Berlin Gothic 5: Nachts Bei Max
interessiert!“
„Du meinst … er … will uns die Augen dafür öffnen, dass wir in Wahrheit Zombies sind? “
Max starrte Till an. „Erinnerst du dich, was er im Verlag gesagt hat?“, stieß er hervor. „Dass die Auflösung der Freiheitsillusion nur der erste Schritt ist?“ Seine Augen glühten im Halbdunkel. „Das ist doch das, was dort lauern muss, in dem, was mein Vater das Zentrum genannt hat: Der Magier, der die ganzen Zombie-Horden steuert! Das muss der zweite Schritt sein: Dass wir den Magier erkennen!“
3
Heute
„Von ALLEINE?!“ Um ein Haar hätte Butz sein Handy auf den Boden geschleudert, als es erneut klingelt. „Erzähl mir keinen Scheiß, Betty!“
Claires Schwester sitzt noch immer auf der Vase vor der Garage, ihr Gesicht ist von Tränen überströmt. Er muss sie in Ruhe lassen, er muss einen Arzt rufen - er muss sie zumindest ins Haus bringen - oder wenigstens von seiner Gegenwart erlösen!
„Was weißt du davon, Betty! Eine Infektion? Henning wusste davon? WOHER?“
Sie hat beide Hände auf die Ohren gepresst, schluchzt. Weil er Henning erschossen hat - aber auch, weil sie etwas WEISS, davon ist Butz überzeugt. Weil sie weiß, dass sie über Henning in etwas verstrickt ist, das weit über ihren Kopf hinausgeht.
„Eine Infektion, Betty - niemand weiß, wie so etwas zu kontrollieren ist! Und je länger wir warten, desto schwieriger wird es, darauf Einfluss zu nehmen! Du musst endlich anfangen zu reden.“ Butz‘ Stimme klingt jetzt scharf und hart wie eine Sichel. Er sieht, wie sie mit beiden Händen über ihr Gesicht wischt, die Zähne zusammenbeißt und versucht, das Beben, das immer wieder ihren Körper durchpulst, niederzukämpfen.
„Es ist bereits überall - du hast es eben selbst gesagt, Betty!“
Da reißt sie sich plötzlich von der Vase hoch und tritt auf ihn zu. „Du warst doch schon immer ein Arschloch, Butz!“, schleudert sie ihm zornentbrannt entgegen, auch wenn sie fast einen Kopf kleiner ist als er. „Was schreist du mich an? Was willst du von mir?! Meinst du, du hast das Recht, etwas von mir zu fordern? Nach dem, was du getan hast?“
Butz fühlt, wie sich seine Kopfhaut verschiebt.
„Es ist ein paar Jahre her, Butz“, speiht Betty ihm entgegen, „ich war vielleicht erst vierzehn, aber ich erinnere mich noch genau. Ich habe euch oft gehört, im Wohnzimmer, unten gleich neben der Halle. Ich hatte das Gefühl, geborgen zu sein, wenn ich deine Stimme dort unten gehört habe, Butz. Ich konnte meiner Mutter ansehen, dass sie erleichtert war, wenn du bei ihr warst - in diesen Monaten, nachdem Papa fort war! Bis all das mit einem Mal plötzlich zusammengebrochen ist. Weil du ein Arschloch bist, Butz. Damals schon warst und auch jetzt wieder bist - wenn du dich hinstellt, herumschreist und so tust, als sei ich dir auch nur das Geringste schuldig!“
Butz‘ Kopf sackt nach unten.
„Du hättest es nicht zulassen dürfen“, hört er Betty zischen - und weiß nur zu gut, was sie meint. Er hätte es nicht zulassen dürfen, was zwischen Claire und ihm geschehen ist.
Er hätte es nicht zulassen dürfen - aber er war zu schwach, um sich dagegen zu wehren.
Er hatte Julia Bentheim nie geliebt. Sie aber - sie hat er geliebt, wie keine andere jemals zuvor.
Claire Bentheim, Julias Tochter.
Es war ein paar Jahre, nachdem er zum ersten Mal als Polizist wegen Xavers Verschwinden zu den Bentheims gekommen war. Claire hatte begonnen, ihn immer wieder anzusprechen, ihn in ihr Zimmer zu bitten, ihm ihre Sachen zu zeigen. Sie hatte ihn angelächelt, ihn berührt, war nur mit einem Handtuch umwickelt aus dem Bad gekommen, wenn er durch den Flur ging. Sie hatte mit ihren Augen nach ihm gegriffen, ihre Lippen über seine Wangen gleiten lassen, wenn sie sich nur verabschieden sollte. Sie war verletzlich gewesen, zart, ausgeliefert - verwirrt. Allein gelassen, noch Jahre nachdem ihr Vater nicht mehr aufgetaucht war. Die ganze Familie hatte sich von diesem Schock nie mehr erholt.
Julia hatte Butz‘ Nähe gebraucht, er hatte sie ihr gegeben. Er hatte alles im Griff gehabt - aber dann hatte Claire angefangen, mit ihm zu spielen.
Claire, die viel zu jung dafür gewesen war.
Butz wusste es damals, er weiß es jetzt - er wird es immer wissen: Er hätte es niemals zulassen dürfen.
Was war es nur, das ihn geritten hat? Als er sich von ihr in ihr Zimmer hat ziehen lassen.
Hatte er nicht das Sausen, das Dröhnen, das Rauschen in seinen Ohren gehört, als sie ihn
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