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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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penetrant sächselnden Spitzbart so schnell keiner nach. Dabei wollten die Werktätigen doch nur eins: mehr Geld in der Lohntüte und leben wie die Bevölkerung von Westberlin. Aber genau das wollte und konnte sein erklärter Intimfeind ja nicht kapieren.
    »Konterrevolutionäre Banditen, imperialistische Agenten, Faschisten!«, quakte es dermaßen schrill aus dem Hörer, dass es einem in den Ohren wehtat. »Und die Staatssicherheit, Schwert und Schild der Partei, bekommt nicht das Geringste davon mit. Können Sie mir vielleicht verraten, Genosse, wie wir der Lage wieder Herr werden wollen?«
    »Jedenfalls nicht, indem wir zur Waffe greifen«, warf Zaisser lakonisch ein und bedachte die Porträts von Marx, Engels und Lenin, welche die gegenüberliegende Wand mit dem ockerfarbenen Tapetenmuster zierten, mit einem nostalgischen Blick. Beim Anblick des Konterfeis von Stalin, der vor gut drei Monaten das Zeitliche gesegnet hatte, wurde dieser jedoch wieder ernst. Wie es nach dem Tod des Generalissimus weitergehen würde, konnte man nicht mit Bestimmtheit sagen. Nur so viel, dass für die DDR eine Menge davon abhing, wer in der Sowjetunion das Ruder ergreifen würde.
    Eine Menge, wenn nicht gar alles.
    »Wenn wir das tun, Genosse Ulbricht, haben wir für alle Zeiten ausgespielt.«
    »So, meinen Sie.«
    »Mit Verlaub – ja!«, bellte Zaisser in den Hörer, während sich die Zornesfalten oberhalb seiner Nasenwurzel zusehends vertieften. »Oder muss ich Sie daran erinnern, wie weit wir bereits hinter dem Klassenfeind zurückgeblieben sind?«
    »Was Sie da von sich geben«, japste Ulbricht, der vor Empörung glatt das Sächseln vergaß, »ist Hochverrat. Glatter Hochverrat. Ich hoffe, das ist Ihnen bewusst, Herr Minister.«
    »Ist es, Genosse Generalsekretär, ist es«, parierte Zaisser ungerührt. Einmal in Fahrt, wollte er es seinem Erzrivalen im Politbüro mal so richtig zeigen. Zu verlieren hatte er ohnehin nichts mehr. »313 Mark Durchschnittslohn für einen Produktionsarbeiter, für die Mitglieder des Politbüros dagegen mehr als das Sechsfache. Circa 65 Mark Rente, gravierende Versorgungsmängel, Lebensbedingungen wie kurz nach dem Krieg, Rationen knapp über dem Existenzminimum, HO-Waren, die sich kein Mensch leisten kann – und Sie, Genosse, wundern sich, warum die Werktätigen langsam auf die Barrikaden gehen.«
    »Diese an Defätismus grenzende Polemik werde ich mir nicht länger …«
    »Jetzt hör mir mal gut zu, Walter«, wurde es Zaisser, dem das Idiom seines Gesprächspartners den letzten Nerv tötete, allmählich zu bunt. »Wenn du mich auf einmal siezt, ist mir das, ehrlich gesagt, egal. Als Generalsekretär muss man schließlich auf Distanz gehen – klar. Aber wenn du mir für etwas, das wir alle auf unsere Kappe nehmen müssen, die Schuld in die Schuhe schieben willst, lasse ich mir das nicht bieten.«
    »Vorsicht, Sie spielen mit dem Feuer.«
    »Ganz wie Sie wollen, Genosse Ulbricht«, antwortete Zaisser mit versteinerter Miene und fuhr sich durch das schüttere, stets angefeuchtete und nach hinten gekämmte Haar. »Dann wollen wir mal Tacheles reden.«
    »Ich glaube nicht, dass mir dein Ton gefällt, Willy.«
    »Na also, warum nicht gleich?«, antwortete Zaisser gedehnt und ließ sich in den gepolsterten Bürosessel sinken, den Panzerschrank im Auge, in dem sämtliche Geheimnisse schlummerten, welche die Führungskader der DDR zu verbergen hatten. Weit mehr jedenfalls, als Ulbricht ahnte oder ihm zu überlassen bereit gewesen wäre – je nachdem. »So ein Du schafft bekanntlich gleich eine intime Atmos…«
    Ausgerechnet jetzt, im denkbar ungünstigsten Moment. Den Hörer am rechten, das Klopfen im linken Ohr, unterdrückte Zaisser seine aufkeimende Wut, brach mitten im Satz ab und sagte: »Wir hören voneinander, Walter.« Unmittelbar danach legte er auf.
    »Wer, zum Teufel …«, setzte er daraufhin an, fest entschlossen, den Störenfried vor der Tür zurechtzuweisen. Wenn schon nicht Ulbricht, würde wenigstens er seinen Zorn zu spüren bekommen.
    Doch Wilhelm Zaisser, einer der mächtigsten, wenn nicht gar der mächtigste Mann der DDR, hatte falsch gedacht.
    Kaum hatte er den Blick nämlich gehoben, fiel dieser auf einen lediglich 1,63 Meter großen, bulligen und eher ungepflegt wirkenden MfS-Beamten, bei dessen Anblick sich seine Wut quasi in nichts auflöste. Aus Gründen, die ihm selbst nicht ganz klar waren, empfand er so etwas wie Respekt vor ihm. Umso unverständlicher, da es sich hier

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