Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)
worden war. Eine Installation, die ein Maschinenkünstler für VW anlässlich eines Jubiläums aufgebaut hatte. Felix wusste davon, ein Anruf bei einer Bekannten aus der Marketing-Abteilung hatte genügt: Das Programm hatte nur abgefahren werden müssen.
Metallisch hörte Lisa seine Stimme über die Kopfhörer zu ihr dringen. Es kam ihr beinahe so vor, als wäre er ein Teil der Maschinenwelt geworden, klang seine Stimme aus dem Kopfhörer doch wie die eines der Technikwesen, die für sie getanzt hatten. Felix erklärte ihr, wie er das Wägelchen organisiert hatte, das Lisa in die hintere Halle gelockt hatte, aber sie hörte nicht auf seine Worte.
Ich will, dass du mir ganz gehörst, war es, was sie hörte - es hatte sich in ihrem Kopf festgekeilt.
„Ich habe dich damals zu Till gehen lassen, Lisa, weil ich wusste, dass du noch nicht bereit warst. Aber jetzt - jetzt bist du es. Unsere Zeit ist gekommen.“
Was?
Wieso sprach er über Till?
Sie riss sich zusammen.
„Till ist jetzt schon fast zwei Jahre fort. Willst du ewig auf ihn warten?“
Stimmte das? Wartete sie auf Till? Nein! Das war nicht der Grund, weshalb sie Enrico immer wieder abwies. Enrico war freundlich zu ihr, sie mochte ihn, aber er wäre einfach nicht der Richtige für sie.
„Was willst du von mir, Felix?“ Ihre eigene Stimme klang ungewohnt, weil sie sich auch über Kopfhörer hörte.
„Das weißt du doch.“
Plötzlich musste sie daran denken, wie er ihr ins Ohr geflüstert hatte, dass er ein Kind von ihr wollte. Er wollte nicht sie - er wollte, dass sie ein Kind von ihm bekam! Für ihn bekam! War es das? Sie spürte, wie sie wütend wurde und sich verletzt fühlte. Was für eine unerträgliche, scheußliche Geringschätzung!
„Versteh mich nicht falsch, Lisa, es ist … ich habe deinen Vater immer bewundert, und deine Mutter … Xaver und Julia sind für mich immer ein beeindruckendes Paar gewesen. Ich habe dich bei ihnen kennengelernt, als du noch ein Kind warst, habe verfolgt, wie du aufgewachsen bist. Vielleicht erinnerst du dich, wir haben uns schon unterhalten, als du noch ganz klein warst - es hat mir immer große Freude gemacht. Ich kenne dich gut, Lisa, ich traue mir zu, beurteilen zu können, was für ein Mensch du bist. Ich mag deine Entschlossenheit, deine Unerschrockenheit, deine Klugheit, ich liebe deine Herzlichkeit, deine Aufrichtigkeit. Vor allem aber traue ich niemandem so wie dir.“
Es klang offen, offener als er jemals mit ihr gesprochen hatte, aber sie schaute weg von ihm, aus dem Glascockpit hinaus in die Nacht. „Trauen wofür, Felix? Es klingt, als sollte ich etwas für dich verheimlichen.“
„Du weißt, dass ich seit einigen Jahren an etwas arbeite.“
Sie blickte reglos hinaus in die Nacht.
„Es ist etwas Großes, Lisa, etwas Großes, das Opfer erfordert.“
„Opfer?“ Jetzt blickte sie sich doch um, seine Augen waren auf sie gerichtet.
Er schien nach Worten zu suchen.
„Was für Opfer, Felix?“ Lisa wusste nicht, was sie sich darunter vorstellen sollte, aber sie wusste, dass es nicht gut klang.
„Manchmal liege ich nachts wach“, hörte sie seine Stimme aus den Kopfhörern dringen, „und es packt mich und schüttelt mich. Der Schweiß bricht mir aus und ich denke, ich muss all das, was ich aufgebaut habe, zurücklassen, bevor ich meine Arbeit werde abschließen können.“
Er ist ihrer Frage ausgewichen. „Wie soll ich dir vertrauen, Felix, wenn du mir nicht sagst, was für Opfer du forderst?“
„Es ist Quentin, du kennst ihn, nehme ich an … er ist ein … ja, eine Art Schüler von mir - vielleicht kann man es so sagen.“
Quentin? Was hatte er damit zu tun? „Das ist das Opfer? Quentin?“
„Nicht er, Lisa - aber was er tut, das fordert Opfer.“
„Was er tut? Also forderst nicht du Opfer, sondern Quentin?“ Sie sah ihn nachdenklich an.
Und zugleich war es, als würde ein warmer Strom der Erleichterung die Beklemmung auflösen, die Lisa im Griff gehabt hatte. Hatte sie Felix immer falsch eingeschätzt? Bewies er nicht, dass er mit großer Sensibilität Verantwortung übernahm, wenn er sich wegen Quentins Verhalten selbst beschuldigte?
„Ich brauche dich, Lisa, weil ich dir vertrauen kann - vertrauen darauf, dass du mir hilfst, den richtigen Weg zu finden. Den richtigen Weg, bei dem ich mein Vorhaben nicht aus den Augen verliere. Und zugleich einen Weg, bei dem ich die Selbstvorwürfe überwinden kann, die ich mir glaube machen zu müssen, die mich quälen, ob ich will
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