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Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
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Wartensteiner, schließlich erst nach der Überweisung geöffnet. Und das ließ sich beweisen.
    „Also, Herr Wartensteiner, nutzen Sie die Chance, uns Ihre Sicht der Dinge mitzuteilen?“
    Der Einspänner war jetzt abgekühlt. Wartensteiner griff erneut zum Kaffeelöffel. Dieses Mal nahm er keine Rücksicht auf den sorgsam gebohrten Kanal und verrührte die Sahne mit dem Kaffee. In einer Stunde käme Whitman, zuvor musste er Schröder erreichen und herausfinden, was es mit Krons Tod auf sich hatte. Er überlegte. Die sicherste Art, die Leute vom Nachrichtenmagazin rechtzeitig loszuwerden, bestand darin, ihnen eine Handvoll Fragen zu beantworten.
    „Schießen Sie los, Sie haben zehn Minuten Zeit“, sagte er und versuchte, einen Kellner herbeizuwinken.
    „Wir haben im Grunde genommen nur eine einzige Frage: Wie konnte es zu dieser Überweisung kommen, in deren Folge viele Anleger, darunter die Neudeckers, ihr gesamtes Geld verloren und die Bank, zu deren Vorstand Sie gehörten, in eine Schieflage geriet?“
    „Nun“, hob Wartensteiner an, „die Transaktion basierte auf einem Rahmenvertrag, geschlossen lange bevor ich meinen Posten antrat. Übrigens eine sehr einfache Konstruktion, keine verschachtelte, undurchschaubare Spekulation.“
    „Um so schlimmer für Ihr Institut. Sie hätten viel früher aufwachen müssen, zumal bereits Zweifel an der Bonität der Partnerbank bestanden.“
    „Es gab Übernahmegerüchte, ja, aber welchen Unterschied hätte ein Takeover gemacht?“
    „Es gab nicht nur Gerüchte, sondern handfeste Verlustwarnungen, die zu einer Abwertung des Ratings der Partnerbank führten.“
    „Daran können Sie ermessen, wie vorsichtig wir agierten. Im Gegensatz zu uns haben externe Agenturen keine Abwertung vorgenommen.“
    Wäre er durch Schröders SMS nicht so beunruhigt gewesen, dieser Satz hätte Wartensteiner in Champagnerlaune versetzt. Denn es waren genau jene gegensätzlichen Bewertungen, die ihn auf den brillantesten Einfall seiner Karriere gebracht hatten, auf jene Trumpfkarte, die er in einer knappen Stunde ausspielen wollte, wenn Whitman sich mit ihm traf.
    „Kommen wir zum Kern der Sache. Die Transaktion fand an einem Montag statt. Am Freitag zuvor veranlasste ihr Kollege Kron eine Besprechung unterhalb der Vorstandsebene, um etwaige Risiken zu begrenzen.“
    Kron hatte also tatsächlich geredet. Woher sonst konnten die Journalisten von diesem Treffen wissen? Andererseits, jeder Teilnehmer der Runde kam als Informant in Frage. Kron, dieser Kleingeist, war sich nicht zu schade gewesen, eine solche Sitzung an einem Freitagnachmittag anzuberaumen. Natürlich hatte niemand Lust, kurz vor dem Wochenende eine Fälligkeitenübersicht zu erstellen. Also stoppte man einfach etwaige Neugeschäfte und verabschiedete sich ins Wochenende. Das Wochenende vor dem großen Knall. Wartensteiner hatte es für einen kleinen Ausflug genutzt. Er hatte sich in seinen gelben Lamborghini gesetzt und war in den Taunus gefahren. Es war ein herrliches Gefühl gewesen, den Wagen auf der A 5 zu beschleunigen, während sich die vertraute Landschaft in den schönsten Herbstfarben vor ihm auftat. Er liebte solche Wochenendtrips, und dieser würde ihm in ganz besonderer Erinnerung bleiben. Wegen eines sehr kurzen, aber sehr sehr lukrativen Abstechers auf den Frankfurter Flughafen, wo Whitman ihn in der Vielfliegerlounge empfangen hatte.
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    „Das ist richtig und ein weiteres Indiz für die Sicherheitskultur in der Abteilung Money Market Foreign Exchange“, beantwortete er schließlich die Frage nach Krons Sitzung. „Doch wie Sie bereits sagten, es handelte sich um ein Treffen, an dem Vorstandsmitglieder nicht teilnahmen.“
    „Bekamen Sie denn kein Protokoll von dieser Sitzung zugestellt?“
    „Doch, natürlich, aber bedingt durch das Wochenende wurde das Protokoll erst am Montagnachmittag, also nach der fraglichen Transaktion, verfasst und zugestellt. Im übrigen war darin von anstehenden Fälligkeiten gar keine Rede.“ Er trank seinen Einspänner bis auf den Sahnesatz aus, der auf dem Boden des Glases hängen blieb, und bestellte sich einen einfachen Espresso. Warum nur, dachte Wartensteiner, kommt niemand auf die Idee, dass ein guter Vorstand ganz einfach über anstehende Fälligkeiten Bescheid weiß, auch ohne Sitzungen und Protokolle?
    „An jenem Montagmorgen, als die Partnerbank Insolvenz anmeldete, wann exakt wurden da die fälligen Zahlungen eruiert?“
    „Unverzüglich nach der Insolvenzmeldung

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