Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde
persönlich zu danken. Ich habe mir die Dokumente, die Ihr Freund beschafft hat, genau angesehen, und ich hege keinen Zweifel - es ist erstklassiges Material. Die Amerikaner werden außer sich sein vor Begei sterung, wenn sie es sehen.»
«Freut mich, das zu hören.»
Müller schlenderte an meinem Sofa vorbei zu seinem Ses sel zurück und setzte sich wieder.
«Wie zuversichtlich sind Sie, daß er auch weiterhin hoch klassiges Material beschaffen kann? »
«Sehr zuversichtlich, Herr Doktor.»
«Ausgezeichnet. Wissen Sie, das Material kommt gerade zum rechten Zeitpunkt. Die Süddeutsche Metallverwer tungsgesellschaft hat sich an das amerikanische Außenmini sterium wegen einer Aufstockung des Kapitals gewandt. Die Informationen Ihres Mannes werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Auf dem Treffen heute morgen werde ich emp fehlen, der Auswertung dieses neuen Materials hier in Wien höchste Priorität zu gewähren.»
Er nahm den Feuerhaken und stocherte ungestüm in den glimmenden Resten des Feuers. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, wie er dasselbe mit einem Menschen machte. Er starrte in die Flammen und fügte hinzu: «Da ich an dieser Sache persönliches Interesse nehme, darf ich mir wohl eine Frage erlauben, Herr Gunther.»
«Ich höre, Herr Doktor.»
«Ich muß gestehen, ich hatte gehofft, Sie davon zu über zeugen, die Führung dieses Informanten mir zu überlassen.» Ich dachte eine Minute nach. «Natürlich müßte ich ihn nach seiner Meinung fragen. Er vertraut mir. Es könnte eine Weile dauern.»
« Natürlich.»
«Und, wie ich Nebe schon sagte, er wird Geld wollen.
Einen Haufen Geld.»
«Sie können ihm sagen, daß ich alles in die Wege leiten werde. Ein Schweizer Bankkonto. Was immer er will.» «Was er sich im Augenblick am meisten wünscht, ist eine Schweizer Uhf», sagte ich. «Eine Doxas.»
«Kein Problem », grinste Müller. «Verstehen Sie jetzt, was ich über den Russen sagte? Er weiß genau, was er will. Eine hübsche Uhr.» Müller stellte den Schürhaken wieder ins Ge stell und lehnte sich zufrieden zurück. «Dann darf ich anneh men, daß Sie gegen meinen Vorschlag keine Einwände haben? Natürlich wird man Sie gut dafür honorieren, daß Sie uns einen so wichtigen Informanten zugeführt haben.»
«Da Sie es gerade erwähnen. Ich denke da an eine be stimmte Summe», sagte ich.
Müller hob die Hände und forderte mich auf, sie zu nen nen.
«Sie wissen vielleicht, daß ich vor kurzem am Kartentisch einen schweren Verlust erlitten habe. Ich verlor den größten Teil meines Geldes, etwa viertausend Schilling. Ich dachte, Sie könnten den Betrag vielleicht auf fünftausend aufrunden.»
Er spitzte die Lippen und begann bedächtig zu nicken. «Das hört sich nicht unvernünftig an. Unter den gegebenen Umständen.»
Ich lächelte. Es amüsierte mich, daß er so darum besorgt war, sich in der Org sein Fachgebiet zu bewahren, daß er bereit war, sich den Kontakt zu Belinskys Russen von mir zu erkaufen. Es war leicht zu erkennen, daß auf diese Weise Ge stapo-Müllers Reputation als Autorität in allen KGB-Ange legenheiten gesichtet werden würde. Er schlug sich abschlie ßend auf die Knie.
«Gut. Ich bin froh, daß das geregelt ist. Unsere kleine Plauderei hat mir Spaß gemacht. Nachher, nach dem Treffen, werden wir weiterreden. »
Ganz bestimmt, sagte ich zu mir selber. Nur wird das wahrscheinlich in der Stiftskaserne sein oder wo auch immer die Crowcass-Leute Müller verhören würden.
«Natürlich müssen wir noch besprechen, auf welche Weise wir mit unserer Quelle Kontakt halten werden. Arthur sagt mir, daß Sie bereits mit einem toten Briefkasten arbei ten.»
«Es ist alles schriftlich niedergelegt», sagte ich zu ihm. «Ich bin sicher, Sie werden feststellen, daß alles in Ordnung ist.» Ich warf einen Blick auf meine Uhr und sah, daß es be reits nach zehn Uhr war. Ich stand auf und zog meine Kra watte zurecht.
«Oh, keine Sorge», sagte Müller und klopfte mir auf die Schulter. Er erschien jetzt, wo er hatte, was er wollte, fast vergnügt. «Man wird auf uns warten, das versichere ich Ihnen.»
Doch fast im selben Augenblick öffnete sich die Tür der Bi bliothek und das leicht verärgerte Gesicht des Barons von Bolschwing lugte in den Raum. Er hob vielsagend den Arm mit seiner Uhr und sagte: «Herr Doktor, wir müssen jetzt wirklich anfangen.»
«Schon gut», dröhnte Müller, «wir sind fertig. Sagen Sie allen, daß sie jetzt reinkommen können.»
«Vielen Dank.»
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