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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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...“ Sie verstummte.
    „Er sagt, du liebst diese Tiere.“
    Heliane Kopter nickte. Dann sah sie Farang ernst an. „Das ist Elfenbein, nicht wahr?“
    „Einhundert Prozent echt!“, bestätigte er stolz. „Made in Thailand.“

24
    Die fünf Vietnamesen hockten im gelben Licht der Wachskerzen um den Gaskocher und aßen ihre Nudelsuppe.
    Die improvisierte Schnellküche mit den Notlagern aus Schlafsäcken, Decken und Reisstrohmatten lag am toten Ende eines blinden Tunnels. Das Teilstück war nie fertig gestellt worden, und nur die nackte Betonröhre zog sich einige hundert Meter unter der Erde entlang bis zu einem vergessenen Notausstieg. Parallel dazu verlief eine voll ausgebaute Trasse, die aber nur selten zu Betriebsfahrten genutzt wurde. Gelegentlich wurden einige Wagons überführt. Die meiste Zeit herrschte Ruhe. Einen guten Kilometer entfernt führten die Gleise einer aktiven U-Bahnlinie vorbei, deren gedämpftes Rumpeln im Zeittakt der Züge erklang.
    Am Ende der Röhre schlug Blech auf Beton. Das Klappern hallte von weitem durch den kahlen Tunnel. Nur einer der Männer hob witternd den Kopf, dann aß auch er weiter. Es war wohl wieder dieser Deutsche. Wahrscheinlich war er im Suff über eine leere Bierdose gestolpert. Er suchte sie jetzt fast jeden Abend auf, wie eine Ratte, die den Duft der Suppe in der Nase hatte. Eine Ratte mit rosa Ohren. Als der ungebetene Besucher zum ersten Mal hier unten aufgetaucht war, hätten sie ihn beinah abgeknallt. Aber er war harmlos. Er war nur arm, krank und hungrig. Ihm zu helfen, bedeutete, sich auf einfache Art Meriten zu erwerben. Außerdem schien er sich unter der Erde gut auszukennen. Das konnte noch einmal nützlich sein, wenn er sich vorher nicht um den Verstand oder zu Tode soff. Wo blieb er heute nur?
    Wieder ein Geräusch und die Ahnung einer Bewegung.
    Diesmal hoben auch die anderen vier Männer den Kopf. Was sie sahen, war nicht der Deutsche mit den rosa Ohren.
    Ein plötzlicher Luftzug brachte die Kerzenflammen zum flackern, und nur die stahlblaue Gasflamme des Kochers zischte unbewegt weiter, während fünf Schüsse laut im Tunnel widerhallten.

25
    „Noch eine Tasse Tee?“
    Farang nickte und musterte die helle Narbe auf Helianes Stirn. Sie passte zu dem schief zusammengewachsenen Nasenbein.
    Sie schenkte ihm nach.
    „Du bist also gar nicht mehr bei der Zeitung?“
    „Schon seit einem Jahr nicht mehr. Ich habe mich beurlauben lassen, um an einem Buch zu arbeiten.“
    „Ein Buch?“
    Sie lächelte sparsam. „Der Traum jeder Journalistin – irgendwann ein richtiges Buch schreiben ...“
    „Worüber?“
    „Sagen wir ... Architektur. Stadtgeschichte. Sowas in die Richtung ...“
    Sie wollte nicht darüber reden. Er ließ es auf sich beruhen und gab ihr Gelegenheit, das Thema zu wechseln. Es war ein guter Zeitpunkt, um zu seinem Anliegen zu kommen.
    „Und du? Was treibt dich nach Berlin?“
    „Der Mann, mit dem du dich damals in Thailand beschäftigt hast.“
    Die Stirnnarbe verschwand zwischen Falten. „Torn?“ „Richtig.“
    „Ein Typ, an den ich mich gar nicht gerne erinnere.“ Sie zögerte einen Augenblick. „Gustav Torn galt damals als der heimliche Herrscher von Pattaya. Der übliche deutsche Größenwahn. Wenn unsere Touristen etwas erobert und besetzt haben, brauchen wir irgendwann auch unsere eigenen Paten. In Thailand, in Mallorca ...“
    Farang trank einen Schluck Tee und schwieg.
    „Mein damaliger Chefredakteur wollte unbedingt was über ihn machen. Und es musste natürlich von einer Frau geschrieben werden. Unter der Hausnummer Frauenproblematik. Thai-Mädchen, Prostitution, Drogen und Sexmafia. Unsere Jungs, die das Geld unten als Reisende einzahlen und oben als Gangster wieder abschöpfen. Ich fürchte, er wollte nur einen weiteren Beweis für den weltweiten Erfolg der sozialen Marktwirtschaft.“
    Vor dem Fenster dröhnte ein Flugzeug durch die Nacht. Für eine Sekunde konnte Farang Positionslichter erkennen.
    „Wieder so ein Nachzügler.“ Heliane Kopter sah auf die Uhr und machte keinen Hehl aus ihrem Ärger. „Um diese Zeit darf der gar nicht mehr landen.“ Sie bemerkte seinen fragenden Blick. „Der Flughafen Tempelhof liegt direkt nebenan. Mitten in der Stadt! Er wird hoffentlich bald dichtgemacht.“
    „Hat die Reportage damals was bewirkt?“
    Sie starrte in ihre leere Tasse. „Hierzulande jedenfalls nicht. Torn läuft, soviel ich weiß, frei rum.“ Sie lächelte ihn an. „Aber vielleicht indirekt bei euch. Ihr

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