Berlin Fidschitown (German Edition)
fordernd die Hand aus, und Farang gab seine Pistole ab. Der Mann betrat die Zelle und dirigierte das Paar in die geforderte Position: das Gesicht zur Wand, die Beine gespreizt, die Hände gegen den kalten Beton gestützt. Auch Heli ergab sich in ihr Schicksal. Langsam begann der Asiate sie abzuklopfen und zu durchsuchen.
Im flackernden Licht der Kerze konnte Farang direkt auf Großmutters mahnende Worte sehen. Für einen Moment drohte ihm ein Fuß wegzurutschen, und er setzte ihn vorsichtig ein wenig nach vorne und stieß dabei den Teller mit der Wunder-Rose um.
„Entschuldige bitte“, flüsterte er Heli zu.
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Als der Captain die Fotoaufmacher der Boulevardzeitungen sah, die ihm seine Pendler brachten, rechnete er mit baldigen Aktionen der Mildtätigen.
Er fluchte. Nichts wäre wichtiger gewesen als die Ruhe vor dem Sturm. Sorgfältige und dezente Vorbereitung war notwendig. Stattdessen lag da eine Vietnamesin in unmittelbarer Nähe des Wasserfriedhofs, vergewaltigt und tot, mitten in der Tourismuszone von Van Thánh. Eine Frau, die nicht zu seinen Leuten gehörte.
Der Verdacht, der sofort in ihm aufkeimte, war zwingend. Froschhand hatte die Region um den Friedhof völlig unter Kontrolle. Nichts entging ihm dort, was er nicht sofort gemeldet hätte. Es sei denn, er hatte es selbst zu verantworten. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Mann mit der Froschhand auszog, um einen Baum zu kaufen und ihn dabei entwurzelte.
Er musste ihn zur Rechenschaft ziehen, wenn er ihn das nächste Mal unter die Augen bekam. Es brachte ihn in eine höchst unangenehme Lage. Einerseits war absolute Disziplin unumgänglich, andererseits war er dringend auf die Kämpferqualitäten von Froschhand angewiesen – ganz besonders in Zeiten wie diesen. Seine Truppe war zu klein, als dass er sie selbst dezimieren konnte.
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Wenn Romy Asbach ganz ehrlich zu sich selber war, dann wäre sie lieber mit gezückter Waffe frontal durch den Haupteingang der Villa marschiert, als irgendwo im näheren Umkreis in einen Gully zu kriechen, um von Fledermäusen umflattert im Fichtenberg den Nebeneingang zum Keller zu suchen.
Sie hatte den Opel am vereinbarten Treffpunkt am toten Ende des Karl-Heinrich-Becker-Wegs geparkt. Der so genannte Weg war eine ruhige Nebenstraße von großzügiger Breite, die reichlich freie Parkplätze unter altem Baumbestand bot. Auf dem Fichtenberg war eben alles eine Nummer luxuriöser. Es war inzwischen dunkel und schneite so dicht, als wolle der Himmel Deckung für ihr Vorhaben geben. Beheizbare Sitze wären jetzt angenehm gewesen. Aber trotz der Kälte war sie nicht böse, dass sich Heliane Kopter und Farang verspäteten. Das Fläschchen mit den Rettungstropfen war bereits halb leer, bevor die Aktion überhaupt begonnen hatte. Schon die Utensilien im Kofferraum, die sie auf Helis Wunsch hin von Georgia Brand ausgeliehen hatte, machten sie nervös. Eine Halogenlampe mit tragbarem Stativ, drei große Stablampen, drei Stirnlampen mit Kopfgeschirr, alle mit entspechenden Batterien ausgestattet, drei Paar Gummistiefel, drei Paar Arbeitshandschuhe, zwei Stemmeisen, vermutlich, um den geheimnisvollen Einstiegsdeckel aufzuhebeln, und drei Signalwesten. Auf den orangen Leibchen hatte Georgia Brand nachdrücklich bestanden. Sie hatte die Westen widerspruchslos eingepackt. Schließlich ging es die gute Frau nichts an, dass eine weniger auffällige und dafür kugelsichere Montur in diesem speziellen Fall angebrachter gewesen wäre.
Romy stieg aus dem Wagen und vertrat sich im matten Licht einer altmodischen Straßenlaterne die Beine. Sie stapfte bis zum Rondell am Friedrich-Park durch den frisch gefallenen Schnee und betrachtete ungläubig die beiden grün umrandeten Schilder, die beide Ecken am Ende der Sackgasse markierten. So klein der Park auch war, es waren gleich zwei Warndreiecke nötig, um darauf auf hinzuweisen, dass es sich um eine geschützte Grünanlage nach dem Gesetz vom 3. 11. 1962 handelte. So viel zur Prioritätensetzung bei der Verhütung von Straftaten in dieser Stadt. Immerhin verzierte eine symbolische Tulpe im weißen Feld die Mahnung.
Zwischen den Büschen tauchte eine Gestalt auf, die durch die dicht fallenden Flocken näher kam.
Es war Heliane.
Alleine.
„Und wo ist unser Freund?“, fragte Romy zur Begrüßung. Heli blieb keuchend stehen und zog den Kopf noch ein wenig tiefer zwischen die Schultern. Sie sah gezeichnet aus und war komplett durch den Wind.
„Was ist passiert?“
„Sie haben uns
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