Bernie und Chet
ein Juwel.
Sie saßen am Küchentisch, ich lag in der Ecke bei meinen Näpfen. »S ie … äh … trinken doch Wein, ja? Oder nicht?«
»I ch liebe Wein«, sagte Suzie.
»R ot oder weiß?«
»R ot, bitte.«
»H ey, ich auch.«
Mach langsam mit dem Wein, Bernie. Das war mein erster Gedanke – ich hatte in diesem Zusammenhang schon einiges schiefgehen sehen.
Bernie goss ein. »E r ist aus Argentinien«, sagte er.
»D a wollte ich schon immer mal hin.«
»J a? Ich auch.«
Falls er vorhatte, weiter nur ich auch zu sagen, hatten wir eine lange Nacht vor uns. Ich entdeckte einen dicken Fettrand an meinem Steak und machte mich als Erstes darüber her.
»H mm, köstlich«, sagte Suzie.
»S chmeckt Ihnen der Wein?«
»S ehr.«
»O h, gut. Fantastisch. Mir schmeckt er auch. Schöner Rotton. Und der Geschmack – nicht zu – wie sagt man? – aber gleichzeitig …« Seine Stimme verlor sich. Bernie war oft, vielleicht sogar immer, der klügste Mensch weit und breit. Heute Abend war das anders.
Sie stießen an. Das gefiel mir, das Anstoßen mit Gläsern, der Anblick und der Klang, aber vor allem, dass die Gläser dabei nicht kaputtgingen. Wie machten sie das bloß? Meine Abenteuer mit Glas gingen immer anders aus.
Ihre Füße unter dem Tisch waren nicht weit voneinander entfernt. Bernie trug Flip-Flops. Er hatte kräftige, große Füße; wenn man sein Leben auf zwei Füßen verbringen musste, würden einem seine gute Dienste leisten. Suzie trug Sandalen; ihre Füße sahen auch kräftig aus, aber dünner und sehr viel kleiner. Ihre Zehennägel waren mit einer dunklen Farbe angemalt, und an einem Zeh steckte ein silberner Ring. Suzie war interessant, keine Frage. Ich bekam Lust, unter den Tisch zu kriechen und ihr kurz die Zehen zu lecken. Ich widerstand. Sie war unser Gast.
»G ibt ’ s irgendwelche Fortschritte in Ihrem Fall?«, fragte sie. »D as vermisste Mädchen?«
Bernie stellte sein Glas auf den Tisch. Er beugte sich nach vorne, machte den Rücken steif; die Haltung angespannter Bernie. »K urze Antwort oder lange?«
»B eides«, sagte Suzie.
Bernies Rücken, immer noch gerade, entspannte sich ein bisschen. Er war noch nicht wieder der lockere Bernie, aber auf dem Weg dahin.
»K eine Fortschritte – das ist die kurze Antwort«, sagte er. »M öglicherweise bewegen wir uns sogar rückwärts.«
»A ber ist das nicht genau das, was Sie tun? Sich rückwärts bewegen?«, fragte Suzie. Ich konnte ihr nicht folgen.
Bernie dagegen schon. Er warf ihr einen Blick von der Seite zu und sagte: »J a.« Dann ging er zur Küchentheke, nahm den braunen Umschlag, holte das Messer heraus und legte es vor Suzie auf den Tisch.
»W as ist das?«
»U nser einziger handfester Anhaltspunkt«, sagte Bernie. »J emand ist damit auf Chet losgegangen. Der Angreifer fuhr ein blaues Auto. An dem Abend, an dem Madison so spät nach Hause gekommen ist, wurde sie von einem blonden Mann in einem blauen BMW belästigt.«
»U nd?«
Bernie nippte an seinem Wein, genauer gesagt, kippte er ihn runter. »E rste Möglichkeit: Der blonde Mann hat es noch einmal probiert, dieses Mal mit Erfolg. Zweite Möglichkeit: Sie ist ihm erneut entkommen und jetzt auf der Flucht vor ihm.«
»W arum würde sie dann nicht einfach nach Hause kommen? Oder zur Polizei gehen?«
»M anchmal setzen die Familienverhältnisse, um die es in diesem Fall nicht besonders gut bestellt ist, die Logik außer Kraft. Aber das andere Problem bei Möglichkeit zwei ist der Angriff auf Chet. Falls Madison auf der Flucht war, hätte niemand einen Grund gehabt, uns zu verfolgen.«
»M an hat Sie verfolgt?«
»V ielleicht sollte es eine Warnung sein – oder vielleicht war er hinter mir her. Wie auch immer, jedenfalls sieht es so aus, als hätte irgendjemand Madison in seiner Gewalt und will nicht, dass man sie findet. Und das läuft wiederum auf eine Entführung gegen Lösegeld hinaus, nur dass bis jetzt niemand Lösegeld gefordert hat.«
Suzie deutete auf das Messer, ohne es zu berühren. »W as haben Sie über das Messer herausgefunden?«
»R ussischer Herkunft, das ist alles. Unser Messerspezialist überprüft gerade die Seriennummer, aber es ist nicht so wie bei Pistolen – man braucht für ein Messer keinen Waffenschein.«
Suzie nahm einen Bissen von dem, was sie sich aus dem Kühlschrank gepickt hatte, irgendetwas Braunes und Schwammartiges. »M mh«, sagte sie. Man musste Suzie einfach mögen. Sie trank einen Schluck Wein und sagte: »S ind Madisons
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