Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
Reinholdchen, Reinholdchen! Freute der sich. Er klopfte sich die Backen.
Er dachte nach: Hat sie vielleicht ein anderer rausgeschmissen, vielleicht der Franz? Die Sachen vom Abend und von der Nacht waren ihm noch nicht ganz klar. Er holte mißtrauisch seine Wirtin rein, das alte Kuppelweib, tippte bei der an: »War großer Krach heut bei mir, was?« Da legte die aber los: Er hätte es ganz richtig gemacht mit der Trude, die ist ein ganz faules Tier gewesen, die wollte sich nicht mal einen Unterrock alleine plätten. Was, die trägt Unterröcke, das konnte er nu schon gar nicht leiden. Er war es also selbst gewesen. Wie glücklich da der Reinhold war. Und da fiel ihm mit einmal auch alles ein vom Abend und von der Nacht. Eine feine Tour gemacht, viel geerbt, den dicken Franz Biberkopf reingelegt und hoffentlich haben sie ihn totgefahren und die Trude raus. Mensch, haben wir ein Konto!
Was wir jetzt machen? Erst mal schnieke einpuppen für den Abend. Da soll mir einer über Schnaps reden. Ich wollt nicht ran und wollt nicht ran und son Quatsch. Was das Kraft spart, was wir jetzt alles geschafft haben.
Wie er sich umzieht, kommt einer von Pums geschickt rauf, flüstert und tuschelt und hat sich kolossal und steigt von einem Bein aufs andere und Reinhold soll mal gleich rüber ins Lokal kommen. Dauert aber eine gute Stunde, bis unser Reinhold runter macht. Heute gehts auf die Weiber, heute soll Pums alleine Pums machen. Drüben im Lokal haben die alle Angst in den Knochen, Reinhold hätte ihnen was eingebrockt mit Biberkopf. Wenn der nu nicht tot ist, verpfeift er uns alle. Und wenn der tot ist, Menschenskind, dann erst, dann sitzen wir ganz drin. Dann fragen sie bei ihm im Haus rum, und was da alles rauskommt.
Aber Reinhold ist glücklich und das Glück steht ihm bei. Mit dem ist nichts zu machen. Das ist der glücklichste Tag, seit er sich besinnen kann. Er hat jetzt Schnaps und kann sich Weiber holen und wegschicken, soviel er will. Er wird sie alle wieder los, das ist das Neuste und Großartigste. Er will gleich eine Tour machen, aber die Brüder bei Pums lassen ihn nicht weg, bis er versprochen hat, zwei drei Tage bei ihnen in Weißensee zu bleiben und sich zu verstecken. Sie müssen sehen, was eigentlich mit Franz los ist und was da für sie rausspringt. Na, das verspricht Reinhold.
Und hat es in derselben Nacht wieder vergessen und ist losgetürmt. Aber ihm passiert nichts. Die hocken in Weißensee in ihrem Bau und fürchten sich fürchterlich. Sie kommen heimlich am nächsten Tag und wollen ihn holen, aber er muß wieder zu einer gewissen Karla, die er gestern neu entdeckt hat.
Und Reinhold behält recht. Man bekommt nichts zu hören von Franz Biberkopf. Man sieht nichts und hört nichts von dem. Der Mann ist glatt von der Welt verschwunden. Soll uns recht sein. Und alle tippeln wieder an und beziehen vergnügt wieder ihre Quartiere.
In Reinholds Stube aber qualmt die gewisse Karla, eine ganz strohblonde, die bringt ihm drei große Flaschen Schnaps mit. Er nippt immer ein bißchen dran, sie dafür mehr, manchmal sogar heftig. Er denkt: trink du mal, ich trinke erst, wenn meine Zeit ist, und dann heißt es für dich: adieu Sie.
Es gibt einige unter den Lesern, die besorgt sind um Cilly. Was wird aus dem armen Mädchen, wenn Franz nicht da ist, wenn Franz nicht lebt und tot ist und einfach nicht da ist? Oh, die wird sich schon durchschlagen, machen Sie sich keine Sorgen, um die müssen Sie sich gar keine Sorgen machen, die Sorte fällt immer wieder auf die Beine. Cilly zum Beispiel hat noch Geld für zwei Tage und am Dienstag erwischt sie dann, wie ichs mir gleich dachte, den Reinhold, der auf Freiersfüßen geht, der feinste Pinkel von Berlin Zentrum, mit einem richtigen seidenen Oberhemd. Und Cilly ist perplex und findet sich nicht raus, wie sie den sieht, ob sie nu wieder verliebt in den Kerl ist oder ob sie nicht mal gründlich mit dem abrechnen soll.
Sie trägt schon frei nach Schiller den Dolch im Gewande. Es ist zwar nur ein Küchenmesser, aber dem Reinhold will sie eins für seine Gemeinheiten geben, wohin ist egal. Da steht sie nun bei dem vor der Haustür und er quatscht freundlich, zwei rote Rosen, ein kalter Kuß. Und sie denkt: quatsch du bis morgen, nachher stech ich zu. Aber wohin? Das bringt sie jetzt in Verwirrung. Man kann doch nicht durch so schönen Stoff stechen, der Mann trägt eine so feine Kluft und die steht ihm einfach großartig. Er soll, sagt sie und tippelt neben ihm die
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