Bernie und Chet
kurzen peinlichen Moment, als Suzie und ich beide den Kopilotensitz ansteuerten.
Suzie lachte und sagte: »I ch geh nach hinten.«
In dem alten Porsche gab es hinten keinen richtigen Sitz, man konnte da einfach nicht bequem sitzen. Vielleicht hatte ich ein klitzekleines bisschen ein schlechtes Gewissen, aber letzten Endes – wer war hier der Kopilot?
Bernie fasste sie am Arm. »N ein, nein«, sagte er. »K omm, Chet, nach hinten mit dir.«
Nach hinten mit dir? Sprach er mit mir? Ich rührte mich nicht von der Stelle. Um genau zu sein, war das nicht alles: Ich tat auch noch so, als wäre ich aus Stein, indem ich ganz fest alle Muskeln anspannte.
»D as hab ich schon eine ganze Weile nicht mehr erlebt«, sagte Bernie. »D ass er den störrischen Maulesel spielt.«
Störrischer Maulesel? Wie konnte er bloß so etwas sagen? Ein neuer Tiefpunkt, keine Frage. Aber war es nicht so, dass in einer solchen Situation der Klügere nachgab? Ich quetschte mich auf den winzigen Platz – ich mit meinen mehr als hundert Pfund – und wandte meine Aufmerksamkeit dem zu, was hinter der Heckscheibe vor sich ging, nämlich nichts.
Suzie stieg vorne ein. Bernie drehte den Zündschlüssel.
»I ch finde dieses Röhren des Motors toll«, sagte Suzie. »D ie Art, wie …«
Ich auch, aber das Röhren des Motors war nicht das, was wir zu hören bekamen. Stattdessen ertönte ein schrilles Kreischen, ein Geräusch, bei dem tief in meinen Ohren ein unangenehmes Kribbeln begann und mir anschließend über den ganzen Rücken lief, ein Geräusch, das wir in letzter Zeit ein bisschen zu oft von dem Porsche hörten, Bernie und ich.
Bernie versuchte es wieder und wieder, drehte immer verbissener den Zündschlüssel hin und her. Nichts passierte, außer dass das Kreischen immer schwächer wurde. Maschinen und das, was in ihnen passierte: ein völliges Rätsel für mich – und auch für viele Menschen, was mich anfangs überrascht hatte. Wenig später sagte Bernie: »V erflixt« – normalerweise sagte er bei solchen Gelegenheiten etwas anderes –, stieß seine Tür auf und öffnete die Motorhaube. Von da an lief alles so ab wie immer – Scheppern, Murmeln, Fluchen, Metallteile, die runterfielen und unters Auto rollten, kleine Rauchwölkchen, das Zuknallen der Motorhaube, Ölspuren auf Bernies Gesicht, ein Anruf beim Automobilclub. Wir kletterten in Suzies Auto, Suzie hinter dem Lenkrad, ich auf dem Kopilotensitz, Bernie wütend auf dem Rücksitz, die Arme vor der Brust verschränkt. Es wendet sich immer alles zum Guten: davon war ich zutiefst überzeugt.
»D as muss es sein«, sagte Suzie. »G leich hinter Home Depot.« Sie zeigte nach vorn. Hey! Das kannte ich – ein riesiger Wasserfall vor einem niedrigen Gebäude –, ich hatte es mir schon immer mal von Nahem ansehen wollen. Plötzlich war ich sehr durstig, ich musste auf der Stelle meine Zunge unter diesen Wasserfall halten. Suzie las vor, was auf dem Schild stand: »›W asser, Wasser, überall. Hier bekommen Sie alles, was Sie zum Bewässern brauchen‹. Netter Name.«
»H ä?«, machte Bernie.
»A us dem Gedicht«, sagte Suzie. Ich konnte ihr nicht folgen.
Bernie offenbar auch nicht. »D as hier ist eine Wüste«, sagte er. »H ier gibt ’ s kein › Wasser, Wasser, überall‹ und hat es auch nie gegeben. Warum will das den Leuten nicht in den Kopf?«
Suzie warf ihm im Rückspiegel einen Blick zu, der mir nicht gefiel, als würde sie überlegen, ob mit Bernie vielleicht irgendetwas nicht ganz stimmte. Aber wie konnte das sein? Ich machte mir auch einen Moment lang Sorgen – ich wollte, dass es Bernie gut ging, das verstand sich ja wohl von selbst –, aber dann hatten wir auch schon geparkt und waren ausgestiegen, all das – Gedichte, Blicke im Rückspiegel – war vergessen, und ich trabte schnurstracks zu dem Wasserfall. Ah. Kalt und blubbernd, einfach köstlich.
Aus dem Gebäude kam ein Mann mit einem Klemmbrett und sah mich seltsam an – was denn, hatte er Angst, ich könnte seinen Wasserfall wegtrinken? –, dann drehte er sich zu Bernie. »I ch bin Myron King, der Inhaber«, sagte er. »K ann ich Ihnen helfen?«
»H aben Sie schon mal einen von diesen Wasserfällen verkauft, Myron?«, fragte Bernie.
Bernie war ein toller Fragensteller. Eines seiner größten Talente, ein Talent, mit dem er schon viele Fälle für uns geknackt hatte – nie würde ich die Frage »W ie erklären Sie sich dann den Safe auf Ihrem Rücken?« vergessen –, aber der Ausdruck auf
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