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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Straße lang, er soll ihr den Franz abgetrieben haben. Denn warum? Der Franz kommt nicht nach Haus, er ist bis heut nicht gekommen, und passieren tut dem nichts und außerdem ist beim Reinhold die Trude weg. Dann ist also, das ist goldsicher und da kann er nichts sagen, der Franz mit der Trude weg, die hat Reinhold ihm aufgeredet, und das ist nu der Höhepunkt.
    Reinhold staunt, wie sie das alles so rasch weiß. Na, sie war eben oben bei ihm und die Wirtin hat ihr gesagt von dem Krach mit der Trude. Du Lump, schimpft Cilly, und sie möchte sich Mut machen zu dem Küchenmesser, du hast jetzt schon wieder eine andere, das sieht man dir doch an.
    Reinhold merkt auf 10 Meter Entfernung: 1. hat die kein Geld, 2. ist sie wütend auf Franz, und 3. liebt sie mir, den feinen Reinhold. In solcher Garderobe lieben ihn alle Weiber, besonders wenns eine Wiederholung ist, sogenannte Reprise. Da gibt er ihr zu Punkt 1 zehn Märker. Zu 2 schimpft er auf Franz Biberkopf. Wo der Kerl bloß steckt, er möchte das nämlich selbst wissen. (Gewissensbisse, wo sind Gewissensbisse, Orestes und Klytämnestra, Reinhold kennt beide Herrschaften nicht mal dem Namen nach, er möchte einfach, herzlich und innig, Franz ist mausetot und nicht aufzufinden.) Aber Cilly weiß auch nicht, wo Franz ist, und das spricht dafür, argumentiert Reinhold gerührt, daß der Mann hin ist. Und darauf sagt Reinhold zu Punkt 3 freundlich, betreffend Liebe im Wiederholungsfall: Jetzt bin ick besetzt, aber im Mai kannste mal wieder anfragen. Du hast wohln Vogel, schimpft sie und will es vor Freude nicht glauben. Bei mir ist alles möglich, strahlt er, verabschiedet sich und spaziert weiter. Reinhold, oh Reinhold, du bist mein Kavalier, Reinhold, du mein Reinhold, ich liebe ja nur dir.
    Er dankt vor jeder Kneipe seinem Schöpfer, daß es Schnaps gibt. Wenn nun alle Kneipen zumachen oder Deutschland trocken gelegt wird, was mach ich dann? Na, da muß man sich rechtzeitig einen Vorrat zu Hause anlegen. Wollen wir gleich besorgen. Ein gerissener Junge bin ich, denkt er, wie er im Laden steht und verschiedene Sorten einkauft. Er weiß, er hat sein Großhirn und wenns nötig ist sein Mittelhirn.
    So hat, jedenfalls vorläufig, die Nacht vom Sonntag zum Montag bei Reinhold geendet. Und wer noch fragt, ob Gerechtigkeit auf der Welt ist, der wird sich mit der Antwort bescheiden: vorläufig nicht, jedenfalls bis zu diesem Freitag nicht.

Sonntag Nacht, Montag den 9.April
    Das große Privatauto, in das Franz Biberkopf gelegt wird – ohne Bewußtsein, er hat Kampfer und Skopolaminmorphium bekommen – rast zwei Stunden. Dann ist man in Magdeburg. Nahe einer Kirche wird er ausgeladen, in der Klinik läuten die beiden Männer Sturm. Er wird noch in der Nacht operiert. Der rechte Arm wird im Schultergelenk abgesägt, Teile vom Schulterknochen werden reseziert, die Quetschungen am Brustkorb und am rechten Oberschenkel sind, soweit man im Augenblick sagen kann, belanglos. Innere Verletzungen sind nicht ausgeschlossen, vielleicht ein kleiner Leberriß, aber viel kann es nicht sein. Abwarten. Hat er viel Blut verloren? Wo haben Sie ihn gefunden? Auf der x-y Chaussee, da war sein Motorrad, er muß von hinten angefahren sein. Das Auto haben Sie nicht gesehen? Nein. Wie wir ihn trafen, lag er da, wir haben uns in z getrennt, er war links gefahren. Kennen wir, sehr duster. Ja da ist es passiert. Die Herren bleiben noch hier? Ja, noch ein paar Tage; er ist mein Schwager, seine Frau wird heute oder morgen nachkommen. Wir logieren drüben, wenn wir benötigt werden. Vor der Tür des Operationssaals spricht der eine der beiden Herren noch einmal die Leute der Klinik: Die Sache ist ja scheußlich, aber wir legen Wert darauf, daß jedenfalls von Ihrer Seite keine Meldung der Geschichte erfolgt. Wir wollen abwarten, wenn er bei sich ist, wie er selbst darüber denkt. Er ist kein Freund von Prozessen. Er – hat selbst schon einen angefahren, seine Nerven –. Wie Sie wollen. Erst lassen Sie ihn mal durch sein.
    Um elf ist Verbandswechsel. Es ist Montag vormittags – die Urheber des Malheurs krakehlen um diese Stunde, einschließlich Reinhold, fröhlich und schwerbesoffen bei ihrem Hehler in Weißensee – Franz ist ganz wach, liegt in einem feinen Bett, in einem feinen Zimmer, die Brust ist ihm eng und furchtbar eingepackt, er fragt die Schwester, wo er ist. Die sagt, was sie von der Nachtschwester gehört hat und bei dem Gespräch vorhin aufgeschnappt hat. Er ist wach. Versteht alles, tastet

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