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Berndorf, Jacques (Hrsg)

Berndorf, Jacques (Hrsg)

Titel: Berndorf, Jacques (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 2
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glücklichen Ehe. Er wollte sie mit Mosel, Speis, viel Trank und … einem Buch kitten.
    Und genau das würde er jetzt tun!
    Er zerrte die zeternde Ulrike durch die Salontür in die Küche des Sterne-Etablissements. Hier würde er Josef Kufer finden! Der stets lächelnde Bartträger würde ein paar lockere Sprüche loslassen, Ulrike in den Arm nehmen, und alles, alles wäre wieder gut. Die Kochbrigade blickte erschreckt auf, als das Gespann in ihre Welt hereinbrach.
    »Wo ist Kufer!«, brüllte Ulrich. »Bringt mir Kufer!« Er griff sich eine unschuldige Weinflasche, die dummerweise zum Ablöschen bereitgestellt worden war. Eine grüne Schlegel-Bouteille, wie sie an der Mosel seit Langem Tradition war. Noch verkorkt.
    »Lass mich los, du Monster!«, schrie Ulrike derweil und versuchte ein grobes Brotmesser zu greifen. Ein umsichtiger Koch schob es schnell außer Reichweite.
    Gleich würde Kufer erscheinen, dachte Ulrich, und seine Ulrike würde ihm dankbare Küsse geben. Vielleicht gewährte sie ihm sogar eine Liebesnacht.
    Doch der berühmte Josef Kufer, Erneuerer der Mosel-Küche, Integrierer der römischen Tradition, trat nicht vor sie. Stattdessen ein kleiner, blasser Mann mit eingedellter Kochmütze. »Wie …«, begann er stotternd, die Hände gleichsam zum Gebet gefaltet, »… darf ich Ihnen behilflich sein?«
    »Kufer!«, stieß Ulrich atemlos aus.
    »Er ist heute leider, leider nicht zugegen. Verstehen Sie. Ein Fernsehtermin. Ich kann Ihnen aber gerne eines seiner signierten Bücher überreichen. Auf Kosten des Hauses. Mit Empfehlung der Restaurantleitung!«
    Plötzlich hörte Ulrich ein metallisches Pling. Irgendwie klang es böse. Es war Ulrikes Ehering, der im brodelnden Öl der Friteuse landete.
    »Das war es«, brachte Ulrike nach Luft ringend hervor. »Ich lasse mich scheiden. Und du bekommst nichts!«
    Hinter sich hörte er ein Kichern. Es war Irene. Und plötzlich spürte Ulrich, dass alle Restaurantgäste das entwürdigende Schauspiel beobachtet hatten.
    In genau diesem Moment setzte sein logisches Denken einfach aus. Er griff in die Friteuse, um den Ring herauszufischen. 180 Grad heißes Öl verwandelte seine Hand in ein knuspriges Stück Fleisch. Der Schmerz raste durch seinen Körper, und Ulrichs Augen stülpten sich aus dem schmächtigen Kopf. Rache!, dachte er und holte mit der wohlgeformten Schlegelflasche aus, um seine Ulrike zu treffen, um ihr Vernunft mit diesem wunderbaren Moselerzeugnis einzubläuen.
    Doch sie duckte sich.
    Der kleine Koch, der mittlerweile ein signiertes Kochbuch herbeigeschafft hatte, vergaß dies dagegen. Die Glashütte hatte ganze Arbeit geleistet, denn die Weinflasche ging nicht kaputt, wohl aber der Schädel des armen Kochs.
    Es dauerte einige Zeit, bis Ulrich wieder atmete. Dann griff er sich wie in Trance das Buch und schlug es auf.
    Für Ulrike
, stand darin,
Leider konnte ich heute Abend nicht da sein. Aber dein Mann – der dich sehr liebt –, wird dir sicher einen wunderbaren Abend auf moselanische Art bereitet haben. Dein Josef Kufer
.
    Ulrich überreichte das Buch seiner Ulrike. Dann beschloss er, in Ohnmacht zu fallen. Er spürte schon nicht mehr, wie ihm seine Ulrike zum Dank einen zärtlichen Kuss auf die Stirn gab.

Der blinde Fleck
    von N ELE P EERENBOOM
    Ich öffne die Augen. Das Licht bricht sich auf seinem Weg durch den grünen Vulkansee. Der Himmel verschwimmt. Ich hole Luft und atme Wasser. Meine Lunge, meine Adern, meine Zellen füllen sich mit dem Seewasser, und ich fühle mich schwer. Schwer, so schwer, und ich sinke.
    Eine Blutspur folgt mir und färbt den jadegrünen See rot.
    Plätschern. Lasses verblichener Schatten in der Ferne. Er kehrt mir den Rücken zu und hastet zum Ufer. Seine gelben Gummistiefel hinterlassen Wellen, die nicht mehr zu mir durchdringen.
    »Nein!«, schreie ich lautlos, »verlass mich nicht! Du hast es versprochen!«
    »Peng! Peng!«, schreit Lasse.
    Ich fasse mir an die Brust, da, wo ich mein Herz vermute. Theatralisch stürze ich zu Boden. Das vorübergehend zahnlose Grinsen meines sechsjährigen Freundes schwebt über mir. Die Ketchup-Flasche gibt ein schmatzendes Geräusch von sich, als Lasse mit Präzision unser improvisiertes Kunstblut auf meinem weißen Kleid verteilt.
    »Lass das! Das gibt Flecken, und meine Mama meckert dann heute Abend!«, beschwere ich mich.
    »Oh, Entschuldigung ...«, stottert er und versucht kläglich, mit seinen kleinen Patschehändchen den Ketchup von meinem Kleid zu wischen. Seine

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