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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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verzweifelt, als er versuchte, die Schmerzen zu unterdrücken, die zwei mit ziemlicher Sicherheit geplatzte Trommelfelle verur sachen. In diesem Augenblick sah ich, was er Veronika ange tan hatte. Aus ihrem Kniegelenk ragte rechtwinklig ein Kor kenzieher hervor.
    König hatte seine Waffe bereits halb aus dem Schulterhalf ter gezogen. Ich sprang auf ihn los, schlug ihn hart in die un geschützte Achselhöhle und hieb ihm mit der Handkante quer über die Oberlippe. Diese beiden Schläge reichten, um ihn kampfunfähig zu machen. Er torkelte von Veronikas Stuhl zurück, und aus seiner Nase strömte Blut. Ich brauchte ihn nicht noch einmal zu schlagen, doch jetzt, da seine Hand ihren Mund nicht mehr zuhielt, trieben mich ihre lauten qualvollen Schmerzenschreie dazu, ihm einen dritten, gemei neren Schlag mit dem Unterarm zu versetzen, der direkt auf seinem Brustbein landete. Er war bewußtlos, bevor er zu Bo den fiel. Der Hund hörte auf der Stelle mit seinem wütenden Gebell auf und versuchte, ihn durch Lecken mit der Zunge wieder zum Leben zu erwecken.
    Ich hob Königs Revolver auf, schob ihn in die Hosentasche und begann in aller Eile, Veronika loszubinden.
    «Es ist alles gut», sagte ich. «Wir kommen hier raus. Be linsky und die Polizei werden jede Minute dasein.»
    Ich versuchte, nicht auf die Schweinerei zu blicken, die sie mit ihrem Knie angestellt hatten. Sie stöhnte mitleiderregend, als ich das letzte Stück Seil von ihren blutbefleckten Beinen löste. Ihre Haut war kalt, sie zitterte am ganzen Kör per und stand sichtlich unter Schock. Aber als ich meine Jacke auszog und sie ihr um die Schultern legte, ergriff sie krampfhaft meine Hand und sagte mit zusammengebissenen Zähnen: «Zieh's raus, um Gottes willen, zieh das Ding aus meinem Knie.»
    Immer mit einem Auge zur Kellertreppe spähend, für den Fall, daß einer von Nebes Männern aufkreuzte, der mich mittlerweile suchte, weil ich längst hätte oben sein müssen, kniete ich vor ihr und betrachtete die Wunde und den Gegen stand, der sie verursacht hatte. Es war ein gewöhnlicher Kor kenzieher mit einem Holzgriff, jetzt blutverschmiert. Das scharfe Ende hatte man einige Millimeter seitlich in ihr Knie gelenk gebohrt, und es schien keine Möglichkeit zu geben, das Ding zu entfernen, ohne ihr noch einmal dieselben Schmerzen zuzufügen. Bei der kleinsten Berührung des Griffs schrie sie auf.
    «Bitte, zieh's raus >', sagte sie, als spürte sie meine Unent schlossenheit.
    «In Ordnung», sagte ich, «aber halt dich an deinem Stuhl fest. Es wird weh tun.» Ich zog den anderen Stuhl dicht ge nug heran, um zu verhindern, daß sie mir in die Leiste trat, und setzte mich hin. «Fertig?» Sie schloß die Augen und nickte.
    Bei der ersten Drehung im umgekehrten Uhrzeigersinn färbte sich ihr Gesicht ein wenig rot. Dann schrie sie sich die Lunge aus dem Hals. Aber bei der zweiten Drehung wurde sie glücklicherweise ohnmächtig. Ich betrachtete für eine Se kunde den Korkenzieher in meiner Hand und schleuderte ihn dann auf den Mann, dem ich auf die Ohren geschlagen hatte. Er lag in der Ecke, stöhnte und atmete schwer. Veronikas Folterer schien in schlechtem Zustand zu sein. Es war ein brutaler Schlag gewesen, und obwohl ich ihn noch nie angewendet hatte, wußte ich von meiner Armeeausbildung, daß er manchmal sogar eine tödliche Hirnblutung hervorrufen konnte.
    Veronikas Knie blutete heftig. Ich blickte mich nach einem Stück Stoff um, mit dem ich ihre Wunde verbinden konnte, und beschloß, das Hemd des Mannes dazu zu benutzen, den ich betäubt hatte. Ich ging zu ihm hinüber und riß es ihm vom Rücken.
    Nachdem ich das Hemd gefaltet hatte, preßte ich es kräftig gegen das Knie und benutzte die Ärmel, um es fest zusam menzubinden. Als der Verband fertig war, sah er wie ein or dentliches Beispiel für Erste Hilfe aus. Aber inzwischen war ihr Atem schwach geworden, und ich hatte keinen Zweifel, daß eine Bahre notwendig sein würde, um sie hier rauszu bringen.
    Zu diesem Zeitpunkt waren fast fünfzehn Minuten verstri chen, seit ich Belinksy das Zeichen gegeben hatte, und noch war nicht zu hören, daß bisher irgend etwas passiert war. Wie lange konnten seine Männer brauchen, um einzudrin gen? Ich hatte nicht mal einen Ruf gehört, der darauf hin deutete, daß sie vielleicht auf Widerstand gestoßen waren. Solange Leute wie der Lette in der Nähe waren, war kaum anzunehmen, daß man Nebe und Müller kampflos würde festnehmen können.
    König stöhnte und bewegte

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