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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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worden sein könnte. Durchaus vorstellbar, finde ich. Insbesondere, wenn man die gegenwärtige Strömung berücksichtigt.«
    »Das glaubst du doch wohl selbst nicht, Tom. Mehrere Kilometer innerhalb eines halben Tages – ausgeschlossen.«
    »Nichts ist unmöglich, Heribert – es sei denn, der gegenteilige Beweis läge vor.«
    »Scharfsinnig wie immer, der gute Tom.« Sichtlich verstimmt, rümpfte der Gerichtsmediziner die Nase und zog sich in seinen Schmollwinkel zurück. Sydow indes würdigte ihn keines Blickes, streifte die neben dem Toten liegenden Gummihandschuhe über und bettete ihn behutsam auf die Seite. »Was soll denn das werden?«
    »Immer mit der Ruhe.« Ins grelle Licht der Taschenlampe getaucht, ließ sich Sydow nicht beirren und sah sich das Unterhemd des Toten näher an.
    Kurz darauf gab er einen leisen Pfiff von sich.
    »Machen Sie’s nicht so spannend, Holmes«, drängte Peters, erhob sich und lugte ihm neugierig über die Schulter. »Sonst stehen wir noch morgen früh hier rum.«
    »Das wohl kaum«, griente Sydow mit schadenfroher Miene und bog das Etikett nach außen. »Schau mal her, du Spezialist.«
    »Au Backe«, ächzte Peters, seinen Schmerbauch weit nach vorn gebeugt. »Muss ich in der Eile übersehen haben.«
    »So viel zum Thema Professionalität«, scherzte Sydow, der sich die Gelegenheit, den Gerichtsmediziner aufzuziehen, natürlich nicht entgehen ließ. »Was, um mit deinen Worten zu sprechen, will uns dieses Etikett sagen?«
    »Dass der oder die Täter absolute Dilettanten waren. Oder in Eile.«
    »Oder beides«, korrigierte Sydow seinen Freund. »Und was sagt es uns noch?«
    »VEB [18] Textilwerke Babelsberg«, las Peters unter Zuhilfenahme seiner randlosen Brille vor. Und fügte kleinlaut hinzu: »Dass meine Theorie einer Überarbeitung bedarf. Und zwar dringend.«
    »Nichts dagegen, Herr Diplom-Leichenfledderer«, gestand Sydow ihm huldvoll zu und kostete seinen Triumph weidlich aus. »Wer hat denn nun recht gehabt – du oder ich?«
    »Du«, räumte Peters unumwunden ein, ließ die Brille im Etui und dieses im Zeitlupentempo in seiner Brusttasche verschwinden. »Was bedeutet, dass wir Erkundigungen über diesen VEB Textilwerke einziehen müssen. Und sei es nur, um festzustellen, wen er beliefert.«
    »Schon mal an die veränderten politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse im Osten unserer geteilten Heimatstadt gedacht?«
    Wie so häufig, wenn er nicht mehr weiterwusste, zwirbelte Peters auch jetzt an seinen opulent sprießenden Brauen herum. »Sieht so aus, als hätten wir ein Problem«, räumte er nach längerem Überlegen ein, mit einem Blick, der verriet, wie ratlos er momentan war. »Willst du etwa damit sagen, dass …«, begann er, brach jedoch unvermittelt ab.
    »Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR, du hast es erfasst, Herr Professor. Nach der Handschrift zu urteilen, welche die Täter hinterlassen haben, käme für mich nämlich von vornherein jemand Bestimmtes infrage.« Sydow hob den Kopf und starrte ins Leere. »Stichwort ›Fingernägel‹.«
    »Doch nicht etwa der VEB Horch, Guck und Greif [19] ?«, japste Peters, dem Sydows Kombinationsgabe langsam unheimlich wurde.
    »Genau der«, ahmte der Kriminalhauptkommissar den bisweilen hochtrabenden Tonfall seines Freundes nach. »Ein Gegner mit dem Prädikat ›brandgefährlich‹, wie wir alle wissen.«
    »Heißt das, du ziehst den Schwanz ein, oder was?«, bot ihm Peters die Stirn, auf einen Schlag wieder der Alte.
    »Natürlich nicht«, beteuerte Sydow, richtete sich auf und warf einen Blick nach Westen, genau dorthin, wo die Dunkelheit das Abendrot soeben zum Erlöschen brachte. »So gut müsstest du mich eigentlich kennen.«
    »Was bedeutet, dass wir herauskriegen müssen, wer zur Kundschaft besagter Genossen in Babelsberg zählt«, murmelte Peters und brachte den Leichnam wieder in seine ursprüngliche Position, um ihn anschließend mit Sydows Hilfe in den bereitstehenden Zinksarg zu betten. »Nicht ganz einfach, hab ich das Gefühl.«
    »Nur Mut, Professor Blaffke«, munterte Sydow den nachdenklich gewordenen Gerichtsmediziner auf. »Noch ist nicht aller Tage Abend.«
    »Ist es auch nicht, Tom, ist es auch nicht.«
    Zur Gänze in ihr Gespräch vertieft, hatten Sydow und Peters nicht bemerkt, dass Naujocks seine Suche beendet und sich ihnen auf Hörweite genähert hatte. Die aus Potsdam stammende und vor knapp zwei Jahren in den Westen geflüchtete Bohnenstange mit der Halbstarkenfrisur setzte ein

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