Bernie und Chet
hingeschlendert und hätte das Bein gehoben. Warum eigentlich? Ich musste nicht mal. Am Schreibtisch saß eine Frau, eine dunkle Frau, nicht Ms Larapowa. Sie lächelte uns an.
Bernie lächelte zurück, kein richtiges Lächeln, weil seine Augen nicht mitlächelten, er bleckte nur die Zähne, wobei er für einen Menschen ganz nette Zähne hatte – habe ich das schon erwähnt? »W ir sind auf der Suche nach Ms Larapowa«, sagte er.
Die Frau hörte auf zu lächeln. »M s Larapowa ist nicht da.«
»W ann kommt sie zurück?«
»M s Larapowa hat das Unternehmen verlassen.«
»S ie hat das Unternehmen verlassen?«, fragte Bernie ungläubig. Er nahm eine Karte, die auf dem Schreibtisch lag. »H ier steht aber – Elena Larapowa, VP Marketing.«
»I ch fürchte, die Karte ist überholt«, sagte die Frau. Sie nahm sie Bernie aus der Hand und warf sie in den Papierkorb.
»C het!«, sagte Bernie.
Huch. Hörte ich da ein Knurren, ein beinahe wütendes Knurren? Ich hörte auf damit, obwohl es mir nicht gefiel, wie sie Bernie die Karte weggenommen hatte, kein bisschen.
»W issen Sie, wie ich sie erreichen kann?«, fragte er.
»L eider nein.«
»A ber mal angenommen, es kommt Post für sie – sie muss doch eine Nachsendeadresse hinterlassen haben.«
»L eider nicht.«
Bernie lächelte immer noch, und jetzt sah sein Lächeln echt aus, vielleicht war es das sogar. Bernie steckte voller Überraschungen. Manchmal wurde ich aus ihm nicht schlau.
»D ann kann man nichts machen«, sagte er. »I ch will nur kurz Mr Keefer sprechen.«
»M r Keefer ist geschäftlich unterwegs.«
»H eute Morgen war er noch hier.«
»J etzt ist er weg.«
»I st er zu Hause?«
»E r ist geschäftlich unterwegs.«
»W o?«
»D as weiß ich nicht genau.«
»U nd wenn Sie raten müssten?«
Der Mund der Frau klappte auf und zu, aber es kam kein Ton heraus. Ich mochte es, wenn Bernie das machte. Wir gingen hinaus und fühlten uns wie Sieger, zumindest ich. Draußen auf dem Parkplatz rief Bernie Keefer zu Hause und auf seinem Handy an, aber niemand meldete sich. Er klappte seinen Laptop auf, suchte nach der Nummer von Ms Larapowa, fand aber nur einen Eintrag – das Pinnacle-Peak-Büro, das wir gerade verlassen hatten.
»W as würden wir denn sagen, wenn wir raten müssten, Chet? Wo steckt das Mädchen? Wo steckt Madison?«
Madison? Ihr Gesicht oben in dem Scheunenfenster, gegenüber von dem Eingang zur alten Mine: Ich konnte es sehen. Und wie sie mir helfen wollte, es tatsächlich getan hatte, mir zur Flucht verholfen hatte – daran erinnerte ich mich. Ich fing an, über den Parkplatz zu traben, versuchte meine eigene Witterung aufzunehmen, die mich zurück zu Mr Gulagows Ranch führen würde. Mein Geruch hing in der Luft, war leicht zu finden, aber er führte mich nur immer im Kreis herum.
»C het?«
Und dann auf einmal, vielleicht weil ich gerade an den Mann dachte, nahm ich neben dem Dornbusch in einer Ecke des Parkplatzes Witterung auf, ein sehr schwacher Geruch, den ich kannte. Menschlich, männlich, abgestanden und ein bisschen abstoßend, mit einem Hauch von gekochter roter Bete: Mr Gulagow.
Ich trabte um den Busch herum, folgte der Fährte bis zur Bürotür, wo sie plötzlich aufhörte. Dann lief ich zurück zu dem Dornbusch, suchte nach einer Fährte in irgendeine andere Richtung, aber es gelang mir nicht. Ich setzte mich und bellte.
»C het? Was ist? Keefer? Hier riecht es bestimmt überall nach ihm.«
Ich bellte lauter. Hilf mir, Bernie.
»K omm, alter Junge. Hier gibt es nichts mehr für uns zu tun.«
Nein? Es musste noch etwas geben, aber ich wusste nicht, was. Wir fuhren nach Hause.
Als wir ins Haus kamen, klingelte das Telefon. Vom Anrufbeantworter kam Suzies Stimme. »H i«, sagte sie. »N ichts Besonderes – ich wollte mich nur erkundigen, wie es Chet geht.«
Bernie rannte zum Telefon, rutschte auf einem Spielzeug von mir ein bisschen aus – eins meiner liebsten, um genau zu sein, knochenförmig, aus festem, aber wunderbar knautschigem Gummi – und ließ den braunen Umschlag los. Als er schlitternd stehen blieb – mit durchgestreckten Beinen, beinahe so gut wie ich –, flog das Messer aus dem Umschlag und blieb zitternd im Fußboden stecken.
»H allo?«, sagte Bernie. »C het! Lass das!« Er hörte einen Moment zu, sagte: »I hm geht ’ … äh … gut, sein übliches – Chet!«
Aber ich konnte einfach nicht anders. Das Messer – dieses Messer! – steckte im Boden, das Geräusch vibrierte in meinen
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