Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde
Sie meinen Rat hören, dann geben Sie dem Iwan einfach, was er will, und bezahlen Sie sofort. Zweihundert. Das ist nicht zuviel Kohle, um einen Namen aus einer Akte verschwinden zu las sen. Und wenn der Iwan beschließt, einen Rüden von einer Hündin fernzuhalten, ist es das beste, die Rechnung ohne Widerrede zu begleichen.»
König lächelte und nickte. «Vielleicht haben Sie recht», sagte er. «Aber wissen Sie, mir ist der Gedanke gekommen, daß Sie und dieser Iwan unter einer Decke stecken könnten. Das wäre immerhin eine ganz hübsche Methode, zu Geld zu kommen, wie? Der Russe setzt unschuldige Leute unter Druck, und Sie bieten sich als Vermittler an.» Er nickte wei terhin, als er die Scharfsinnigkeit seiner Theorie abschätzte. «Ja, es könnte für jemanden, der den richtigen Hintergrund hat, sehr gewinnbringend sein.»
«Nur so weiter», lachte ich. «Vielleicht können Sie ja aus einem Ei einen Ochsen ausbrüten.»
«Sie werden doch gewiß zugeben, daß das möglich ist.»
« In Wien ist alles möglich. Aber wenn Sie glauben, daß ich versuche, Sie wegen lausiger zweihundert Piepen zu beschei ßen, ist das Ihre Sache. Es ist Ihrer Aufmerksamkeit vielleicht entgangen, König, aber es war Ihre Freundin, die mich bat, sie nach Hause zu bringen, und daß Sie es waren, der mich um dieses Treffen bat. Ehrlich, ich habe Wichtigeres zu erle digen.»
Ich stand auf und tat so, als wolle ich gehen.
«Bitte, Herr Gunther», sagte er, «nehmen Sie meine Ent schuldigung an. Vielleicht ist meine Phantasie mit mir durch gegangen. Jedoch ich muß bekennen, daß die ganze Sache mich neugierig gemacht hat. Und selbst in den ruhigsten Zei ten bliebe ich mißtrauisch im Hinblick auf viele Dinge, die heutzutage passieren.»
«Nun, das klingt wie ein Rezept für ein langes Leben», sagte ich und setzte mich wieder.
«Auf dem speziellen Gebiet, auf dem ich arbeite, zahlt es sich aus, ein wenig skeptisch zu sein.»
«Welches Gebiet ist das? »
«Früher war ich in der Anzeigenbranche. Aber das ist ein ekelhaftes, nicht profitables Geschäft, voll von kleinen Gei stern ohne wirkliche Visionen. Ich löste die Firma auf, die ich besaß, und verlegte mich auf die Konjunkturforschung. Der Fluß genauer Information ist auf allen Betätigungsfeldern der Wirtschaft unerläßlich. Aber man muß das mit einem gewissen Grad an Vorsicht handhaben. Die, die gut infor miert sein wollen, müssen sich zuerst mit Zweifeln wappnen. Zweifel führt zu Fragen, und Fragen verlangen nach Ant wort. Diese Dinge sind von entscheidender Bedeutung für das Wachstum jedes neuen Unternehmens. Und neue Unter nehmen sind wichtig für das Wachstum eines neuen Deutsch land.» - «Sie hören sich an wie ein Politiker.»
«Politik.» Er lächelte müde, als sei ihm das Thema zu al bern, um darüber nachzudenken. «Nichts als eine Episode am Rande des Hauptereignisses.»
« Und das wäre? »
«Der Kommunismus gegen die freie Welt. Der Kapitalis mus ist unsere einzige Hoffnung, gegen die Tyrannei der So wjets Widerstand zu leisten, ist das nicht auch Ihre Mei nung?»
«Ich bin kein Freund der Iwans», sagte ich, «aber der Ka pitalismus ist auch nicht gerade ohne MängeL»
Doch König hörte kaum zu. «Wir haben den falschen Krieg geführt», sagte er, «gegen den falschen Feind ge kämpft. Wir hätten gegen die Sowjets kämpfen müssen, und nur gegen die Sowjets. Die Amis wissen das. Sie wissen um den Fehler, den sie gemacht haben, als sie den Russen in Ost europa freie Hand ließen. Und sie werden nicht zulassen, daß Deutschland oder Österreich denselben Weg geht.»
Ich dehnte meine Muskeln in der Hitze und gähnte gelang weilt. König fing an, mir auf die Nerven zu gehen.
«Wissen Sie», sagte er, «meine Gesellschaft könnte einen Mann mit Ihren speziellen Fähigkeiten brauchen. Einen Mann mit Ihrem Hintergrund. Welche Abteilung der SS war es denn, der Sie angehörten?» Die Überraschung bemer kend, die er auf meinem Gesicht gelesen haben mußte, fügte er hinzu: «Die Narbe unter Ihrem Arm. Zweifellos waren Sie schlau genug, Ihre SS-Tätowierung zu entfernen, bevor sie von den Russen gefangengenommen wurden.» Er hob seinen eigenen Arm, und in seiner Achselhöhle kam eine fast identi sche Narbe zum Vorschein.
« Ich war beim Militärischen Geheimdienst - bei der Ab wehr -, als der Krieg endete», erklärte ich, «nicht in der SS. Das war viel früher.»
Aber mit der Narbe hatte er recht. Sie war das Ergebnis einer auslöschenden und
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