Berlin Fidschitown (German Edition)
überfallen“, rang sich Heli ab.
„Wer und wo?“
„Asiaten. Im Bunker an der Littenstraße.“
„Und?“
„Als ich wieder zu mir kam, war ich allein. Ich habe die ganze verdammte Luftschutzanlage abgesucht. Nichts. Ich bin fast wahnsinnig geworden. Er ist weg. Sie müssen ihn mitgenommen haben.“
„Komm.“ Romy legte ihr einen Arm um die Schulter und führte sie zum Wagen. „Erzähl mir alles in Ruhe.“
Sie setzten sich ins Auto, und Romy zündete den Motor und ließ die Heizung arbeiten. Heli quittierte das mit strenger Miene und der spitzen Bemerkung: „Wegen mir müssen wir nicht die Luft verpesten.“
„Komm mir jetzt bitte nicht mit Umweltmacken“, blaffte Romy. „Ich habe keine Lust, mir auch noch den Arsch abzufrieren.“
Heli zuckte zusammen.
„Ich finde es schon happig genug, dass du bei der Krise trotz Verspätung noch in aller Ruhe die U-Bahn nimmst und den Rest zu Fuß läufst. Es gibt Taxis in dieser Stadt.“
Heli putzte sich die Nase. „Los, erzähl schon.“
Heli berichtete.
„Hast du irgendwen alarmiert?“
„Nein. Du bist doch von der Polizei.“
„Tja, das ist wohl wahr“, kommentierte Romy staubtrocken und umriss in wenigen Worten, warum Heli ihre Hoffnungen auf Law & Order etwas tiefer hängen konnte.
„Scheiße!“
„Sag ich doch. Hab ich nicht als erste gute Tat im neuen Jahr versucht, dich da rauszuhalten?“
Heli schwieg frustriert und starrte durch die Seitenscheibe auf den Bauschuttcontainer, der vor der beleuchteten Hausnummer 16/18 am Randstein bereitstand. „Die habe ich ganz vergessen zu erwähnen“, sagte sie leise zu sich selbst.
„Wovon redest du?“
„Von der Berliner Gedenktafel, die da vorne neben dem Eingang hängt.“
„Welche Gedenktafel?“
„Für den Filmproduzenten Erich Pommer. Er wohnte da vorne, bevor er dreiunddreißig emigrierte. Er hat den ‚Blauen Engel‘ mit der Dietrich produziert.“
„Du bist wirklich total von der Rolle. Wie kommst du in aller Welt jetzt darauf?“
„Farang interessiert sich dafür.“
„Tatsächlich? Ihr unterhaltet euch über Gedenktafeln? Wie erotisch ...“
„Das verstehst du nicht.“
„Sieht so aus.“ Romy schlug mit der flachen Hand auf das Lenkrad, um ihrem Ärger Luft zu machen.
Heli starrte gegen die schneebedeckte Windschutzscheibe „Wenn wir nur wüssten, wo er ist ...“
„Vermutlich ist er genau da, wo er hinwollte – nur zu ungünstigeren Bedingungen, als er sich vorgestellt hat.“
„Werden sie ihn ...?“
„Umbringen? Warum sollten sie? Soviel ich weiß, hat er ihnen >nichts getan. Und wenn Gustav Torn tatsächlich bei ihnen ist, wird unser Eurasier sich reiflich überlegen, ob er Forderungen stellt, die ihn unbeliebt machen. Vielleicht haben sie ihn schon wieder irgendwo ausgesetzt.“
„Dann hätten sie ihn sicher nicht mitgenommen.“
„Das waren Hiwis, die mit der Entscheidung überfordert waren. Du bist Deutsche. Da bauen die keinen Mist. Keine unnötigen Grobheiten gegenüber Gastland und Kunden, nur kurz ausknocken, um in Ruhe spurlos verduften zu können. Aber unser Freund sieht nun mal asiatisch aus und war zudem bewaffnet. Das hat sie wohl unsicher gemacht. Also ab mit ihm zum Oberkommando.“
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass er eine Pistole bei sich hatte.“ Heli schnäuzte sich erneut.
Romy musste lachen. „Der Junge, von dem du da sprichst, ist ein ganz abgebrühter. Er muss ein Formtief haben. Anders kann ich mir nicht erklären, dass er den Kürzeren gezogen hat.“ Sie lachte. „Obwohl er manchmal für Flankenschutz dankbar ist. Aber wer hat schon immer rechtzeitig ein Messer zur Hand.“
„Ein Messer?“
„Ach, vergiss es. Was hat er dir denn so über sich erzählt?“ „Dass er Reporter ist.“
„Reporter? Ich fasse es nicht.“ Romy schüttelte den Kopf. „Männer!“ Sie musterte Heli wie eine kleine Schwester, die einem Langmut abforderte. „Das ist gelogen, Mädel.“
„Er hat mich nicht direkt angelogen. Ich hab es einfach angenommen, weil Tony ihn zu mir geschickt hat. Ich dachte, sie recherchieren, um was über Torns Machenschaften zu schreiben. Immerhin habe ich mal Vorarbeit zum Thema geleistet.“
„Du verteidigst ihn ja richtig.“ Romy warf Heli einen mitfühlenden Blick zu. „Hast du mit ihm gepennt?“
„Gepennt? Wie redest du denn mit mir?“
„Oje!“ Romy betätschelte das Lenkrad. „Also, haste oder haste nicht?“
„Das geht dich einen Scheißdreck an!“
„Schon gut.“ Romy
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