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Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)

Titel: Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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beugt sich vor. „Manchmal kann ich es sogar riechen, ob sie es noch vor sich haben oder schon hinter sich.“ Er richtet sich wieder auf. „Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie mich das ankotzt!“


     
    Tagebuchaufzeichnung
     
    Wie betäubt.
    Taub.
    Wie aus einem Bad flüssigen Stahls emporgetaucht.
    Hartgebrannt.
    Aber noch am Leben. Unversehrt. Unbeschädigt. Unzerkratzt. Unberührt.
    Trotz dem, was ich getan habe. Wie durch eine Wand aus Flammen hindurchgeschritten, ohne von der Hitze versengt worden zu sein.
    Hervorgetaucht auf der anderen Seite.
    Gestählt.
    Erfüllt von dem Sturm, den das Hindurchschreiten entfesselt hat.
    Ein anderer Mensch.
    Befreit von Ängsten, Zweifeln, Zögerlichkeiten.
    Eine vorwärtstreibende Kraft. Im Selbstsein erblüht. Erstarkt. Entsprossen.
    Eine entfesselte Gewalt, die danach giert, sich zu versenken. Unaufhaltsam, entschlossen - stark wie nie.
    DIE HAUT -
    Wirklich? Das ist es? Alles, woran ich zu denken vermag?
    AAAAAAAAHH!
    Ihre Haut.
    Die Haut des Mädchens aus dem Kaufhaus. Als du sie freigelegt hast, berührt, darüber hinweggestrichen.
    Die Kurven, die Wärme, die Geräusche, die Bewegungen - die Berührung der Haut, die sich angefühlt hat wie eine Perle, eine Perle aus … aus Fleisch, aus Sex … aus einer anderen Welt.
    Ihr Körper, der sich mir entgegengedrängt hat, bis ich sie überwunden habe -
    AAAAAAAH!
    Es sind keine Menschen mehr, es sind Rümpfe, Maden, gesichtslose Glieder, verzerrte Mäuler, erblindete Stümpfe,
    es sind Würmer, Lurche, knotige Wülste,
    Drüsen, Falten, Beulen, Lippen,
    Gedärme und Münder, Windungen, Knorpel und Knollen,
    Verschiebungen, Verdrehungen, Zerquetschungen,
    es ist eine Entstellung, Verbiegung, Verschmierung,
    kein Verfall, sondern eine Verpuppung in eine blindwütige, hässliche Kraft, die alles Schöne vergeudet, verscheucht, verwischt,
    eine Kraft, die ich entfesselt habe, eine Kraft, die in mir steckt, die mich getrieben hat, ihr den Slip vom Gesäß zu ziehen, die mich getrieben hat, sie so zu berühren, dass sie sich gestreckt und mir entgegengewölbt hat, die mich getrieben hat, mich in sie hineinzustoßen mit einer Bewegung, die einen Augenblick lang wirkte, als würde sie niemals enden.
    DAS IST ES?
    Was am Boden des Abgrunds schlummert, in den ich hinabgestiegen bin?
    Nichts, als die bis ins Unerträgliche gesteigerte Gier danach, erneut zu spüren, wie der nackt-heiße Körper einer jungen Frau sich unter mir windet und nachgibt -
    so dass die ganze Welt um mich herum zu einem glühenden Bad in Wollust aufbricht?


     
    Kleine Männer mit gegerbten Gesichtern, phosphoreszierenden Jacken, Sicherheitsschuhen. Männer in den winzigen Kabinen von wendigen Minibaggern. Männer hoch oben auf dem Bock eines LKWs, der sich schwerfällig über eine Sandpiste nach vorn schiebt. Bilder von Betonpfeilern, die steil in den Himmel aufragen und hoch oben in der Luft eine gewaltige Betontrasse tragen: eine sechs-, manchmal achtspurige Fahrbahn.
    Autobahnbilder.
    Nachts mit langer Belichtung aufgenommen, dass sich die Scheinwerfer zu langgezogenen Spuren verwischen. Tagsüber, wenn die Autos Stoßstange an Stoßstange stehen, drei oder vier nebeneinander auf jeder Seite. Wenn die Männer und Frauen in den Blechkabinen schwitzen und jeden Zentimeter, den sie in diesem Nirgendwo zurücklegen, verbittert erkämpfen. Bilder eines grauen Bandes, das sich einmal um die ganze Stadt herumwindet und über das jeden Tag Zehntausende von Autos das Häuser- und Straßenlabyrinth umkreisen, den Knäuel von Leitungen und Tunneln, Schildern und Mauern, Menschen und Maschinen, die sich in seinem Zentrum umschlingen.
    Bilder des Berliner Rings.
    Zwei Monate lang hat Claire daran gearbeitet - immer wieder hat sie mit Butz darüber gesprochen, dass sie vorhätte, in den Aufnahmen des Rings einen bestimmten Aspekt der Stadt einzufangen. Einen Aspekt, der das Wesen aller Bewegungen und Möglichkeiten, aller Fluchten und Triumphe, aller Eroberungen und Niederlagen - das Wesen des Biests - das Wesen der Metropole spiegeln würde.
    Sie sind über den Ring gefahren, eingebunden, eingezwängt in einen Pulk von Fahrzeugen, die sich vor, neben und hinter ihnen bewegten, ein jedes in einer anderen Geschwindigkeit, ein jedes jedem anderen eine fürchterliche Bedrohung, wenn sein Fahrer es nur wagte, das Steuer herumzureißen.
    ‚Kannst du nicht einmal das Blaulicht aufs Dach stellen‘, hat Claire ihn gebeten. ‚Nur kurz - für mich.‘ Und ihre

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