Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde
habe ein paar gute Nachrichten. Ich habe end lich mit König gesprochen.»
Ihr Gesicht erhellte sich vor Erregung. «Wirklich? Wann?
Wo?»
«Heute morgen», sagte ich. «Im Amalienbad.» «Was sagte er? »
«Er bot mir an, daß ich für ihn arbeite. Ich glaube, das wäre vielleicht keine schlechte Idee, dicht genug an ihn ran zukommen, um irgendeinen Beweis zu finden.»
«Könnten Sie nicht einfach der Polizei sagen, wo er ist, da mit sie ihn verhaften kann? »
«Mit welcher Begründung?» sagte ich achselzuckend. «Was die Polizei angeht, die hat ihren Mann bereits tod sicher. Außerdem, selbst wenn ich sie dazu überreden könnte, ihn zu greifen, wäre König nicht so leicht einzusacken. Die Amerikaner können nicht in den russischen Sektor gehen und ihn verhaften, selbst wenn sie's wollten. Nein, Emils be ste Chance ist, daß ich so rasch wie möglich Königs Ver trauen gewinne. Und das ist der Grund, warum ich sein An gebot abgelehnt habe.»
Traudl biß sich vor Ärger auf die Lippe. «Aber warum?
Ich verstehe das nicht! »
«Ich muß sicherstellen, daß König glaubt, ich wolle nicht für ihn arbeiten. Die Art, wie ich seine Freundin kennenge lernt habe, hat ihn ein bißehen mißtrauisch gemacht. Ich werde also folgendes tun: Ich möchte, daß Sie mir ein biß ehen Geld geben, damit ich es morgen abend verspielen kann. Genug, damit es so aussieht, als sei ich blank. Dann hätte ich Grund, mir Königs Angebot noch mal zu überle gen.»
«Das fällt unter notwendige Unkosten, wie? » «Leider ja.»
«Wieviel ? »
«Dreitausend oder viertausend Schilling sollten genügen.»
Sie dachte eine Minute nach, und dann erschien der Kell ner mit einer Flasche Riesling. Nachdem er unsere Gläser ge füllt hatte, nippte Traudl an ihrem Wein und sagte: «Also gut. Aber nur unter einer Bedingung: daß ich dabei bin und aufpasse, wie Sie's verlieren.»
Der energische Zug um ihr Kinn sagte mir, daß sie ziem lich entschlossen war.
«Ich nehme nicht an, daß es viel nützen würde, wenn ich Sie daran erinnere, daß es gefährlich werden könnte. Es ist nicht so, daß Sie mich begleiten können. Ich kann es mir nicht leisten, mit Ihnen gesehen zu werden, denn es könnte Sie jemand als EmiIs Mädchen, erkennen. Wenn das hier nicht so ein verschwiegener Ort wäre, hätte ich darauf be standen, daß wir uns in Ihrer Wohnung treffen.»
«Machen Sie sich um mich keine Sorgen», sagte sie fest. «Ich werde durch Sie durchgucken wie durch eine Glas scheibe.»
Ich begann wieder zu sprechen, aber sie legte die Hände über ihre kleinen Ohren.
«Nein, ich will nichts mehr hören. Ich komme, und das ist endgültig. Sie sind ein Spinner, wenn Sie denken, daß ich so einfach viertausend Schilling rausrücke, ohne aufzupassen, was damit passiert.»
«Sie haben ein Motiv», sagte ich und starrte einen Augen blick auf die flüssige Scheibe des Weins in meinem Glas, und sagte dann: «Sie lieben ihn sehr, nicht wahr? »
Traudl schluckte schwer und nickte heftig. Nach einer kur zen Pause fügte sie hinzu: « Und ich bin schwanger von ihm.» Ich seufzte und versuchte, mir etwas Ermutigendes auszu denken, das ich ihr sagen konnte.
«Hören Sie», murmelte ich, «machen Sie sich keine Sor gen. Wir werden ihn aus diesem Schlamassel rausholen. Es gibt keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen. Kommen Sie, seien Sie nicht niedergeschlagen. Alles wird gutgehen, für Sie und das Baby, ich bin sicher.» Eine ziemlich unzulängliche
Predigt, dachte ich, und dazu noch eine, von der ich nicht wirklich überzeugt war.
Traudl schüttelte den Kopf und lächelte. «Es geht mir gut, wirklich. Ich habe nur gerade daran gedacht, als ich das letzte Mal mit Emil hier war und ich ihm sagte, ich sei schwanger. Wir kamen früher oft her. Ich hatte nie vor, mich in ihn zu verlieben, wissen Sie.»
«Das hat nie jemand vor.» Ich bemerkte, daß meine Hand auf der ihren lag. «Es passiert ganz einfach. Wie ein Auto unfall.» Aber wenn ich in ihr elfenhaftes Gesicht blickte, war ich nicht sicher, ob ich mit dem, was ich sagte, einverstanden war. Ihre Schönheit war nicht von der Art, die am Morgen als Schminke auf dem Kopfkissenbezug zurückbleibt, son dern sie konnte einen Mann stolz machen, daß sein Kind eine solche Mutter hatte. Mir wurde klar, wie sehr ich Becker um diese Frau beneidete, wie gern ich mich selbst, hätte sie mei nen Weg gekreuzt, in sie verliebt hätte. Ich ließ ihre Hand los und zündete mir rasch eine Zigarette an, um mich hinter
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