie sind wohl sehr befreundet mit meinem Reinhold?« »Jott ja«, lachte Franz, »er schickt mir von Zeit zu Zeit Lebensmittel und Kleidungsstücke, was er zuviel hat. Zuletzt hat er mir Stiefel geschickt. Bloß Stiefel. Warten Sie mal, die können Sie auch begutachten.« Wenn bloß die Fränze, das Aas, die Dußlige, die nicht mitgeschleppt hat; wo sind sie denn, ah, da wären sie. »Sehen Sie, Fräulein Cilly, die hat er mir das letztemal geschickt. Wat sagen Sie nun zu die Kanonenrohre? Da können drei Mann rin. Stecken Sie man Ihre Beeneken da rin.« Und schon steigt sie ein, kichert, propper ist sie angezogen, ein Geschöpfchen, was sagst du, zum Anbeißen, furchtbar nett sieht sie aus in schwarzem Mantel mit Pelzbesatz, was der Reinhold für ein Pappkopp ist, daß er die abstößt, und wo der bloß immer die netten Mädels aufgabelt. Und da steht sie in den Kanonenrohren. Und Franz denkt an die frühere Situation, ich bin wie auf Monatsgarderobe auf Weiber abonniert, und steckt schon einen Fuß, Schuh abgestülpt, hinter ihr in den Stiefel. Cilly kreischt, aber sein Bein geht rein, sie will weglaufen, aber sie hopsen beide, und sie muß ihn mitnehmen. Dann taucht er am Tisch mit dem andern Fuß in das Kanonenrohr. Sie sind am Kippen. Sie kippen, es gibt Gekreisch, Fräulein, zügeln Sie Ihre Phantasie, lassen Sie die beiden mal lustig unter sich, die haben jetzt Privatsprechstunde, für Kassenmitglieder ist erst nachher von 5 bis 7.
    »Du, Reinhold erwartet mir doch, Franz, du sagst ihm doch nichts, bitte, bitte.« »Werd ich denn, aber Pusselken.« Und dann sah er sie am Abend ganz, die kleine Heultriene. Abends schimpfen sie immer mächtig, und sie ist auch eine sehr nette Person, hat schöne Garderobe, den Mantel, der noch fast neu ist, ein Paar Ballschuh, das bringt sie alles gleich mit, Mensch, das hat dir alles Reinhold geschenkt, der kooft woll uff Teilstrecke.

    Mit Bewunderung und mit Vergnügen begegnete Franz jetzt immer seinem Reinhold. Franzens Arbeit ist nicht leicht, er träumt schon besorgt vom Monatsende, wo Reinhold, der sehr Schweigsame, wieder anfangen wird zu sprechen. Da steht eines Abends Reinhold neben ihm an der Untergrundbahn Alexanderplatz vor der Landsberger Straße und fragt ihn, ob er für den Abend was vorhat. Nanu, der Monat ist doch noch nicht um, was ist, und eigentlich wartet die Cilly auf Franz – aber mit Reinhold zu gehen, natürlich mit dem größten Frachtwagen. Und da wandern sie langsam zu Fuß – was meinen Sie, wohin –, die Alexanderstraße runter wandern sie nach der Prinzenstraße. Franz drängt immer, bis er raus hat, wo Reinhold hin will. »Wollen wir zu Walterchen? Schwoofen?« Er will zur Heilsarmee nach der Dresdener Straße! Er will sich mal das anhören. So was. Das sieht richtig nach Reinhold aus. Sone Ideen hat der. Und damals erlebte Franz Biberkopf zum erstenmal einen Abend bei den Heilssoldaten. War sehr komisch, er wunderte sich sehr.
    Um einhalb 10, als die Rufe zur Sündenbank anfingen, wurde Reinhold in dem Saal ganz merkwürdig, stürmte los, als wenn einer hinter ihm wäre, immer raus, Mensch, was ist denn los. Schimpfte er auf der Treppe zu Franz: »Vor die Jungen mußte dir vorsehen. Die bearbeiten dir so lange, biste keine Puste mehr hast und zu allem ja sagst.« »Nanu, nanu, mir schon lange nicht, da müssen sie früh aufstehn.« Reinhold schimpfte noch im Hackepeter in der Prinzenstraße, und dann ging es in einem Zug weiter und kam was raus. »Ich will von den Weibern los, Franz, ich will nicht mehr.« »Gott, und ich hab mich schon auf die nächste gefreut.« »Meinste denn, es macht mir Spaß, nächste Woche wieder zu dir zu kommen, und du sollst mir die Trude, die blonde, abnehmen? Nee, uff die Basis...« »An mir, Reinhold, solls nicht liegen, warum denn? Auf mir kannste dir verlassen. Da können von mir aus noch zehn Weiber kommen, bringen wir alle unter, Reinhold.« »Laß mich zufrieden mit die Weiber. Wenn ich aber nicht will, Franz?« Nu find sich da einer mal zurecht, und regt sich der uff. »Nee, wenn du die Weiber nich willst, da

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