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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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den er gefunden hatte.
    „Und du bist sicher, dass du es nicht selber warst?“, fragte der Oberste Befehlshaber ungerührt.
    Farang ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich habe noch mehr Leichen gesehen, die ebenfalls nicht auf mein Konto gehen. Genau genommen haben diese Toten mich zur Leiche der Frau geführt.“
    Er schilderte den Blick, den er durchs Eis in den Unterwasserfriedhof geworfen hatte, so dramatisch, dass sein Gegenüber ob dieser Götterdämmerung zum ersten Mal Wirkung zeigte.
    „Die Frau war tags zuvor schon einmal auf dem See“, fuhr Farang fort. „Genau an derselben Stelle. Es sieht aus, als habe sie etwas dahingezogen, etwas Persönliches, als habe sie einen der Toten unter dem Eis gekannt.“ Er warf dem Obersten Befehlshaber einen eindringlichen Blick zu. „Vermissen Sie noch andere ihrer Leute?“
    Es hielt den Vietnamesen nicht mehr im Sessel. Nur mühsam beherrscht ging er vor den Altartischen auf und ab, ganz mit sich und seinen Gedanken beschäftigt.
    Mireille hatte sich zwischen Farangs Beinen postiert und sah erwartungsvoll zu ihm auf. Er nahm sie auf den Schoß. Sie grunzte sanft und machte es sich bequem, während er den glimmenden Räucherstäbchen und brennenden Kerzen auf dem Altar zuschaute und dabei an Heli denken musste.
    „Hast du schon mal was von einem Vietcong mit dem Namen ‚Bruder Tunnel‘ gehört?“, fragte der Oberste Befehlshaber ohne den Blick vom Kruzifix an der Wand zu nehmen. „Sie nennen ihn auch McLenin ...“
    „Nein.“
    „Wenn du etwas mit diesem Kommunisten zu tun hast, gib es besser gleich zu.“ Der Oberste Befehlshaber rückte das Kreuz gerade und wandte sich seinem Gefangenen zu. Erst jetzt bemerkte er die Zutraulichkeit, die sein Hausschwein dem Fremden bekundete. Es brachte ihn zum Lächeln. „Sie mag dich. Das spricht für dich. Also will ich dir glauben.“ Er setzte sich wieder in seinen Thronsessel.
    Farang kraulte Mireille die Stirn.
    „Sie will nicht fressen“, sagte der Oberste Befehlshaber voller Sorge. „Sie ist krank.“
    „Ich hoffe, es ist nichts Ernstes.“
    „Was hattest du mit der Deutschen in diesem Bunker zu suchen?“
    „Was ist mit ihr passiert?“
    „Meine Männer haben sie für eine Weile eingeschläfert. Wenn sie klug ist, wird sie schon wieder zu Hause sein.“
    Soweit beruhigt, gab er sich ganz als Thai-Tourist, der seine deutsche Freundin zu Weihnachten besucht hatte, die wiederrum Mitglied in diesem Rettet-die-Tunnel-Verein war.
    Der Oberste Befehlshaber ließ die angebotene Version vorläufig auf sich beruhen. „Du wirst uns trotzdem eine Weile Gesellschaft leisten müssen. Ich muss alles in Ruhe überdenken.“ Er entließ die Wachen mit einer Handbewegung.
    Farang hatte nichts gegen den Aufenthalt, solange es ihm dabei nicht an den Kragen ging. Wenn Gustav Torn bei den Vietnamesen war, dann war er ihm ganz nah. Trotzdem gab er vorsichtshalber den besorgten Bräutigam. „Meine Freundin wird sich Sorgen machen.“
    „Das hoffe ich doch für dich. Sie wird es schon überleben.“ Der Oberste Befehlshaber holte die Jadeschildkröte wieder aus der Uniformtasche. „Weißt du, was das in meiner Heimat für ein Symbol ist?“
    „Nein.“
    „Kannst du eine Pfeife präparieren?“
    Die Utensilien zum Opiumrauchen waren auf dem untersten Altartisch platziert. Er übergab Mireille vorsichtig an ihren Besitzer und machte sich an die Vorbereitungen. Noch während er hantierte, begann der Oberste Befehlshaber ihm mit leiser Stimme ein Märchen zu erzählen. Es war die Legende vom See des zurückgegebenen Schwertes, in der ein Held namens Le Loi seine Armee mit einem Wunderschwert, das er mit Hilfe eines Fischers gefunden hatte, von Sieg zu Sieg führte, bis er das Land befreit hatte und König wurde.
    „Nach der Befreiung der Seinen verbrachte der König so manche Stunde in seinem Palast.“ Bei diesen Worten richtete der Oberste Befehlshaber sich für einen Augenblick im Sessel auf und machte eine so weit ausholende Armbewegung durch seine Residenz, als rede er von sich selbst. „Besonders gerne verbrachte er seine Freizeit auf dem See im Park, den er mit seiner reich verzierten Dschunke befuhr.“
    Farang überreichte die brennende Pfeife, übernahm Mireille wieder und setzte sich in seinen Sessel.
    Der Oberste Befehlshaber nickte seinem Gefangenen huldvoll zu, begab sich mit der Pfeife zum Diwan, machte es sich gemütlich und nahm ein paar Züge, bevor er seine Geschichte zu Ende brachte. „Ein Jahr

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