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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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zweihundert, ein Wellensittich hundertfünfzig.“
    „Viel Geld für so kleine Wesen.“ „Ist der gleiche Aufwand.“
    „Und was passiert mit der Asche?“
    „Die bringe ich dem Besitzer zurück, Beileidsschreiben und Echtheitszertifikat inklusive. Im Krematorium gibt es bei Bedarf auch einen Abschiedsraum, in dem die Tiere auf Wunsch für die Besitzer aufgebahrt werden.“
    „Wie sind Sie gerade auf diese Idee gekommen?“
    „Ich habe die Chance direkt nach dem Fall der Mauer ergriffen. Ein Kleingewerbeexperte der Treuhand hat mich damals beraten und die Anschubfinanzierung besorgt.“
    „Ich habe vor, irgendwann ein Restaurant aufzumachen, das auf Ratten spezialisiert ist. Für Feinschmecker.“
    „Ratten?“
    „Sehen Sie, das finden Sie nun zur Abwechslung etwas abartig, Khun Heinz.“ Farang verspürte durchaus Verlangen, Haller die kulinarischen und unternehmerischen Einzelheiten zu erläutern, sagte aber: „Kommen wir zurück zu Torn!“
    Der abrupte Themenwechsel verschlug Haller die Sprache.
    „Wo würden Sie denn suchen, wenn Sie Gustav Torn bei den Fidschis finden müssten?“
    „Na ja“, Haller räusperte sich. „Man hört von diesem Markt, der angeblich eine Art Drehscheibe ist ...“
    „Ein Markt?“
    Haller nickte. „Der Vietnamesenmarkt, und dann gibt es natürlich noch die üblichen Standorte der Zigarettendealer – obwohl die häufig wechseln.“
    „Das ist doch schon mal ein Anfang. Können Sie noch etwas präziser werden?“
    In den nächsten zehn Minuten gab sich Heinz Haller alle Mühe, Farang zufrieden zu stellen, bis dieser ihn schließlich lobte.
    „Für einen Tierleichenbestatter kennen Sie sich doch erstaunlich gut im Milieu aus, Heinz.“
    Haller lächelte gequält. „Ich habe eine harte Schule hinter mir, Khun Surasak, bin im ehemaligen Arbeiter- und Bauernparadies großgeworden.“ Er zeigte Zähne. „Ich bin eine zähe Ratte.“ Kaum hatte er den Vergleich gezogen, erinnerte er sich wieder an Farangs kulinarische Vorliebe für dieses ganz bestimmte Tier. „Pardon!“
    „Nichts gegen Ratten. Ist sogar mein Tierkreiszeichen.“
    Haller griff erleichtert zu seinem Glas und prostete ihm zu. „Auf uns Ratten.“
    Farang nickte nur knapp und sah zu, wie Haller trank. „Und was ist Ihr ganz persönlicher Traum, Heinz?“
    Haller zögerte keine Sekunde. „Ein eigenes Krematorium für Tierkörper.“
    „Ich denke ...“
    „Das letzte Glied in der Entsorgungskette fehlt mir noch, um völlig unabhängig arbeiten zu können. Ich habe zwar einen eigenen Kühlraum auf einem hiesigen Gewerbehof, aber wenn der voll ist, muss ich den Transporter beladen und auf Reise gehen. Früher ging es sogar bis nach Rotterdam.“
    „Verstehe.“
    „Noch habe ich keine Baugenehmigung, aber das wird schon ...“
    „Wissen Sie, wie man sie weich kriegt?“
    Haller setzte das Glas ab und sah ihn irritiert an.
    „Die Ratten!“
    Haller verneinte mit einem Kopfschütteln.
    Farang lächelte verbindlich. „Man versetzt sie kurz vor dem Ableben in Todesangst, damit sie Adrenalin ausschütten. Das macht das Fleisch zart.“

28
    Die vier vermummten Gestalten sahen wie Grönländer aus, mussten jedoch ohne Schlittenhunde auskommen.
    Die Männer dampften vor Anstrengung. Paarweise zogen sie die beiden Kastenschlitten über das schneebedeckte Eis zu einer entlegenen Ecke des Schlachtensees. Die Planen über der Fracht waren millimeterdick mit Flocken bedeckt. Schneetreiben und Dunkelheit boten der Karawane Deckung. Uhrzeit und Kälte halfen, ungebetene Zeugen fern zu halten. Es war gegen vier am Morgen, und die Temperatur lag bei minus achtzehn Grad Celsius.
    Das Baustellenzelt war kaum zu erkennen. Auch die Warnpyramiden, die es markierten, waren völlig zugeschneit. Das Zelt lag etwa dreißig Meter vom Ufer entfernt über einer ausreichenden Wassertiefe. Die Männer hatten es bereits kurz vor Mitternacht errichtet, um dann möglichst lautlos ihrer Arbeit nachzugehen. Das Wasserloch zwischen den im Zelt gestapelten Schollen war schon wieder mit einer dünnen Eisschicht bedeckt, und als die Männer mit ihrer Ladung eintrafen, mussten sie es erneut aufbrechen. Dann zogen sie die Planen von den Schlitten und luden fünf schwarze Plastiksäcke ab. Sie waren länglich und schwer und mit Paketband umwickelt.
    Die Männer schleiften die Säcke ins Zelt. Dort schnitten sie die Plastikfolie auf, packten die Leichen aus und versahen sie mit Gewichten, bevor sie Stück für Stück im Wasserloch versenkten

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