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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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rang sich ein Lächeln ab. „Tut mir leid.“
    Heli schniefte. „Die Typen, die uns überfallen haben, haben mir eine Mordsangst eingejagt mit ihren Maschinengewehren.“
    „Was du da beschrieben hast, waren keine Maschinengewehre sondern Maschinenpistolen“, stellte Romy geduldig richtig.
    „Spielt das eine Rolle?“
    „Lassen wir das. Unser Problem ist: Du hast keine Angst vor Tunneln und Bunkern und dafür jede Menge Schiss vor den kleinen gelben Männern mit den bösen Waffen – und ich fürchte mich nicht vor bewaffneten Kriminellen, habe aber eine ausgeprägte Panik vor Gruften und Grotten.“
    „Gehen wir trotzdem rein?“
    „Gute Frage ...“ Romy Asbach biss sich auf die Unterlippe und zögerte, sich festzulegen. Was sollte sie tun? Den Rest von Großvaters Kuckucksuhren mit dem Halogenscheinwerfer anstrahlen? Sie betätigte die Scheibenwischer, als könne der freie Blick in die Winterpracht Klarheit schaffen.
    Die Wischer schoben im Intervall die Flocken vom Glas, und Heli nutzte Romys anhaltende Unsicherheit für einen Alternativvorschlag.
    Romy hörte aufmerksam zu, schüttelte schließlich den Kopf und stöhnte auf. „Und ich dachte, ich wäre allein auf mich gestellt. Dabei drängeln sich überall auf dem Globus Gutmenschen und stehen Schlange, um mir zu helfen ...“
    „Sei nicht so zynisch!“
    Romy Asbach schwieg noch eine ganze Weile, dann sagte sie:
    „Also gut, einverstanden. Wir geben ihm bis morgen Mittag. Wenn er bis dahin nicht wieder aufgetaucht ist, dann führ in Gottes Namen dein Ferngespräch.“

71
    Die kleine Jadeschildkröte schimmerte hellgrün im Licht der Altarkerzen.
    „Meine Männer haben das hier bei dir gefunden“, sagte der Mann mit dem Glasauge, den seine Krieger den ‚Obersten Befehlshaber‘ titulierten, und der nach Sichtung von Romys Materialien ohne große Mühe als General Xuong, vermutlicher Vorsitzender des Bundes der Mildtätigen, zu identifizieren war.
    „Ich habe nicht vor, es zu leugnen“, antwortete Farang in Englisch, auf das sie sich als Verkehrssprache geeinigt hatten, und musterte die Wachen, die die Tür flankierten.
    Der Oberste Befehlshaber steckte die Schildkröte in die Tasche seiner Uniformjacke. „Dieser Glücksbringer gehörte einer der Unseren, einer Frau, die mir viel bedeutete – sehr viel.“
    Wenn das Schicksal zuschlug, dann richtig. Farang atmete tief durch und hielt den kombinierten Blick aus lebender Pupille und totem Glasauge aus. Das gesunde Auge flackerte nervös, die Prothese schimmerte in einem kühlen und sehr blassen Blau. Er musste an den Affen mit den hellgrauen Augen im Privatzoo seines Ziehvaters denken. Pa konnte ihm jetzt nicht helfen. Er war in echter Beweisnot. Alles sprach gegen ihn. Jeder Erklärungsversuch musste sich wie pure Fantasy ausnehmen. Obwohl, wenn er sich die magische Behausung genauer anschaute, in der der oberste Mildtätige residierte, hatte er vielleicht doch Chancen, mit der Wahrheit durchzukommen, mochte sie auch noch so bizarr klingen. Allein die Brokatorgie in violett und purpur, die Decke und Wände zierte, gab Hoffnung. Dann diese blechbeladene Operettenuniform, die der Mann trug, der Thron von einem Sessel, das kuriose Altararrangement und das pompöse Imperatorenlager hinter dem offenen Vorhang, über dem diese gelbrote Flagge drapiert war. Das alles machte Mut, ebenfalls etwas Ungewöhnliches zu bieten.
    Und dann, als sei dies ein Fingerzeig des Schicksals, quiekte es unter dem Diwan und ein kleines schwarzes Schwein streckte vorsichtig seinen Rüssel ins Freie, tippelte vorsichtig auf Farang zu und beschnüffelte ihn.
    „Das ist meine Mireille“, stellte der Oberste Befehlshaber sein Haustier vor.
    „Mireille ...“ wiederholte Farang, den Blick auf das Rubinhalsband gerichtet, und entschloss sich, das Vorstellungsvermögen des Mannes bis an die Grenzen auszureizen. „Ich werde Ihnen genau erzählen, wie sich alles verhält.“
    Der Oberste Befehlshaber bot ihm einen Sessel an. „Wie heißt du?“
    „Man nennt mich Farang.“
    „Farang!“ Der Vietnamese lachte. „Der Weiße aus der westlichen Welt. Dabei bist du es nur zur Hälfte. Wie du siehst, haben sich auch in diesem Fall die Franzosen durchgesetzt. Sonst müsste man dich Jeraman rufen!“
    Um das Verhandlungsklima weiter zu verbessern, nahm Farang die angebotene Gitane an und paffte mit. Er berichtete von seiner frühmorgendlichen Entdeckung im Bootsschuppen, beschrieb alles exakt, verschwieg jedoch den Notizzettel,

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