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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Die Stimme des Barons verriet, daß er ge reizt war.

    «Treffen, Sitzungen», fauchte Müller. «Eine nach der an deren in dieser Organisation. Diese Marter nimmt kein Ende. Als wischte man sich den Arsch mit einem Autoreifen ab. Es ist, als wäre Himmler noch am Leben.»
    Ich lächelte. «Das erinnert mich daran, daß ich noch mal wohin muK»
    «Bloß den Flur entlang», sagte er.
    Ich ging zur Tür und entschuldigte mich zuerst beim Baron und dann bei Arthur Nebe, als ich mich an den Männern vorbeidrängte, die in die Bibliothek kamen. Sie waren in der Tat alte Kameraden. Männer mit harten Augen, schwammi gem Lächeln, wohlgenährten Bäuchen und einer gewissen Arroganz, als habe keiner von ihnen je einen Krieg verloren oder etwas getan, dessen er sich in irgendeiner Weise schä men müßte. Das war das kollektive Gesicht des neuen Deutschland, von dem Müller geschwafelt hatte. Aber von König war immer noch nichts zu sehen.
    In der sauer riechenden Toilette verriegelte ich sorgfältig die Tür, sah auf meine Uhr, stellte mich ans Fenster und ver suchte die Straße hinter den Bäumen seitlich des Hauses aus zumachen. Da der Wind die Blätter bewegte, war es schwie rig, etwas deutlich zu erkennen, doch glaubte ich in der Ferne gerade noch den Kotflügel eines großen, grauen Wagens er kennen zu können.
    Ich griff nach der Kordel des Springrollos, und in der Hoffnung, daß das Ding ein wenig fester an der Wand befe stigt war als das Rollo in meinem Badezimmer in Berlin, zog ich ihn vorsichtig fünf Sekunden lang herunter und ließ ihn dann weitere fünf Sekunden wieder hochschnellen. Nach dem ich das, wie verabredet, dreimal gemacht hatte, wartete ich auf Belinskys Signal und fühlte mich sehr erleichtert, als ich aus weiter Ferne drei Huptöne eines Autos hörte. Dann betätigte ich die Spülung und öffnete die Tür ... Auf dem Flur, der zur Bibliothek führte, sah ich auf halbem Weg Königs Hund. Er stand mitten im Flur, schnüffelte in der

    Luft und schien mich wiederzuerkenen. Dann drehte er sich um und trottete die Treppe hinunter. Ich konnte mir keine bessere Methode denken, als mich von seinem Kläffer führen zu lassen. Also folgte ich ihm.
    Vor einer Tür im Erdgeschoß blieb der Hund stehen und winselte leise. Sobald ich sie öffnete, lief er wieder weiter und hüpfte durch einen weiteren Flur, der zum hinteren Teil des Hauses führte. Er blieb abermals stehen und stellte sich so an, als versuche er, sich unter einer weiteren Tür durchzu buddeln, die in den Keller zu führen schien. Ich zögerte ein paar Sekunden, sie zu öffnen, als der Hund jedoch bellte, schien es mir klüger, ihn durchzulassen als zu riskieren, daß sein Gebell König herbeilockte. Ich drehte den Griff, drückte dagegen, und als die Tür sich nicht rührte, zog ich daran. Sie öffnete sich mit einem sehr leisen Knarren, das zum größten Teil von einem Geräusch übertönt wurde, das sich zuerst so anhörte, als miaute irgendwo unten im Keller eine Katze. Kühle Luft schlug gegen mein Gesicht, und als mir mit Ent setzen aufging, daß es keine Katze war, spürte ich, daß ich unwillkürlich zitterte. Dann bog der Hund um den Türrah men und verschwand auf einer rohen Holztreppe nach un ten. Noch bevor ich auf Zehenspitzen den Fuß der Treppe er reicht hatte, wo ein großes Weinregal mich vor der sofortigen Entdeckung schützte, hatte ich die qualvolle Stimme als die von Veronika erkannt. Die Szene bedurfte keiner Erklärung. Sie saß auf einem Stuhl, nackt bis zur Hälfte, das Gesicht to tenbleich. Ein Mann saß direkt vor ihr; seine Hemdsärmel waren aufgekrempelt, und er folterte ihr Knie mit irgend einem blutbefleckten Metallgegenstand. König stand hinter ihr, hielt den Stuhl fest und erstickte ihre Schreie in regelmä ßigen Abständen mit einem Fetzen Stoff.
    Ich hatte keine Zeit, mir Sorgen darüber zu machen, daß ich keine Waffe hatte, und es war ein Glück, daß König momen tan durch das Auftauchen seines Hundes abgelenkt war.

    «Lingo», sagte er, auf den Köter niederblickend, «wie bist du hier heruntergekommen? Ich dachte, ich hätte dich aus gesperrt.» Er bückte sich, um den Hund hochzuheben, und im selben Augenblick trat ich entschlossen hinter dem Wein regal hervor und rannte vorwärts.
    Der Mann auf dem Stuhl hockte noch auf seinem Sitz, als ich ihm, so hart ich konnte, meine hohlen Handflächen auf beide Ohren knallte. Er schrie auf, fiel zu Boden, beide Hände auf seine Ohren gepreßt und wand sich

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