Bernie und Chet
Tisch saßen, der mit Messern aus Otis ’ Sammlung bedeckt war. Bernie griff nach einem und verglich es mit dem aus dem Gully.
»S ieht genauso aus wie das hier.«
Otis sah zu ihm rüber. In seinem Bart hing irgendetwas, vielleicht ein Stück Spiegelei. Ich hätte es gerne gehabt, Spiegelei gehörte zu meinen Leibspeisen. »A usgezeichnet, Bernie«, sagte er. »E s besteht eine gewisse Ähnlichkeit, was im Grunde aber keine Überraschung ist. Schmiedemeister aus Solingen siedelten sich vor Jahrhunderten in Zlatoust an. Klar, in der Gegend wird ja überall Eisenerzabbau betrieben.«
»W ovon redest du?«, fragte Bernie.
»I ch will nur sagen, dass mein Messer aus Deutschland stammt und deines nicht.«
»N ein?«
»A ber es ist von der deutschen Schmiedekunst beeinflusst – dass du das erkannt hast, ist wirklich erstaunlich.«
»R einer Zufall«, sagte Bernie. »U nd woher stammt mein Messer?«
»W ie gesagt«, erwiderte Otis. »A us Zlatoust. Es ist praktisch ein Zwilling von dem hier.« Otis stand auf, ging um den Tisch und nahm ein anderes Messer. »D as Korsar – sehr hübsch, habe es erst letzte Woche bekommen. Sieht ziemlich gefährlich aus – wie scharf es wohl ist?« Otis rollte seinen Ärmel hoch, zog das Messer über seinen Arm und rasierte ein paar Haare ab. »D eins dagegen – genauso scharf, derselbe Stahl, nämlich 40 X 10 C 2 M – ist kein Korsar. Die Hohlkehle ist viel tiefer, siehst du?«
»D iese Einkerbung hier?«
»G enau. Dadurch wird die Klinge stabiler. Ein schön gearbeitetes Stück, Bernie, so eines hab ich bis jetzt noch nicht gesehen – danke, dass du es hergebracht hast. Streck mal deinen Arm aus.«
»L ieber nicht«, sagte Bernie. »W o liegt Zlatoust?«
»U nweit der Eisenerzminen, habe ich das nicht schon gesagt?«
»W elche Eisenerzminen?«
»I m Ural natürlich.«
»R ussland?«
»G ibt es noch einen anderen Ural?«, fragte Otis. Er lachte. Ich fand Otis ’ Lachen toll. Es hörte sich wie ein lautes Wiehern an und endete erst, wenn er anfing zu husten und sich auf die Brust schlug. »G ibt es in deinem Fall irgendwelche Verbindungen zu Russland?«, fragte er, nachdem er sich ausgiebig auf die Brust geklopft und ein Glas Wasser getrunken hatte.
Bernie schüttelte kurz den Kopf. »N icht, dass ich wüsste. Es gibt da allerdings eine Russin namens Ms Larapowa.«
»W er ist das?«
»E ine Empfangsdame, vielleicht auch eine echte Immobilienmaklerin«, sagte Bernie. »S ie sieht aus wie eine von diesen russischen Tennisspielerinnen.«
Otis strich sich über den Bart. Ich hoffte, dass das Spiegeleistückchen runterfallen würde, aber es rührte sich nicht vom Fleck. »M einst du, sie interessiert sich für den Bürgerkrieg?«, fragte Otis. »I ch könnte ein paar Frauen gebrauchen – wir stellen am nächsten Wochenende den gesamten Chattanooga-Chickamauga-Feldzug nach.«
»I ch werde sie fragen«, sagte Bernie.
»I ch könnte ein paar Frauen gebrauchen«, wiederholte Otis, dieses Mal mit einem zärtlichen, geistesabwesenden Ausdruck im Gesicht.
Neben mir schnarchte General Beauregard. Ohne Vorwarnung wurden plötzlich auch meine Augenlider schwer. Ich schnaufte einmal tief durch und ließ sie zufallen, und schon war ich im Traumland, ein Traumland, in dem der General und ich allen möglichen Tieren hinterherjagten, kleinen und großen, und allen einen Mordsschreck einjagten, bis …
»C het? Wach auf, Schlafmütze! Wir müssen los.«
Ich sprang auf, streckte mich, schüttelte mich und folgte Bernie zur Tür. General Beauregard öffnete seine Augen nicht, aber sein Schwanz klopfte einmal sachte auf den Boden. Der Spaß, den wir beide mit dem armen Kojoten gehabt hatten – das war unser kleines Geheimnis.
Kapitel 17
Ich hielt ein wunderbares Nickerchen im Auto; vielleicht ein bisschen unbequem, weil ich den Kopf durch den Spalt zwischen den Sitzen gesteckt hatte, aber das sanfte Schaukeln und das Brummen des Motors ließen mich schnell wegdösen. Als ich erfrischt und voller Tatendrang wieder aufwachte, bogen wir gerade auf das Gelände von Pinnacle Peak Homes an den Puma Wells ein; fragen Sie mich nicht, warum. Wir parkten vor dem Musterhaus und stiegen aus, Bernie hatte einen großen braunen Umschlag mit dem Messer dabei.
Wir gingen hinein und standen wieder in dem Raum mit dem Fliesenboden, der sich unter meinen Pfoten so angenehm kühl anfühlte, und dem Springbrunnen, in dem jetzt kein Wasser mehr plätscherte. Am liebsten wäre ich sofort
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