Berlin Gothic 5: Nachts Bei Max
würden sich die Eindrücke, die die beiden Frauen in ihm hinterließen, zu einem seltsamen Strudel vermischen.
„Ich will mit dir schlafen“, flüsterte er und spürte mehr, als dass er es sah, wie sie drauf und dran war, ihn von sich zu stoßen. „Sonst sag ich Felix, dass er Quenni, den Armen, glatt fallen lassen soll.“ Die Worte huschten über Max‘ Lippen, bevor er darüber nachdenken konnte - so leise, dass es ihm fast so vorkam, als hätte er sie gar nicht ausgesprochen.
Sein Blick ruhte auf ihrem Gesicht, während Irinas Pupillen von seinem einen Auge zum anderen sprangen - dann landete ihr Blick auf seinen Lippen. Max sah, wie das, was er gesagt hatte, sie abstieß, zugleich aber auch auf den Gedanke brachte, dass er sich über Quentin einfach hinwegsetzte. Und dass seine Rücksichtslosigkeit sie ihrerseits wieder verführte, weil es doch nichts anderes als ihre Nähe und ihre Attraktivität sein konnte, was ihn derartig antrieb.
Im gleichen Moment berührte er ihre Lippen und seine Hand glitt vorsichtig in den Bund ihrer Hose. Sie war nackt darunter und ihre Pobacke glatt und kühl.
BERLIN GOTHIC 5
Vierter Teil
1
Heute
„Er ist heute nicht reingekommen.“
„Was?“
„Ja.“
„Habt ihr ihn angerufen?“
„Heute früh. Er meinte, er hätte etwas zu erledigen, würde sich später melden - das hat er bisher aber nicht getan.“
Die Augen des Polizeidirektors wandern wieder zu dem Bildschirm an der Wand. Darauf ist ein ganz in weiß gehaltenes Zimmer zu sehen. Die Bildqualität ist grob und körnig, der Blick aus einer oberen Ecke hinunter ins Zimmer gerichtet.
„Soll ich ihn nochmal anrufen, Chef?“, hört er wieder die Stimme neben sich.
Der Polizeidirektor wendet den Blick nicht vom Monitor. „Wen, Butz?“
„Ja?“
Er beugt sich etwas nach vorn, die Pixel des Bildes krisseln vor seinen Augen. Soll er Butz nochmal anrufen lassen?
Die Gedanken im Kopf des Beamten bewegen sich schwerfällig wie Passanten auf einem überfüllten Bahnsteig. Es gibt einfach zu viele Neuigkeiten, zu viele Dinge, die bedacht werden müssen, berücksichtigt werden müssen, zu viele Unwägbarkeiten, zu viele Risiken …
„Was hat sie?“, fragt er, ohne auf die Nachfrage des Kollegen einzugehen, und wendet sich zur anderen Seite, wo weitere Beamte neben ihm stehen, die Köpfe allesamt zu dem Bildschirm gerichtet, der auf halber Höhe an der Wand angebracht ist. Er meint die Frau, die auf dem Bildschirm zu sehen ist. Sie liegt unter einer Decke auf einem Bett, das in dem Zimmer steht.
„Es gibt widersprüchliche Aussagen“, beeilt sich ein jüngerer Polizist zu seiner Rechten auszuführen. „Ihr Name ist Merle Heidt, vierundzwanzig Jahre alt, sie ist gestern Mittag eingeliefert worden - “
„Hey!“ Der Polizeidirektor prallt zurück. Das Herz in seiner Brust pocht.
Ein Raunen geht durch den Kreis der Beamten, die vor dem Monitor stehen.
Die Frau auf dem Bildschirm ist von ihrer Matratze hochgeschnellt, als wäre sie an Drahtseilen nach oben gezogen worden. Jetzt steht sie auf ihrem Bett, die Fäuste zur Kamera gereckt, den Kopf in den Nacken geknickt … während die Decke, mit der sie eben noch zugedeckt war, träge von ihr abrutscht und auf den Boden segelt.
Der Polizeidirektor starrt auf den Mund der Frau, der so heftig zuckt, dass die Pixel an der Stelle verschwimmen. Ihre Augen scheinen fast zu vibrieren.
Zu hören ist jedoch nichts.
Im gleichen Moment wird das Bild von einem schwarz-weißen Rauschen zur Seite gedrückt - es knackt - dann ist ein Mann zu sehen, der in einem weißen Kittel hinter einem Schreibtisch sitzt.
„Hören Sie mich?“ Der Mann, eindeutig ein Mediziner, blickt ernst in die Kamera.
„Ja … wir können sie gut hören, Doktor.“
„Haben Sie die Bilder gesehen? Von Frau Heidt?“
„Haben wir.“
„Gut.“ Der Arzt legt die Unterarme auf die Schreibtischplatte. „Die Überwachungskamera hat die Aufnahmen vor etwa zwei Stunden gemacht, Frau Heidt ist inzwischen betäubt, der Anfall hatte eine beängstigende Wucht entfaltet - “
„Ich bin sicher, Sie werden mit Vorfällen dieser Art umzugehen wissen“, fällt ihm der Polizeidirektor ins Wort.
Wir sollten doch besser versuchen, Butz zu erreichen, denkt er. Die ganze Stadt spielt verrückt.
Er wirft dem jungen Mann zu seiner Rechten einen Blick zu und senkt seine Stimme. „Gibt es inzwischen einen Termin für die Schaltkonferenz wegen des Hauses am
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