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Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
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um die Uhr geöffneten russischen Supermarkt für einfache und gehobene Belange eine Ein-Liter-Flasche Stolitschnaja. Der Stuttgarter Platz schläft nie.
    Ada hatte ihren rostroten Peugeot in der Nähe ihrer Wohnung abgestellt. Die Sommerferien hatten begonnen und die Berliner hatten die Autos mit ihrer Sippe und ihren sieben Sachen voll gepackt und liebenswürdigerweise die Parkplätze geräumt. Ada liebte ihr altes Auto, dessen zuverlässiger Dieselmotor beruhigend tuckerte. Eben ging die Sonne auf und ihre schräg einfallenden Strahlen schimmerten auf dem Asphalt. Durch das offene Fenster wehte der Geruch von Lindenblüten, Abgasen und regenfeuchtem Gras. Wie immer erfasste sie ein Gefühl von Großstadt, wie sie es nur hier in Berlin kannte. Schönes, hässliches, abgewracktes, modernes, versifftes und lebendiges Berlin. Welche Stadt hat sich schon so oft selbst neu erfunden? Hat sich völlig verändert und ist doch immer verlässlich sie selbst geblieben.
    Ada bog am Café Lenz ab und holperte über das Kopfsteinpflaster in Richtung Kantstraße. Sie hatte zwei Tassen tiefschwarzen Kaffee getrunken. Sie war quicklebendig. Sie war unterwegs. Sie hatte einen Auftrag. Manchmal reicht weniges, um sich gut zu fühlen.
    Wenn auch irgendwie unangemessen, fand sie mit leise pochendem schlechtem Gewissen, schließlich wartete eine Klientin. Mit einem ziemlich schrägen Auftrag.
    Pia Freitag war vor einer Woche zusammen mit einem Schwall Gucci in ihr Büro geweht. Eine schlanke, smarte Frau mit einem listigen Fuchsgesicht, hellen Augen und straff nach hinten gekämmten dunkelblonden Haaren. An ihrem gebräunten linken Arm ringelte sich ein Silberreifen wie eine Schlange fast bis zum Ellenbogen empor. Gelenkig nahm sie auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz und verknotete ihre langen Beine, wobei sich ihr flaschengrünes Kleid, sicher vom Preis eines Kleinwagens, an sie schmiegte wie eine zweite Haut. Sie sah durchtrainiert und durchtrieben aus.
    Eine innere Stimme warnte Ada, sich keinesfalls mit ihr einzulassen. Ein Vorgefühl, an das sie sich später reuevoll erinnern sollte.
    Nach vielen Jahren als Fotoreporterin in West- und Ostafrika hatte Ada Simon eine Privatdetektiv-Ausbildung an einer Akademie in Zürich absolviert. Ein folgerichtiger Schritt, wollte man in der oberen Liga mitspielen. Schließlich ist Zürich eine Stadt, in der die größten Gangster der Welt, von Marcos bis Mobutu, fröhlich ihren Bankgeschäften nachgingen und immer zu ihrer vollsten Zufriedenheit bedient wurden. Wo man mit etwas Glück die Umgangsformen von Verbrechern des ganz großen Kalibers studieren konnte. Alles in allem ein Ort, an dem sie viel gelernt hatte.
    Jetzt führte sie seit zwei Jahren in Berlin ein Recherchebüro. Der Begriff gefiel ihr besser als Privatdetektivin. Mit ihrer Freundin Nelly hatte sie eine Bürogemeinschaft in der Bleibtreustraße gegründet. Nelly Nolte war Anwältin, spezialisiert auf Wirtschaftsrecht. Nelly war gewieft, hatte das Gedächtnis eines Elefanten und Augen, die an schmelzendes Nougat erinnerten. Was die meisten Männer total verrückt machte. Sie ahnten nicht, dass Nelly so etwas war wie Bruce Willis in Rosamunde-Pilcher- Verkleidung. Sie war die pragmatischste und gnadenloseste Anwältin, der Ada je begegnet war – und liebte außer ihrem Job und der Kunst nur Frauen.
    Ada begann sich langsam einen Namen zu machen. Passend zu Nellys Gebiet kamen für Ada immer mehr Aufträge zum Thema Industriespionage und Markendiebstahl herein. Sie beide waren ein gutes Team.
    Dass es sich bei Pia Freitag auch um etwas Merkantiles handeln musste, schien Ada selbstverständlich. Unter dem Gucci-Duft der neuen Klientin lag etwas Strenges, Gieriges. Aufmerksam sah Ada ihr in die hellen Fuchsaugen.
    „Also, worum geht es?“
    „Es ist etwas speziell“, raunte Pia Freitag mit tiefer Stimme, während sie sich auf dem Besucherstuhl lümmelte. Sie lächelte leicht ironisch und sah Ada bedeutsam an. Dabei ließ sie die Augenbrauen in die Höhe schnellen und ruckelte ein wenig mit dem Kopf, als wolle sie ausdrücken, dass Ada sich den Rest doch wohl selbst zusammen reimen könne.
    Sollte das eine erotische Anspielung sein? Spezielle Techniken?
    Ada ging die Dame zunehmend auf die Nerven.
    Sie sagte kein Wort und wartete auf Weiteres. Irgendetwas an Pia Freitag stimmte ganz und gar nicht.
    „Wenn Sie ein klein wenig deutlicher werden könnten?“
    „Also passen Sie auf …“
    „Schon aus Gewohnheit“, entfuhr es

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