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Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
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bleibt eben immer ein Erbsenzähler, dachte er. Aber was soll’s, mir hat er einen letzten Gefallen getan.
    Er beendete das Telefonat, Whitman trat an seinen Tisch heran und begrüßte ihn mit einem kräftigen Handschlag.
    „Jedes Mal wenn ich hier bin“, sagte der Amerikaner, „muss ich an die Wochen und Monate nach dem 11. September denken, als die Neustädtische Kirchstraße einem Blumenmeer glich. Aber wir sind nicht hier, um uns mit der Vergangenheit zu beschäftigen.“
    Wartensteiner stimmte ihm zu, sie setzten sich. Wo waren die beiden Männer geblieben? Er unterdrückte seine Neugier, um Whitman nicht zu beunruhigen. Nach kurzer Plauderei zog der Amerikaner zwei Exemplare eines Vertrages aus seiner Aktenmappe.
    „Ich muss schon sagen“, leitete er ein, „einen so kühnen Deal, wie Sie ihn mir damals in Frankfurt vorschlugen, hat mir noch nie jemand angeboten. Wetten Sie gegen meine Bank, und wählen Sie den größtmöglichen Hebel. Mein lieber Wartensteiner, das war ein grandioser Plan. Laufen lassen, zusehen, und dabei ordentlich Geld verdienen. Nun ist meine Bank pleite, Ihre hat Sie entlassen, und wir beide sind zu vermögenden Männern geworden.“
    Wartensteiner griff nach der Espressotasse und kippte das letzte Drittel des schwarzsüßen Getränks hinunter. Es schmeckte so verdammt gut.
    „Unsere eigene, kleine, feine Investmentfirma. Sind Sie immer noch dabei?“
    Wartensteiner nickte, las den Vertrag, den Whitman bereits unterzeichnet hatte, und zog seinen Füllfederhalter aus der Jackentasche.
    In diesem Moment stand einer der beiden Männer am Tisch und räusperte sich. Wartensteiner erschrak. Er versuchte, den Vertrag mit der Hand abzudecken und drehte sich um.
    „Ja bitte, was können wir für Sie tun?“
    „Entschuldigung“, antwortete der Mann, als habe er Wartensteiner verwechselt. Er wünschte einen angenehmen Abend und ging zu seinem Kollegen zurück, der an der Schiebetür wartete. Whitman sah den beiden nach, bis sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Dann wandte er sich Wartensteiner zu.
    „Kennen Sie …?“
    „Nein.“
    „Dann können wir ja fortfahren.“
    Wartensteiner setzte den Füllfederhalter zum zweiten Mal auf dem Papier an. Mit leicht zitternder Hand unterschrieb er die beiden Papiere.
    Whitman hatte es eilig, die verbleibende Zeit reichte gerade noch um anzustoßen, man sehe sich in zwei Wochen in Shanghai.
    Kaum hatte der Amerikaner das Lokal verlassen, klingelte Wartensteiners Telefon erneut. Auf dem Display erkannte er Weyergrafs Privatnummer. Der Anwalt redete von Untreue durch Unterlassen, bedingtem Vorsatz und anderen juristischen Finessen, die er nicht verstand. Solange es jedoch keine Indizien oder Beweise gäbe, schloss Weyergraf seine Ausführungen, dass er, Wartensteiner, mit der Überweisung und damit dem Verlust gerechnet habe, sei die Sache rechtlich nicht relevant, ganz gleich, ob er zum Überweisungszeitpunkt bereits von der Insolvenz gewusst habe. Man habe also gute Karten, dass das Gericht seine Entlassung kassiere und er an das ausstehende Gehalt komme.
    „Und eine ordentliche Abfindungen holen wir natürlich auch raus, mein Lieber. Machen Sie sich einen schönen Abend.“
    Wartensteiners prustete los. Er griff nach seinem Mantel, gab ein großzügiges Trinkgeld und verließ das Lokal. Draußen hatte der Regen aufgehört. Die Absperrungen, wurde ihm jetzt klar, waren wegen eines Volksfestes aufgestellt worden. Am Straßenrand drängten sich die Menschen. Er hatte den Eindruck, das Ehepaar Neudecker zu erkennen. Täuschte er sich, oder hatte Herr Neudecker den Arm um seine Frau gelegt und reichte ihr ein Taschentuch?
    Um der Menschenmenge auszuweichen, ging Wartensteiner die Neustädtische Kirchstraße hinunter zum Bahnhof Friedrichstraße. Während er die feuchte Luft einatmete, dachte er unaufhörlich an die beiden Unbekannten. Er schaute über seine Schulter, zog den Mantelkragen hoch und beschleunigte seinen Schritt.

Fischbrötchen
    Lothar Berg
    Perle schmunzelte, als er in den kleinen Stadtteilhafen hinab sah. So hatte er sich das vorgestellt. Noch waren nicht alle Pflasterarbeiten erledigt, die Böschung nicht bepflanzt und die Cafés packten erst teilweise die neue Terrassenbestuhlung aus. Von der Brücke hatte er einen prächtigen Blick auf die Details der kleinen Hafenanlage. Unterwegs von Dortmund nach Dresden war ihm auf einer Raststätte der Artikel über die Eröffnung des Tempelhofer Hafens in der Hauptstadt aufgefallen.

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