Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde
ein bißchen Rauch zu verstecken.
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Der nächste Abend brachte eine scharfe Kälte mit einem Hauch von Schnee, obwohl nach dem Kalender etwas weni ger Unfreundliches zu erwarten war, und ich beeilte mich, in den warmen, schlüpfrigen Mief des Casino Orienta! zu ge langen, die Taschen mit Bündeln von Emil Beckers leichtver dientem Geld vollgestopft.
Ich kaufte eine beträchtliche Menge der höchsten Chips und schlenderte zur Bar, um darauf zu warten, daß Latte an einem der Kartentische erschien. Nachdem ich einen Drink bestellt hatte, hatte ich alle Hände voll zu tun, die Zuhälter und Nutten wegzuscheuchen, die mich umschwirrten, scharf
darauf, mir und meiner Brieftasche Gesellschaft zu leisten, was mir eine deutlichere Vorstellung davon vermittelte, wie es im Hochsommer einem Pferdehintern zumute sein mußte. Es war zehn Uhr, als Lotte an einem der Tische auftauchte, und meine Begrüßung war entsprechend apathisch. Um den Schein zu wahren, wartete ich noch einige Minuten, bevor ich meinen Drink zu Lottes mit grünem Filz bezogenen Tisch trug und ihr direkt gegenüber Platz nahm. Sie beäugte den Haufen Chips, den ich säuberlich vor mir aufgestapelt hatte, und schürzte ebenso säuberlich ihre Lippen.
«Ich habe Sie nicht für einen Blödian gehalten», sagte sie und meinte einen Spieler. «Ich dachte, Sie hätten mehr Grips.»
«Vielleicht bringen Ihre Finger mir Glück», sagte ich strahlend.
«Ich würde nicht darauf wetten.»
«Ja, gut, ich werd's mir bestimmt merken.»
Ich verstehe wenig vom Kartenspielen. Ich hätte nicht ein mal den Namen des Spiels nennen können, das ich spielte. Ich war also einigermaßen überrascht, als ich nach zwanzig Mi nuten feststellen mußte, daß ich meinen anfänglichen Vorrat an Chips beinahe verdoppelt hatte. Die Logik erschien mir pervers, daß der Versuch, Geld zu verlieren, genauso schwie rig sein sollte wie der Versuch, Geld zu gewinnen.
Lotte nahm ein neues Kartenspiel, und ich gewann aber mals. Als ich vom Tisch aufblickte, bemerkte ich, daß Traudl mir gegenübersaß und mit ihrem kleinen Häufchen Chips sparsam umging. Ich hatte sie nicht in den Club kommen se hen, aber inzwischen herrschte hier ein solcher Wirbel, daß mir Rita Hayworth nicht aufgefallen wäre. «Schätze, das ist mein Glückstag», bemerkte ich, als spräche ich mit mir sel ber, während mir Lotte meinen Gewinn herüberschob.
Traudl lächelte bloß höflich, als sei ich ihr fremd, und schickte sich an, ihren nächsten bescheidenen Einsatz zu ma chen.
Ich bestellte einen weiteren Drink, konzentrierte mich und versuchte, ein echter Verlierer zu sein, nahm eine Karte, wenn ich mich hätte bedeckt halten müssen, setzte, wenn ich hätte passen müssen, kurz, ich versuchte, dem Glück bei je der sich bietenden Gelegenheit auszuweichen. Hin und wie der versuchte ich, vernünftig zu spielen, damit das, was ich trieb, weniger auffiel. Aber nach weiteren vierzig Minuten war es mir gelungen, sowohl alles zu verlieren, was ich ge wonnen hatte, als auch die Hälfte meines ursprünglichen Ka pitals. Als Traudl den Tisch verließ, nachdem sie gesehen hatte, daß ich genug vom Geld ihres Freundes verloren und es zu dem angegebenen Zweck verwendet hatte, trank ich mein Glas aus und seufzte verärgert. «Sieht so aus, als wär's mitnichten mein Glückstag», sagte ich grimmig.
«Die Art, wie Sie spielen, hat mit Glück nichts zu tun», murmelte Lotte. «Ich kann nur hoffen, daß Sie sich bei dem russischen Hauptmann geschickter angestellt haben.»
«Oh, machen Sie sich um den keine Sorgen, er hat Sie schon vergessen. Sie werden keine Probleme mehr haben.» «Freut mich, das zu hören.»
Ich setzte meinen letzten Chip, verlor ihn, stand vom Tisch auf und sagte, daß ich eigentlich ganz dankbar sei, daß Kö nig mir eine Arbeit angeboten habe. Reuig lächelnd ging ich zurück zur Bar, bestellte einen Drink und sah eine Weile einem barbusigen Mädchen zu, das auf der Tanzfläche zu den blechernen, ruckenden Klängen der Jazzband die Par odie eines lateinamerikanischen Steptanzes zum besten gab.
Ich sah nicht, wie Latte den Tisch verließ, um einen Anruf zu machen, aber nach einer Weile stieg König die Treppe zum Club hinunter. Er wurde von einem kleinen Terrier und einem größeren, vornehmer aussehenden Mann begleitet, der ein Jackett ohne Aufschläge und eine Club-Krawatte trug. Der zweite Mann verschwand durch einen Perlenvor hang an der Rückseite des Clubs, während König durch Ge bärden
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