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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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und lässig und entspannt, und wieder hat sie – für einen kurzen Augenblick – das Gefühl, als hätte ihr das Leben oder das Schicksal oder der geflügelte Lausejunge eins vor den Solarplexus verpasst. Beim zweiten Blick sieht sie, dass er müde um die Augen ist, und als sie sich begrüßen, ist sein Kuss flüchtig, fast förmlich.
    Ja, der Flug war gut; nein, ob das Berliner Projekt vorangetrieben wird, das hängt davon ab, wer künftig im Roten Rathaus regiert. Überhaupt ist Berlin nicht wirklich interessant, Russland ist interessant, 14 Milliarden Euro sollen bis zur nächsten Fußball-Weltmeisterschaft allein in den Ausbau des Moskauer Metro-Netzes gesteckt werden. Außerdem war er am Donnerstag noch in Nowosibirsk, vielleicht sehen so die Städte der Zukunft aus … »Und du?«
    »Ach«, sagt Karen und ertappt sich dabei, dass sie sagen will, er habe ihr gefehlt. Zum Glück sind sie schon im Parkdeck, sie ist mit dem Jaguar hergekommen, aber das ist auch so eine Geschichte zwischen ihnen: Er geniert sich in ihrem kleinen Blechauto und sie sich in seinem Jaguar. Wieder einmal muss sie auf den Schlüsselchip drücken, damit die Hecklampen aufleuchten und sie das Auto wiederfindet, und plötzlich weiß sie auch, was sie ihm erzählen kann.
    »Die Geschichte mit dieser Schießerei am Hallenbad hat Kreise gezogen«, beginnt sie, »das glaubst du nicht, der Typ, der das gemacht hat, der hat auch noch einen Polizisten totgeschossen und vielleicht auch noch jemand anderen umgebracht, und zum Schluss hat es noch mal eine Schießerei gegeben, da ist er verwundet worden, und dann hat er eine Geisel genommen … Wer fährt, du oder ich?« Sie sind am Wagen angelangt, Stefan Andermatt verstaut Aktenkoffer und Reisetasche und Mantel im Kofferraum, außerdem will er gefahren werden, also setzt sich Karen hinters Steuer, stößt zurück und fährt los.
    »Ja, weiter«, sagt Stefan, »was war mit der Geisel?«
    »Ach, die Geisel!«, sagt Karen. »Die hat ihn durch die Nacht gefahren, in ein Nest irgendwo im westlichen Havelland, Crammenow, das war nicht lustig, es hatte Nebel und immer mehr Nebel, und ich dachte, der Kerl da neben mir, der brabbelt noch irgendwas, und dann stirbt er gleich … die Geisel, weißt du, die war ich.«
    »Aha«, sagt Stefan.
    Karen unterdrückt die Versuchung, das Bremspedal bis zum Anschlag durchzutreten. »Aha«. Nichts weiter. Nun gut, vielleicht ist es eine helvetische Eigenart, einfach »aha!« zu sagen.
    »Aber sonst – sonst ist alles okay«, fährt sie fort. »Die Woche ist ja schnell herumgegangen, am Donnerstag war die Geiselnahme, am Freitag haben wir den Toten aus dem Wasserloch geholt und … ach ja, das überhaupt Tollste, am Montag war ich im Theater …«
    »Entschuldige bitte«, sagt Stefan, »was für einen Toten aus welchem Wasserloch?«
    »Ach der! Der lag schon ziemlich lange darin. Und es ist auch gar kein Wasserloch, sondern ein Fließ, weißt du. Vermutlich war es ein Transvestit, den sie in einem Neubau das Treppenhaus hinuntergeworfen haben. Sagt Tamar …« Die Ampel schaltet auf Rot, und sie bremst den Jaguar ab. Plötzlich merkt sie, dass sie schlechter Laune ist. Irgendetwas muss passieren, jetzt, sofort, oder sie explodiert.
    »Das tönt alles ganz interessant«, meint Stefan. »Offenbar muss ich öfter verreisen, damit was passiert. Das wäre dann wie beim Fußball im Fernsehen, oder? Da fallen die Tore auch nur, wenn ich nicht hinschaue.«
    »Da fallen nicht nur die Tore, wenn du nicht hinschaust«, sagt Karen grimmig und kann wieder Gas geben, denn die Ampel schaltet um. »Ich sagte doch, das Tollste war am Montag … Da hast du mich ja sitzenlassen mit meinen Theaterkarten, und so bin ich eben allein dorthin, mit der einen überzähligen Karte. Aber weißt du, wer dort herumgeschlichen ist und eine einzelne Karte suchte? Weißt du es?«
    »Sag es mir.«
    »Du weißt es wirklich nicht? Ihr habt das nicht abgesprochen?«
    »Jetzt verstehe ich dich gerade nicht. Was soll ich mit wem abgesprochen haben?«
    »Dass Carsten Stukkart dort auftaucht. Das, mein Lieber, sieht mir doch sehr nach einer Absprache aus.«
    »Stukkart? Du spinnst doch, oder?«
    »Nein«, antwortet Karen kühl. »Frage doch deinen Chef am Montag einfach, wie ihm Amphitryon gefallen hat. Und …« – Sie gibt ihrer Stimme einen sanften, samtigen Ton. »… ob er auch mit dem weiteren Ablauf des Abends zufrieden war …«
    Sie wirft einen Blick zur Seite. Stefan Andermatt blickt starr

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