Berndorf 07 - Trotzkis Narr
geradeaus.
»Ich weiß ja nicht, ob und wie Männer über so etwas reden.« Sie drückt aufs Gaspedal, um noch bei Dunkelgelb über die Kreuzung zu kommen. »Erzählen sie es einander, wenn sie guten Sex gehabt haben? Oder tauschen sie sich darüber aus, wie laut eine Frau wird, wenn es ihr kommt?«
»Hör bitte auf.«
»Warum? Du hast doch wissen wollen, was in dieser Woche so alles war?« Sie lacht. »Wusstest du übrigens, dass dein Chef eine ziemlich stattliche Ganzkörperbehaarung hat? Ich kam mir vor, als hätte ich den alten Gorilla aus dem Tiergarten zwischen den Beinen …«
Wieder schaltet eine Ampel auf Rot, der Jaguar wird abgebremst, Stefan Andermatt löst den Sicherheitsgurt und steigt aus, noch ehe der Jaguar zum Halten gekommen ist. Er geht zum Kofferraum und holt Mantel, Aktenkoffer und Reisetasche heraus, aber dann steht auch Karen am Kofferraum und hält ihm den Schlüsselchip hin, »das ist dein verdammtes Auto!«
Die Ampel springt auf Grün, der Fahrer des Wagens hinter dem Jaguar drückt auf die Hupe und leuchtet mit dem Fernlicht die beiden Gestalten an, die sich vor dem aufgeklappten Kofferraum gegenüberstehen, dann dreht sich die Frau um, zeigt den hochgestreckten Mittelfinger und verschwindet in der Dunkelheit.
D u hast noch immer einen schönen Arsch«, sagt Carsten Stukkart und fährt der Staatsanwältin sachte mit der Hand über den Hintern.
»Wann begreifst du, dass Noch-immer-Komplimente absolut tödlich sind?«, fragt Dagmar Wohlfrom-Kühn. »Und lass das jetzt … Erzähl mir lieber, wie das mit der Kleinen war. Hat dir das nicht zu schaffen gemacht, so ein niedliches Geschöpf?«
»Niedlich?«, fragt Stukkart zurück. »War alles sehr appetitlich und gut anzufassen, nichts zu sagen. Aber das Vergnügen war etwas – etwas gestört, ja doch.«
»Weil sie rausgekriegt hat, dass du sie hast beschatten lassen?« Sie schlägt sich vor die Stirn. »Wie bescheuert muss ein Mann eigentlich sein, um auf so etwas zu verfallen? Nicht zu fassen … Sie hat das also schon gewusst, als sie hier raufgestiegen ist?« Ihre Hand beschreibt das französische Bett um sie herum.
»Ja, hat sie. Das heißt, raufgestiegen ist sie nicht. Sie wollte es auf dem Boden.«
»Ah ja … Und warum hat sie dir nicht einfach die Augen ausgekratzt?«
»Ich glaube, sie hat einen exhibitionistischen Zug.« Er hebt die behaarten Schultern und lässt sie wieder fallen. »Vielleicht ist sie auch ein bisschen masochistisch …«
»Eine Fortsetzung hat es nicht gegeben?«
»Nein.«
»Wirklich nicht?«
»Wirklich nicht.«
»Wenn doch, will ich das aber wissen …« Sie blickt auf ihre Armbanduhr, die sie nicht ausgezogen hat. »Mach jetzt aber mal das Fernsehen an«, sie dreht sich um und setzt sich im Bett auf, das Kopfkissen im Rücken und in die Bettdecke eingehüllt. »Regionalschau. Ich will sehen, was die aus dem Interview gemacht haben.« Stukkart nimmt die Zappe und schaltet den Wandbildfernseher ein, aber er muss herumsuchen, bis er das Regionalprogramm Berlin findet.
»Da!«, ruft die Staatsanwältin, denn auf dem Bildschirm erscheint die Aufnahme eines von hohen Bäumen überschatteten Gewässers, davor steht ein Reporter.
»… Taucher der Berliner Polizei haben gestern Nacht aus diesem Fließ im Spandauer Forst das Skelett eines Mannes geborgen, der 1992 in Berlin spurlos verschwunden ist. Der damals 38jährige Erwin K…« – auf dem Bildschirm wird das Foto eines grob geschminkten Mannes mit langen schwarzen Haaren eingeblendet, da der Mann lächelt, sieht man seine schlechten Zähne – »… der in der Berliner Szene als die Wahrsagerin Carmencita bekannt war. Die näheren Umstände deuten daraufhin, dass der 38jährige einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Besteht hier ein Zusammenhang mit dem inzwischen festgenommenen Lutz Harlass, dem mehrere Morde zur Last gelegt werden? Darüber sprach ich vor der Sendung mit der Leitenden Staatsanwältin Dagmar Wohlfrom-Kühn.«
Die Staatsanwältin betrachtet sich, wie sie auf dem Bildschirm erscheint und »Nein« sagt.
»Einen solchen Zusammenhang können wir ausschließen. Lutz Harlass ist zu jung, um mit dem Tod von Erwin K. etwas zu tun zu haben. Die weiteren Schritte hängen jetzt vom Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung ab.«
»Ist denn die Berliner Mordserie nun wirklich aufgeklärt? Und können Sie einen terroristischen Hintergrund ausschließen?«
»Haben Sie das nicht eine Nummer kleiner?«, fragt die Staatsanwältin in
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